31. Schilderung der Lage

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P.O.V Lance

"Wayer, wir stehen auf der Liste.", sagte Enzo zu dem breitgebauten Türsteher, welcher dies gleich auf seinem kleinen schwarzen Klemmbrett überprüfte. Er schaute wieder zu uns und zählte nach.

"Ihr seid sechs. Hier steht sieben. Kommt noch jemand von euch?", fragte der Türsteher und zählte erneut auf seiner Liste nach. Der Gedanken, dass Melissa gerade auf diesem Date war und deswegen nicht mitkam, stach mir irgendwie in den Magen.

"Eine Person hat abgesagt. Wir sind vollständig.", sagte Enzo und blickte nochmal kurz zu uns hinter. Der Türsteher ging zur Seite und ließ uns rein. Uns begrüßte eine Wolke stickiger Luft und die lauten Bässe, welche man schon vor der Tür wahrgenommen hat.

Bereits nach zehn Minuten hatte ich alle Anderen aus dem Auge verloren. Typisch, in dieser Menge. Doch wirklich scharf darauf mit dem Rest etwas zu machen war ich eh nicht. Zum Einen waren da die zwei Pärchen und zum Anderen der mädelsaufreißende Lorenzo. Auf Beides hatte ich nicht wirklich Lust. Also setzte ich mich einfach an die Bar und gönnte mir erstmal ein stark alkoholisiertes Getränk. Die Flüssigkeit brannte in der Speiseröhre und ich hoffte, es würde das Stechen in meinem Magen mindern. Wisst ihr was? Ich sollte vielleicht auch einfach mal wieder ein Mädchen aufreißen. Sonst habe ich sowas ja ständig gemacht und es war ziemlich gut wenn man sich von Gedanken ablenken wollte.

Also stand ich nach drei Gläsern von nochmal dem Gleichen auf und lief ein bisschen durch die Menge. Irgendwo war doch bestimmt eine, welche nichts gegen einen One-Night-Stand hatte. Und wer sagt es, eine Blondine welche so billig aussah, dass sie locker bei Kik im Sonderangebot stehen würde. Wie schon vermutet ließ sie sich einfach antanzen. Wir tanzten nicht lange miteinander, als plötzlich meine Schwester auftauchte.

"Du bist doch bescheuert.", rief sie über die laute Musik hinweg, griff meinen Arm und zog mich von der Frau weg. Diese sah verwirrt zu mir und Prudence.

"Ist das deine Freundin?", fragte die Blondine kritisch und musterte Prudence von Kopf bis Fuß. Prudence war durch die hohen Schuhe zwar größer, doch die Blondine war noch um einiges größer.

"Nein, zum Glück bin ich nur seine Schwester. Aber er ist trotzdem schon vergeben.", sagte Prudence gereizt und zog mich noch weiter von der Frau weg. Durch meinen starken Alkoholeinfluss konnte ich nicht mehr wirklich gerade laufen, doch sie zerrte mich bis zu den Toiletten, wo es etwas leiser war. "Warum zur Hölle hast du das gemacht?", ihr Ton war noch gereizter als vorher schon und sie funkelte böse mit ihren Augen.

"Du hascht mir mein One-Nig-Stand versaud.", brabbelte ich vor mir hin und erkannte meine Stimme fast nicht wieder. Es war schwer irgend welche Sätze zu bilden und dauerte noch dazu unfassbar lang.

"Ich hab dir damit gerade einen riesigen Gefallen getan. Du checkst es bloß nicht.", sagte sie ernst, wobei ihre Gesichtszüge wieder etwas weicher wurden. Warum sollte sie mir damit einen Gefallen getan haben?

P.O.V Melissa

Völlig außer Atem betätigte ich die Klospülung. Es hatte nichtmal drei Stunden gedauert bis die Meeresfrüchte wieder aus meinem Körper wollten. Und das leider mit den selben Weg, durch den sie überhaupt erst in meinen Körper gekommen sind. Mein ganzes Bad stank nach Erbrochenem und ich hätte schwören können, dass ein Shrimp sogar unverdaut hochkam. Ich schaltete die Lüftung meines Bades an, spülte meinen Mund gründlich aus um danach noch gründlicher Zähne zu putzen. Zwar war der penetrante Geschmack immer noch vorhanden, zum Glück aber nicht mehr so stark. Ohne mich auch nur annähernd bettfertig zu machen lief ich in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett. Das war mit Abstand das schrecklichste Date was ich bis jetzt je gehabt habe. Dementsprechend müde und genervt versuchte ich einfach nur zu schlafen, natürlich war mir dies aber nicht gegönnt. Erstens konnte ich nicht einschlafen und zweitens bekam ich eine Nachricht. Ausgelaugt tastete ich nach meinem Handy und las besagte Nachricht.

Lance: Hier Alex, ich glaube du solltest mal kommen

Als ich es gelesen hatte kam mir schon die ersten Fragen in den Kopf. Warum konnte Lance es mir nicht selber schreiben? Oder warum schrieb mir Alex?

Zwar wollte meine Müdigkeit, dass ich im Bett bleibe und schlafe, doch meine Neugier überwog. Also zog ich mir schnell eine dünne Jacke über und schlüpfte in irgendwelche Flip-Flops. Ich brauchte nicht lange bis ich drüben war, Alex aber etwas länger bis er an der Tür war.

"Kurze Schilderung der Lage gefällig?", fragte er, ließ mich eintreten und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich zog schnell meine Schuhe aus, wobei ich nickte. "Lance ist wieder mal sowas von dicht. Er hat scheinbar in dem Club zu tief ins Glas geblickt. Hab ihn jetzt nach Hause gebracht und nun murmelt er immer wieder irgendetwas vor sich hin. Einmal hab ich deinen Namen verstanden und da in deinem Zimmer Licht brannte, dachte ich dir mal bescheid sagen zu müssen.", erklärte Alex und wirkte mit der Situation seines Bruders etwas überfordert.

"Ich kümmere mich um ihn. Fahr du ruhig wieder zu den Anderen.", sagte ich und versuchte etwas zu lächeln. Alex gelang das Lächeln deutlich besser und er klopfte mir leicht auf die Schulter.

"Danke. Schreib einfach wenn du doch Hilfe brauchst. Ich kann innerhalb von zehn Minuten da sein.", sagte Alex noch, während er sich seine Schuhe wieder anzog und schon im gehen war.

Nachdem die Haustür zuschlug beschloss ich, zu Lance hoch zu gehen. Er lag schon auf seinem Bett und schien seine Finger zu zählen. Sein Gesicht war konzentriert und angespannt, doch als Lance mich erblickte erhellte es sich. Leicht schwankend setzte er sich auf.

"Hey.", sagte er betrunken lächelnd. Ich wurde von seinen Augen fixiert, während ich näher an sein Bett heran trat und mich schließlich an die Kante setzte.

"Warum hast du schon wieder so viel getrunken?", fragte ich, wobei sich ein schwaches Lächeln auf meinen Lippen bildete. Lance legte seinen Kopf wieder in das Kopfkissen und betrachtete mich nun noch stärker lächelnd.

"Du bischt so hübsch.", sagte Lance mit einem verschleiertem Blick. Eine seiner Hände fuhr ganz zärtlich über meine Wange und ließ sie auch kurz da ruhen, ehe er sie wieder wegzog. Wieder kam eine gewisse Wärme und breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Meine Wangen mussten glühen nachdem er diesen Satz gesagt hatte.

"Das ist der Alkohol.", sagte ich kopfschüttelnd. Denn ich war nicht wirklich eine von den hübschen. Ich hatte weder dünne Beine, lange Wimpern noch voluminöse Haare.

"Ich find disch auch so foll hübsch.", lallte Lance und sah an meinem Körper herunter zu meinen Händen. Er nahm eine davon in seine und betrachtete diese. Wieder lächelte er, ehe Lance seine Lippen auf meinen Handrücken legte. Für kurze Zeit stellte ich das Atmen ein. Mein Herz pochte unglaublich stark und meine Augen waren geweitet. "Legs du dich n' bissl mit su mir?", fragte Lance, wobei er irgendwie so verletzlich wirkte. In seinen Augen glänzte etwas so, dass es so aussah als wäre er ein kleiner Schuljunge dem man gerade das Pausenbrot geklaut hatte.

"Klar.", sagte ich, nachdem ich einmal räusperte. Meine Stimme war plötzlich so belegt, dass ich besser nichts mehr sagen sollte. Ich legte mich neben ihn und starrte an die Decke. Zwar spürte ich seinen Blick auf mir ruhen, doch ich versuchte es einfach auszublenden.

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