Das bin nicht ich.

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Zu Hause stelle ich mich vor den Spiegel und schminke mich ab. Nach anfänglichen Schwierigkeiten funktioniert es noch immer schlecht. Mein Gesicht ist ein einziger blauer Fleck und ich möchte es mir am liebsten einfach abreißen. Es dauert ungewöhnlich lange bis die ganze Schminke ab ist. Die Frau, die mich ansieht, kann einfach nicht ich sein. Ich sehe schrecklich aus. 

Das bin nicht ich. 

Ich weigere mich zu glaube, dass ein Mann es schafft mich so zuzurichten. 

Zwei Männer.

Alleine.

Weil ich zu schwach bin. 

Weil ich nichts gemacht habe. 

Weil ich einfach nur da saß. 

Plötzlich splittert der Spiegel, zerbricht und ich falle auf den Boden. Ich umfasse meine Beine und die Tränen kommen wie ein Wasserfall aus mir heraus. Kate kommt ins Bad gestürmt. 

,,Was ist passiert?", fragt sie geschockt und kommt zu mir. Ich sage nichts, weine meine Knie voll. Gott, wie kann man nur so dumm sein wie ich? Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr. Das hat niemals ein Ende. Mein Innerstes wird von Tag zu Tag immer mehr zerfressen. Irgendwann bleibt nichts mehr übrig. 

-

,,Jess, bleib zu Hause!", fordert Kate und versperrt mir den Weg. Ich sehe sie sauer an. 

,,Ich will es nicht noch einmal sagen. Lass mich einfach vorbei. Du musst auch irgendwann arbeiten. Du wirst nicht gewinnen." Wieso denken alle, dass sie besser wissen was mir gut tut? Mir fällt die Decke auf den Kopf, wenn ich weiter zu Hause bleibe. 

,,Du wurdest erst vorgestern entlassen, obwohl du nicht entlassen werden solltest. Du musst zu Hause bleiben. Du bist gestern zusammengebrochen." Ich lache. 

,,Ich habe mich nur erschrocken." 

,,Ich glaube dir nicht. Ich rufe Rick an, der bringt dich zur Vernunft." Sie zückt ihr Handy, ich nehme es ihr weg. 

,,Das machst du nicht. Ich gehe." Ich gehe schnell an ihr vorbei und bin schnell auf der Arbeit. Es scheint alle haben davon gehört. Mila kommt zu mir, als ich unten im Lager bin. 

,,Glaubst du es ist gut, wenn du heute hier bist?" Ich nicke. 

,,Ja." Sie schaut besorgt und es geht mir langsam auf die Nerven. Wieso müssen sich alle um meinen Scheiß kümmern. Die haben sicherlich noch eigene Probleme. 

,,Ich will nicht, dass du den Eindruck hast, wir würden dich loswerden wollen. Wir machen uns nur alle Sorgen. Immerhin warst du vorgestern noch im Krankenhaus. Wir wollen nicht, dass du etwas überstürzt." Ich lächle sie an. 

,,Es ist alles gut. Wenn ich etwas habe, dann gebe ich euch bescheid." Sie nickt und lächelt mich aufmunternd an. Es ist natürlich sehr rührend, wenn sich die Menschheit nicht nur um sich selber kümmert, aber bitte nur da, wo Hilfe nötig ist. 

-

Ich bin in der Küche, um mir ein Wasser zu machen, als Elena mich ruft. Endlich ein wenig sinnvolle Arbeit vorne. Immerhin ist Maria nicht da. Brauchen die vorne niemanden? 

Ich habe mich aber zu früh gefreut. Wie konnte ich nur denken, dass ich heute an einen Kunden komme? Mila und Elena stehen hinter der Theke und reden mit dem Mann, den ich eigentlich nicht mehr sehen will. Dave. Er war wohl gerade noch auf einem Meeting. Er trägt einen dunklen Anzug mit einem schwarzen Hemd. Das ohne Krawatte. Mich sehen alle an. Elena zieht Mila weg, sodass ich mit Dave alleine bin. Na toll. 

,,Wie geht es dir?" Will er mich das jetzt immer fragen? Irgendwann studiere ich einfach eine Antwort ein, die er immer und immer wieder zu hören bekommt. 

I'm Yours.Where stories live. Discover now