I'm Yours.

,,Es tut mir so leid."

Nur einen Satz kann ich hören.

Erzähl mir ein Märchen...

Ich stehe wie angewurzelt da und hoffe, dass ich mich verhört habe. Was schaut er sich da an und wie spannend kann es sein, dass er nicht schlafen geht? Aber nein. Dieser Satz wiederholt sich mehrmals, da er es sich immer wieder anhört. 

Mein Herz schlägt schneller und ich gehe rein. Dave erschreckt sich nicht, ist nicht überrascht. Er sieht mich an. 

,,Wieso kommt du nicht ins Bett?", frage ich leise und Dave sieht mich anders an. Das hatte er schon mal. Gestern, als er mich in seine Arme geschlossen hatte und angesehen hat. Er antwortet mir nicht und ich gehe um den Tisch, um auf den Bildschirm zu sehen. Mein Herz setzt aus, als ich mich sehe. Ich sitze auf meinem Bett, das Handy an meinem Ohr. Ich muss nicht beschreiben wie ich aussehe, denn selbst wenn ich meine Augen schließe, sehe ich mich in dieser Nacht. In der Nacht, nachdem Joshua sich das genommen hat, was er wollte. 

,,Was ist das?", frage ich und in meiner Stimme ist die Distanz zwischen uns deutlich zu hören. 

,,Als wir gestern bei Joshua waren, war er nicht da." In soweit kenne ich die Geschichte. ,,Dafür hat er uns etwas da gelassen. In der Nachbarwohnung standen Monitore. Ich kann dir nicht sagen wie viele es waren. Die Bänder lagen ordentlich sortiert in den Regalen. Das sind die Aufnahmen aus deiner Wohnung." Ich drehe mich um, gehe um den Tisch, weiter weg von ihm und kann es nicht fassen. 

,,Seit wann hast du sie?", frage ich noch ruhig. 

,,Wir haben sie sofort mitgenommen. Einige waren beschädigt. Seit heute morgen habe ich die Bänder", antwortet Dave. Ich nicke und schließe meine Augen. 

,,Wolltest du mir auch sagen, dass du sie hast?" Ich höre Dave lachen und traue meinen Ohren nicht. 

,,Willst du das wirklich wissen?" Ich drehe mich zu ihm um und sehe ihn fassungslos an. 

,,Ja, Dave. Das will ich!", werde ich lauter. ,,Diese Videos zeigen mich. Ich glaube, ich habe ein Recht darauf sie zu sehen oder vielleicht einfach mal zu wissen, dass ihr einfach in meinem Leben herumwühlt!" Dave steht auf und sieht mich jetzt sauer an. 

,,In deinem Leben herumwühlen? Ich versuche dir zu helfen. Ich versuche seit Wochen herauszufinden wer dir dein Leben zerstören will. Ich versuche alles und immer hast du blockiert, sobald ich von Joshua angefangen habe. Was hat sich herausgestellt? Diese Bänder lagen bei ihm!" Wir funken uns sauer an.  ,,Was ist in der Nacht passiert, Jess?" Er dreht den Bildschirm, sodass ich ihn sehen kann. Und ich sehe ihn. Ich sehe mich und ich werde in diese Nacht zurückversetzt. Die Gefühle in mir schwappen über und ich habe das Gefühl zu ertrinken. ,,Ich habe das starke Gefühl, das hat mit Joshua zu tun. Danach hast du alle Menschen aus deinem Leben gestrichen. Was in Gottes Namen ist passiert?" Alles sprudelt nur so heraus und die Tränen, die ich versucht habe, zu unterdrücken, finden den Weg raus. Ich drehe mich um und kann keine Träne aufhalten. Ich bin das Mädchen auf dem Video, die sich geschämt hat. Die sich für alles Verantwortlich gemacht hat, weil sie mit ihm gegangen ist. Sie konnte sich nicht wehren, weil sie zu schwach war. Sie war alleine in dem Moment und hat danach keine Hilfe angenommen, weil es sowieso zu spät war. Es war einfach zu spät und das alles holt mich gerade ein. Ich versuche mich zusammen zu reißen und fange an zu erzählen. 

,,Ich war bei Gina", fange ich zittrig an und verspreche mich dauernd. ,,Auf mich hat der Mann gewartet. Diesmal war es anders. Er hat mich gerufen, gewunken und die Angst wurde immer größer." Ich atme tief ein und die Gefühle, die ich damals empfunden habe, sind wieder da. ,,Ich bin weggerannt. Ich bin gerannt, bis ich ausgerutscht bin." Die Tränen kommen einfach laufend und ich kann nichts dagegen machen. ,,Ich hatte so unglaubliche Angst, dass ich einfach nur überglücklich war, als ich ein bekanntes Gesicht gesehen habe. Joshua." Mir wird kalt und ich höre einen Schritt. Dave scheint sich unsicher zu sein, ob er zu mir kommen soll oder nicht. Er bleibt da.