,,Ich bin Carl."

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Der Morgen ist hereingebrochen. Ich liege im Bett. Kate kommt rein und sieht mich. ,,Gott, Jess! Was ist los?!" Ich fange wieder an zu heulen. ,,Jess." Sie will mich in den Arm nehmen. 

,,Kate, nein. Das will ich jetzt nicht. Bleib einfach hier." Sie setzt sich vor mich und streicht mein Haar. 

,,Was ist passiert?" Ich fange also an. 

,,Dave war gestern hier." Ich schniefe. ,,Ich habe ihm alles erklärt. Es war doch nicht meine Absicht ihn so zu verletzen." Ich grabe mein Gesicht ins Kissen und heule rum. 

,,Warte was?" Ich richte mich auf. 

,,Dave war gestern hier. Bella hatte recht. Ich habe ihn abserviert. Nicht nur das. Ich habe ihn so sehr verletzt, weil ich dachte, nur so lässt er mich in Ruhe. Aber ich habe kapiert, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe mich entschuldigt, ihn angefleht, aber er ist einfach gegangen. Ich habe ihm erklärt, wieso ich das alles gemacht habe, aber er wollte nicht auf mich hören. Ich habe ihn für immer verloren, Kate. Er wird mir das nie verzeihen." Ich schmeiße mich wieder ins Bett und weine. 

,,Jess, lass ihm Zeit. Er wird schon merken, dass das alles nur ein Missverständnis ist", versucht sie mich zu beruhigen, aber das klappt nicht, denn ich habe schon akzeptiert, dass es keinen Sinn mehr macht.

,,Nein, du hast ihn gestern nicht erlebt. Nicht einmal ich habe ihn je so erlebt." Kate sieht mich mitleidig an. 

,,Er ist verletzt, Jess. Das braucht einfach seine Zeit." 

,,Nein. Ich muss mich damit abfinden. Lass mich bitte alleine." Sie bleibt noch kurz und geht. Ich kann nicht glauben, dass ich jetzt alles kaputt gemacht habe. Noch nie habe ich ihn so erlebt.  Er musste sich von mir einfach solch eine scheiße anhören, obwohl er alles für mich gemacht hat. Ich habe ihn immer und immer wieder weggestoßen. Er ist wiedergekommen. Jetzt hat er einen Schlussstrich gezogen und das muss ich akzeptieren. Trotzdem tut es weh. Ich brauche ihn. 

Irgendwann klopft es an meiner Tür. ,,Ja!", rufe ich und wische die Tränen weg. Mama kommt rein. Sie bleibt vor der Tür stehen, ich sehe sie an. Lange, stehe auf und stürme auf sie zu. Keiner versteht mich so wie sie. Mama drückt mich fest und streicht mein Haar. 

,,Es wird alles gut", flüstert sie und ich weine. Als ich mich ein wenig fange, setzen wir uns gegenüber aufs Bett. ,,Ich habe ein wenig davon gehört. Was ist genau passiert, Jess?" Ich wische die Tränen weg und bin es leid alles zu wiederholen. Wie soll ich es sonst beschreiben?

,,Du weißt doch sicherlich noch, als ich alle von mir gestoßen habe." Mama nickt, sagt aber nichts weiter. ,,Ich habe Dave die unmöglichsten Dinge gesagt und das habe ich nicht einfach gesagt, ich habe ihn so unglaublich verletzt. In dem Moment kam es mir einfach richtig vor. Ich musste das machen, damit ich ihn nicht noch weiter und weiter verletzen kann. Da war mir aber nicht bewusst, dass ich mehr als nur über das Ziel hinausgeschossen bin. Es ist fast ein Monat vergangen und meine Sicht hat sich verändert. Ich weiß, dass ich den größten Fehler meines Lebens gemacht habe. Ich hasse mich für meine Worte. Gestern habe ich ihn wiedergesehen, wollte ihm alles erklären, was ich auch so gut es ging getan habe, er will aber nicht. Er hat mich schon aus seinem Leben gelöscht. Er hat mir gesagt, ich habe ihn zerstört. Mama, das wollte ich nicht. Ich will ihn zurück, ich brauche ihn, er will mir aber nicht zuhören und ich kann es doch auch irgendwie verstehen. Ich kann es total verstehen. Wenn mir jemand solche Worte an den Kopf geschmissen hätte, wär ich auf und davon. Er hat mir in die Augen geschaut, mich beruhigt und gesagt, dass es ein für alle Mal vorbei ist. Dann ist er gegangen. Ich habe ihn angefleht zu bleiben, aber er hat nicht drauf gehört. So habe ich ihn noch nie gesehen. Was soll ich machen?" Ich schlage meine Hände vors Gesicht und versuche die Tränen aufzuhalten. Mama streicht meine Hände. 

,,Zu erst solltest du Duschen, etwas Essen und den ganzen Quatsch vergessen, den du dir in deinem Kopf zusammengereimt hast. Es ist gesagt. Du kannst es nicht rückgängig machen." Ich schaue sie an und sie wird ernster. ,,Das was du ihm gesagt hast, muss ihn so sehr verletzt haben, dass er es nicht vergessen kann. Nicht jetzt und bestimmt nicht, wenn du ein Mal im Monat vorbeikommst und um Verzeihung bittest. Du bist Jess, meine Tochter. Du kämpfst um diesen Mann mit allem was du hast. Du liebst ihn und allem Anschein nach liebt er dich. Wenn du ihn wirklich so sehr brauchst, dass du dir nicht vorstellen kannst ohne ihn zu sein, dann holst du ihn dir wieder und weinst nicht rum, weil es beim ersten Mal nicht gekappt hat. Seit wann gibst du einfach auf? Jess, er muss nur daran erinnert werden, wie sehr du ihn liebst. Männer müssen mehr davon überzeugt werden, als Frauen. Wir nehmen ein Ich liebe dich einfach hin, weil wir wissen, dass es viel Wert ist, wenn er das über seine Lippen bringt. Männer müssen wirklich davon überzeugt werden. Auch davon, dass sie nicht verlassen werden, wenn es schwierig wird. Sie sind verletzlicher, als man denkt und jetzt steh auf. Ich warte auf dich, während du duscht, mache etwas zu essen und dann reden wir weiter." Ich nicke vorsichtig und umarme sie überschwänglich. 

,,Danke." 

,,Dafür sind Mütter da", meint sie selbstverständlich und jagt mich in die Dusche. Gleich darauf werde ich gemästet. Lange habe ich nichts richtiges mehr gegessen. Das ist auch der Grund wieso sie gleich so übertreiben muss. 

In der Sache mit Dave hat sie recht. Ich kann ihn nicht einfach aufgeben. Wenn es sein muss kämpfe ich um ihn. So lange es sein muss, bis er mir endlich verzeiht. Ich habe mich selber nicht einmal wiedererkannt. Wie so eine Heulsuse liege ich da und bemitleide mich selber. Es reicht auch irgendwann. Ich muss abschließen können mit meinen Wehwehchen. Ich bin nicht der einzige Mensch dem sowas passiert. 

,,Hast du dich eigentlich bei der Schule abgemeldet?", fragt Mama als wär ich zwölf. Ich rolle meine Augen. 

,,Ich habe Kate drum gebeten. Sie hat das gerne für mich erledigt." Mama nickt. 

,,Sie ist wohl gerade arbeiten. Vielleicht kann sie dir ein wenig helfen", schlägt Mama vor. Oh, sie weiß wohl nicht, wie sie zu Dave und mir steht. Wenn ich Kate frage, dann übertreibt sie es völlig.

,,Wie denn?", frage ich aber vorsichtshalber. Vielleicht weiß sie ja tatsächlich was.

,,Na sie ist jeden Tag an Dave Stark dran." Ich schüttle meinen Kopf. 

,,Ich mache das schon selber. Ich weiß am besten wie ich an die Sache rangehe." Also nicht. Mama strahlt mich an. Ich schaue hinter mich, aber nein. Sie meint schon mich. ,,Ist was?" Sie schüttelt ihren Kopf. 

,,Ich bin einfach so froh, dass es dir wieder besser geht." Ich lächle sie an. Das ist doch wirklich typisch Mutter. 

,,Mir geht es gut, weil du da bist. Das müsstest du doch wissen", lobe ich sie gleich mit.

,,Sowas wollte ich hören." Wir reden noch ein wenig miteinander und dann geht sie. Ich will noch etwas einkaufen gehen. Kaum bin ich aus der Tür raus, begegne ich einem komischen, starren Typen in der Ecke. Erst erschrecke ich mich, bis mir Dave einfällt. Das hat er wirklich ernst gemeint. 

,,Sind Sie der Typ von Dave?" Er nickt einfach, redet aber nicht mit mir. Wie unsympathisch. ,,Können wir uns darauf einigen, dass ich Sie mit einem Namen versehen darf?" 

,,Ich bin Carl." Ich grinse und strecke ihm die Hand entgegen. 

,,Ich bin Jess, aber das wissen Sie wahrscheinlich schon. Trotzdem nett dich kennen zu lernen, Carl. Zwar war ich total dagegen, aber es bringt nichts zu diskutieren." Er nimmt nur zögerlich meine Hand. Ist das ein Roboter? ,,Na gut. Solange du Nachts nicht in meinem Zimmer stehst kann ich mich damit arrangieren." Ich gehe runter, bemerke Carl gar nicht. Er ist echt gut. Beim Einkauf bleibt es aber nicht. Ich habe ja noch das ein oder andere zu klären. 

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