12. Footballtraining

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P.O.V Melissa

"Brüder.", hauchte Prudence genervt unter ihren Atem und fuhr sich gestresst durch die Haare. "Da soll man denen doch tatsächlich Kondome mitbringen.", fügte sie noch hinzu, nachdem sie sich wieder hat auf die Couch fallen lassen. Irgendwie war dies eine ziemlich unangenehme Situation, sodass ich schon spürte wie rot ich im Gesicht wurde.

"Zum Glück bin ich Einzelkind.", sagte ich leise und spielte am Ärmel meiner neuen Bluse. Prudence hatte mich zum Kauf ermutigt und nun war ich froh, dies getan zu haben.

"Ach, diese Idioten sind mir ziemlich ans Herz gewachsen.", sagte sie, wobei sie kritisch die Spitzen ihrer Haare beäugte. Ich setzte mich nun wieder neben sie auf die Couch und sah mich etwas in ihrem Zimmer um. Auf dem Nachttisch entdeckte ich ein eingerahmtes Bild von ihr und Mailo, wie sie selbst in die Kamera grinste und er ihr gerade einen Kuss in den Nacken gab. Die Zwei waren echt die Definition von niedlich.

"Wie lang seid ihr eigentlich schon zusammen?", fragte ich mit einem kleinen Fingervermerk auf das Bild. Prudence drehte sich um und fing sofort an zu lächeln.

"Mehr als drei Monate.", sagte sie und sah weiterhin auf das Bild. Plötzlich wurde ihr Gesichtsausdruck trauriger. Irgendetwas stimmte anscheinend nicht ganz. Jedoch war es wahrscheinlich zu privat nachzufragen, was denn los sei. "Komm, lass uns runter was zum Mittag essen.", sagte sie anschließend und ging mit mir runter in die Küche.

Dort saß bereits Lance, welcher gerade irgendein Müsli in sich hinein schaufelte. Er war immer noch oberkörperfrei und von Nahem sah es sogar noch besser aus. Sein Sixpack zeichnete sich deutlich über seinem Bauch und auch seine Schultern wirkten noch breiter.

"Müsli zum Mittag. Wirklich?", sagte Prudence ironisch und verdrehte grinsend ihre Augen. Kurz sah sie zu mir und ihr Grinsen wurde breiter. "Ich mach uns Nudeln. Bleib du hier sitzen und leiste meinem Brüderchen Gesellschaft."

Also setzte ich mich zu Lance. Dieser war jedoch mehr mit seinem Handy beschäftigt irgendwie wurde die Stille für mich immer unangenehmer. Ich musste irgendetwas tun. Zum Ersten mal in meinem Leben, wollte ich eine Konversation beginnen. Nur worüber?

"Mit wem schreibst du?", fragte ich nur so nebenbei und starrte auf meine Finger auf der Tischplatte. Lance hatte mich scheinbar vorher nicht bemerkt, denn er zuckte heftig zusammen, und ließ dabei fast sein Handy fallen. Nach einem gelungenen Griff aus der Luft starrte er mich mit großen Augen an.

"Mein Gott, ich dachte du bist mit in der Küche.", sagte Lance mit immer noch geweiteten Augen. Ich schüttelte den Kopf und bemerkte, wie Lance' Blick schon wieder auf meinen Lippen lag. Nach ein paar Sekunden schloss er verkrampft seine Augen, ehe er mehrmals mit seinen Händen über sein Gesicht fuhr.

"Was ist denn los? Du verhältst dich heute irgendwie merkwürdig.", sprach ich meine Gedanken aus und musterte ihn besorgt. Meine Scheu vor Blickkontakt bestand noch immer, jetzt war es aber irgendwie etwas anderes.

"Nichts, mir gehts super.", sagte er knapp mit einem gezwungenen Lächeln. Diesmal vermied er den Blickkontakt, stand einfach auf und ging.

P.O.V Lance

"Was sollte das denn jetzt sein Wayer?!", schrie mich mein Coach an und stapfte zu mir herüber. Er funkelte mich wütend an, wobei ich schon wusste, dass dies nicht gut ausgehen würde.

"Tut mir leid, ich war in Gedanken.", rechtfertigte ich mich kleinlaut und sah auf meine Handschuhe. Ich hatte einen Ball, denn ich eigentlich locker hätte fangen können, fallen gelassen.

"Ach, hattest du etwa Angst, deine frisch lackierten Nägel könnten dir abbrechen?!", schrie er weiter, so dass es alle um uns herum hörten. Unser Coach hat diese dumme Angewohnheit alle fertig zu machen, welche etwas nicht hinbekamen.

"Wird nicht wieder vorkommen.", sagte ich immer noch eingeschüchtert, hielt nun aber seinem Blick stand.

"Gut.", sagte er gefährlich leise, nickte, musterte mich aber trotzdem noch bedrohlich. "Macht weiter!", schrie er über den Platz und alle setzten sich wieder in Bewegung. Heute war es quasi Einzeltraining. Die verschiedenen Positionen übten andere Sachen. Also stellte ich mich wieder in die kleine Schlange der anderen Wide Receiver.

Die Schlange rutschte immer weiter und bald schon war ich wieder dran. Doch genau jetzt bemerkte ich etwas am Rand was mich erneut ablenkte. Es war Melissa mit einer Kamera, welche Fotos vom Training machte. Ich wusste garnicht, dass sie in der Foto-AG war, welche immer wieder Bilder für die Schülerzeitung machten. Jedes Jahr war jemand bei uns und dieses Jahr war es ausgerechnet sie. Irgendwie konnte ich mein Blick auch nicht richtig von ihr nehmen. Ihre Haare wehten etwas durch den Wind, während sie konzentriert Fotos aufnahm.

"SAG MAL, BIST DU AUF DROGEN ODER WARUM KRIEGST DU SCHON WIEDER NICHTS AUF DIE REIHE WAYER!!!", diesmal schrie mein Coach noch lauter als vorher, sodass selbst Melissa zusammen zuckte. "VERPISS DICH VOM PLATZ UND KOMM AM MITTWOCH WIEDER. HOFFENTLICH IN BESSERER FORM SONST FLIEGST DU AUS DEM TEAM!!!"

Die Worte meines Trainers ließen mich am ganzen Körper zittern. In mir kochte die Wut förmlich über und ich musste mich beherrschen nicht gleich auf irgendetwas einzuschlagen. Also stapfte ich sauer in die Umkleide, wo ich als erstes mit voller Wucht gegen meine Tasche kickte. Ich riss mir schnell mein Trikot über den Kopf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich durfte nicht aus dem Team fliegen. Football war doch irgendwie mein Leben.

"Hey, alles ok?", fragte Ben vorsichtig und lugte durch die Tür. Sein Blick war etwas besorgt doch genau das wollte ich jetzt nicht.

"Warum zur Hölle fragen mich das Alle?! Ich hab keine Ahnung was los ist also lasst mich verdammt noch mal in Ruhe.", schrie nun ich. Eigentlich wollte ich garnicht so laut werden, doch die Wut in mir stieg wieder an.

"Was ist hier los?", fragte eine sanfte, leicht ängstliche Stimme hinter Ben. Melissa war aufgetaucht und sah sich etwas in der leeren Umkleide um.

"Nichts, Lance findet es wohl nur gerade lustig, grundlos Leute anzufauchen.", gab Ben schnippisch von sich und ging wieder. Kurz sah ich ihm nach, ehe mein Blick wie schon so oft zu Melissa glitt. Diese sah sich übrigens immer noch unbehagens in der Umkleide um. Nach nur wenigen Sekunden kam die Wut schon wieder in mir auf und ich wollte diese blöde Montur endlich von meinem Oberkörper herunter bekommen.

"Arg.", gab ich genervt von mir, als diese blöde Schutzausrüstung immer noch nicht aufging. Zum Einen klebte sie an meinem Körper, doch zum Anderen wollte sich nicht mal die Schnur öffnen lassen. Meine vor Wut zitternden Hände trugen auch nicht gerade zum Öffnen bei.

"Warte ich helfe dir.", sagte Melissa leise und trat näher an mich heran. Ihre dünnen Finger öffneten die Montur binnen Sekunden und sie half mir heraus. Mit einem Finger streifte sie dabei kurz meine Brust und hinterließ damit ein kleines Prickeln. Nein, ein großes Prickeln. Meine Augen richteten sich zu ihren Augen auf, welche nach unten auf ihre Füße sahen. Ihre Lippen zog sie zu einem Strich zusammen und atmete hörbar ein, als ich ihr ganz vorsichtig eine Haarsträhne hinter das Ohr steckte. Endlich richtete auch sie ihren Blick zu mir hinauf. Mir wurde immer wärmer, aber nicht durch die Wut. Es war etwas anderes, denn die Wut hatte sich gelegt, seitdem ihr Finger meine Haut berührte.

Strange Neighbour Where stories live. Discover now