Aber nur zum Schein.

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Ich war noch nie im Spa. Die Vorstellung daran war einfach nie ein Thema. Unrealistischer hätte es nicht sein können. Für Kate ist mir aber nichts zu schade. ,,Lass uns Tyler fragen. Dann müssen wir kein Taxi nehmen!", meckert Kate und ich rolle meine Augen. 

,,Ich habe Nein gesagt, Kate. Wenn du mich nerven willst, brauchen wir gar nicht erst fahren", meckere ich zurück. Vielleicht wird es mir noch zu schade. Wer weiß. Kaum sind wir aus der Tür, streiten wir uns. Das hält doch niemand aus.

,,Du bist doch ein sturer Bock!", beschimpft sie mich auch direkt. Wirkliche Klasse!

,,Männlich bin ich schon mal sicher nicht." Ich gewinne die Diskussion natürlich und steige mit Kate ins Taxi, das uns zu unserem Spa - Wochenende fährt. Das haben wir uns verdient, auch wenn sie so unausstehlich ist wie noch nie. Ich hoffe nur, es hat nichts mit Rick zu tun. Er sollte immerhin Geschichte sein, so wie sie ihn weggescheucht hat. 

,,Ich freue mich unglaublich. Glaubst du wir werden massiert? Am ganzen Körper? Ich weiß nicht, ob mir das gefällt", macht sie sich Sorgen, während sie sich doch freut. Ach ist das süß. Ich lache, als der Taxifahrer einmal in den Spiegel schaut, um uns anzusehen. 

,,Kate, es wird dir gefallen und du wirst nicht nur massiert. Wir werden Baden, in die Sauna gehen, im Matsch baden, uns entspannen und die Welt vergessen", schwärme ich und schließe meine Augen. Lange bleibt es still. 

,,Ja. Hauptsache du bist wieder optimistisch." Wir lachen jetzt beide und genießen die Fahrt. Ich bin schon gespannt aufs Hotel. Ich habe es mir nur flüchtig angeschaut, wenn ich ehrlich bin. Es kann sein, dass es ein scheiß Hotel ist oder aber wir bekommen ein wunderschönes. 

Ein wenig muss ich mir zugestehen, dass ich es auch wegen mir gemacht habe. Kate war nur der fehlende Schlüssen zu dieser Entscheidung. So kann ich wenigstens für ein paar Tage meiner Angst entfliehen. Dieser Mann oder diese Männer machen mir schon sehr zu schaffen. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber so paranoid bin ich gar nicht. Es hätte sicher wegen meiner Diät - Orgie sein können, aber die ist schon lange vorbei. Meine größte Frage jedoch ist diese: Was wollen die von mir? Wenn mich jemand entführen will oder umbringen, dann wäre das doch schon längst passiert. Was will man damit erreichen? Ich bin ja sonst kein Angsthase, aber hier hört der Spaß endgültig auf. Das ist nicht komisch und das sollten diese Pisser endlich verstehen. Selbst wenn ich es jemandem sagen würde, was wäre dann? Tja, wenn ich verschwinde, weiß man, ich bin nicht freiwillig gegangen und dann? Es bringt mir nichts. Ich kann es niemandem sagen. 

-

Wir sind auch sofort da. Es ist nur zwei-drei Stunden von uns entfernt. Falls etwas mit Gina ist, kann ich relativ schnell da sein. Das war mir auch besonders wichtig. 

,,Es sieht... echt verdammt schön aus. Ich hoffe im Inneren ist es genauso", träumt Kate und schaut das Hotel an. Ich hoffe es auch. Das Hotel muss doch eine Macke haben.

Ein Blick ins Zimmer und da haben wir sie auch. Die Zimmer sind verdammt klein für den scheiß Preis, den ich bezahlt habe. Ein winziges Zimmer mit einem Bett. Ich kann höchstens drin stehen. Liegen wird schwierig, aber wieso muss man im Zimmer liegen können? Ist doch nicht so wild. Das sage ich mir die ganze Zeit und wäre da nicht das Ein Kinder Bad direkt hinter der Eingangstür, die das Bad andauernd streift, hätte die Einredefunktion sicherlich geklappt. Die Dusche ist dünner als ich und ich bin nicht dick. Definitiv nicht! Das Waschbecken ist so klein, dass das Wasser beim Öffnen des Wasserhahns ersteinmal überschwappt. Das Klo muss ich wohl nicht erwähnen. Außer vielleicht, dass mir die Wände zu nah an meinen Armen sind, wenn ich versuche zu sitzen, denn das Bad ist zu schmal! Für wen ist das gebaut? Für magere Elfjährige? Nur weil ich eine Person bin, brauche ich kein Platz? Wer sagt sowas? 

Ich atme tief ein und füge mich meinem Schicksal. Kate setzt ein tapferes Lächeln auf. ,,Nun, es sieht... nicht ganz so furchtbar aus." Ich sehe sie sauer an. 

,,Verharmlose das nicht. Ich gehe mich beschweren", informiere ich sie und gehe direkt runter. Das lasse ich doch nicht auf mir sitzen. Ich bin kaputt. Heute wollte ich mich einfach ins Bett legen und nichts machen. Nach der Arbeit, musste ich erst meine Sachen packen, Gina besuchen und dann sind wir noch knapp drei Stunden gefahren. Es ist acht und ich bin auf Hundert-achtzig. 

An der Rezeption wimmelt man mich ab. Ich kann wirklich nichts zum Hotel sagen. Es sieht wunderschön aus. Der Poolbereich, der Wellness Bereich und die Lounge sehen hammer aus, edel und schick, aber die Zimmer? Ich raste noch aus!

,,Wir können da wirklich nichts machen", meint der Typ hinter der Rezeption. Aha, das ist ja interessant. Ich kann gleich auch nichts mehr machen, wenn dieser möchtegern Rezeptionist nicht endlich vernünftig mit mir reden kann. Ach mist. Ich drehe mich um und gehe ins Zimmer. Kate hat ihr Zimmer direkt neben meinem. Ich kann es nicht fassen. Da wollte wir uns ein Mal Urlaub gönnen und dann kommt sowas. Ich bin doch ein echter Pechvogel. Es bringt ja sowieso nichts. Jetzt muss ich duschen. Nützt ja nichts. Ich drehe das Wasser auf, ziehe meine Klamotten aus und den Bademantel, der hier hängt, an. 

Ich schreie auf, als kaltes Wasser auf meine Haut prasselt. Sofort klopft es an meiner Tür. ,,Ist alles gut, Jess?", ruft Kate auf der anderen Seite und ich mache das Wasser wütend aus. Der Bademantel ist wieder an und ich stürme zu Kate in die Wohnung. Bei ihr ist genau das Selbe. 

,,Wir haben kein warmes Wasser? Wo gibt es denn sowas?", rufe ich aufgebracht, als mich der Rezeptionist nach einer Stunde wieder total verblödet ansieht. Gut, ich trage nichts weiter als einen weißen Bademantel, aber das ist doch scheiß egal in diesem Moment. 

,,Das wussten wir nicht. Das tut uns natürlich leid. Ich schicke sofort jemanden zum Beheben dieses Problems", versichert er mir. Na schön. Dann warte ich etwa fünf Sekunden. 

,,Jetzt?!" Er räuspert sich. 

,,Es kann sich um eine Stunde handeln. Haben Sie bitte etwas Geduld." Ich lache bitte. 

,,Das gibt es doch nicht. Ich glaube, Sie müssen Ihr System etwas überdenken. Haben Sie das Zimmer schon gesehen? Dann geht das Wasser auch nicht. Dafür bezahle ich doch nicht. Was soll ich als Bewertung schreiben?" Der Mann wird nervöser. Nicht nur weil hier mehrere Leute wandern und das Gespräch mitanhören. 

,,Miss Pink, wir entschuldigen uns von ganzem Herzen. Das war niemals unsere Absicht. Wie ich bereits sagte, es wird sich um das Problem gekümmert." Ich sehe ihn vernichtend an und Kate zieht mich zum Lounge Bereich. 

,,Jess, reg dich nicht so auf. Das wird schon. Wenn wir morgen erst massiert werden, geht es dir wieder besser", versucht mich Kate zu beruhigen. Ich muss lachen über Kates Optimismus. Sie lächelt mit und wir warten. Kurz ist sie weg und telefoniert. Strahlend kommt sie zurück. Es dauert keine zehn Minuten, da kommt auch der Mann aus der Rezeption. 

,,Ich begleite Sie zu Ihrem Zimmer." Ich sehe verwirrt aus. 

,,Ich weiß wo mein Zimmer ist. Da müssen Sie mich nicht hinbegleiten", will ich widersprechen, doch Kate rollt lachend ihre Augen. 

,,Ach Jess." Ich gehe verwirrt hinter dem Mann her. Wir gehen einen komplett anderen Weg. Na wenn der mich nicht gleich im Keller umbringt, kann das nur eine Comedy-Show werden. 

,,Wir sind da. Hier ist Ihre Karte. Schönen Aufenthalt wünsche ich Ihnen." Damit ist der Mann weg und ich stehe mit einem großen Fragezeichen da. Kate hält es kaum aus und macht die Tür auf. 

,,Wow!", ruft sie begeistert. Was? Ich gehe rein und werde von der Größe dieses Zimmers -Nein!- dieses Apartments erschlagen. Es ist größer als unsere Wohnung. Na der Flur. Die anderen Zimmer wären gar nicht mehr existent. Wieso haben wir jetzt das Zimmer gewechselt? Es erinnert mich an das Apartment, in dem ich mit... Ach egal. Ich beschwere mich nicht mehr. Uns wird noch unser Gepäck gebracht. Ich fühle mich wie im Paradies. Das Geld wurde uns sogar rückerstattet. Das ist doch mal das Mindeste. Kate springt aufs Bett, das sie komplett einhüllt, da sie so klein ist. Ich springe sofort mit drauf und wir müssen lachen. 

,,Unfassbar was man mit einer Beschwerde erreichen kann", wundere ich mich und Kate sieht mich lächelnd an. 

,,Ja, du bist die Beste." Ich grinse. 

,,Natürlich bin ich das." Sie umarmt mich wie ein kleines Kind und ich sträube mich dagegen, aber nur zum Schein. Sie muss nicht wissen, dass ich gerade fühle, dass sie unweigerlich zu meiner Familie gehört. 

I'm Yours.Where stories live. Discover now