38. "So neugierig?"

4.9K 207 32
                                    

P.O.V Melissa

"Ich kann darüber jetzt nicht reden.", sagte ich leise und mit einer belegten Stimme. Es war ein Thema, welches ich seit ich hier in Seattle war gut verdrängen konnte. Ein Thema, welches ich am liebsten für immer vergessen würde.

Lance sah zwar enttäuscht, aber verständnisvoll aus. Er legte wieder einer seiner Hände an meine Wange und strich ebenso sanft darüber. Seine Finger auf meiner Haut prickelten angenehm.

"Ok.", sagte Lance gedämpft, wobei er seine eigenen Finger an meiner Wange beobachtete. Sein Gesicht, welches bis eben noch gestrahlt hatte, wirkte nun besorgt. Ich hatte also die ganze gute Stimmung zerstört. Warum konnte ich ihn nicht einfach küssen?! Wenn ich ganz ehrlich war, wollte ich es irgendwie ebenso. Doch es gab da etwas, was mich davon abhielt. "Wir sollten jetzt vielleicht los.", sagte Lance und ging langsam zur anderen Seite des Autos. Er stieg ein, was ich ihm gleichtat.

Diese Autofahrt zog sich schlimmer als ein Kaugummi. Die ganze Zeit sah ich aus dem Fenster und dachte wieder an die Zeit vor Seattle. An die Gute, aber auch an die Schlechte. Irgendwann würde ich vielleicht mal darüber reden, aber nicht jetzt. Es war nicht nur der Grund, warum ich ihn nicht küssen konnte, sondern auch der Grund, warum ich mich ritzte oder so selten Lächelte.

Erst als die Fahrertür zuschlug erwachte ich aus meinen Gedanken. Zwar hätte ich vermutet, dass es erst ein paar Minuten waren, doch scheinbar war mehr Zeit vergangen. Diesmal öffnete mir Lance dir Tür und lächelte mich an. Es war krass, wie schnell er seine Stimmung wechseln konnte. Bis eben dachte ich noch er wäre sauer auf mich, anscheinend aber doch nicht. Gerade als ich ausstieg realisierte ich, dass diese Nacht schrecklich für mich werden würde. Zwar hatte ich nicht viel über meine Vergangenheit nachgedacht, doch die alleinige Erinnerung dass sie mal existiert hat, machte mich verrückt.

"Lance?", fragte ich und sah ihn verlegen an. Es würde mich mehr Mut kosten als vermutet ihn das jetzt zu fragen.

"Ja?", hackte er nach, nachdem ich seinen Namen erwähnt hatte. Seine Hände waren in seinen Hosentaschen vergraben und sein blick stur auf mich gerichtet. Ich konnte diesem nicht standhalten und sah wieder auf den Boden.

"Könntest du heute mit bei mir schlafen?", fragte ich so leise, dass es mich wunderte, dass er es verstand. Oder zumindest dachte ich, Lance habe es verstanden. Denn er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und biss sich dabei kurz auf die Unterlippe.

"Klar.", sagte er, wobei seine Augen ein klein wenig auffunkelten. Wärme breitete sich in meinem gesamten Körper aus, sodass ich seine Jacke spätestens jetzt nicht mehr gebraucht hätte

P.O.V Lance

Ich hatte mich bereits nur mit Boxershorts bekleidet auf ihr Bett gelegt und wartete auf sie. Melissa war nochmal ins Bad gegangen um sich umzuziehen. Natürlich hätte ich nichts dagegen gehabt wenn sie sich vor mir umzieht, falls ihr versteht was ich meine. Doch dieser Gedanke ging womöglich zu weit.

Ihr Zimmer wurde nur durch die kleine Nachttischlampe neben ihrem Bett beschienen und wirkte dadurch viel gemütlicher. Ich drehte mich etwas im Kopfkissen herum und entdeckte was. Unter einem ihrer Kopfkissen lag ein kleiner Zettel versteckt, wovon eine Ecke unter besagtem Kissen hervorlugte. Sollte ich ihn mir anschauen? Doch vielleicht war es privat...
Ich entschied mich ihn mir schnell anzusehen. Falls Melissa kommen sollte, könnte ich ihn ja schnell wieder verstecken.

Also sah ich mir diesen Zettel an und mir klappte wortwörtlich die Kinnlade herunter. Es war mein Brief, welchen ich ihr in den Briefkasten gesteckt und somit um dieses Date gebeten hatte. Melissa hatte ihn ernsthaft unter ihrem Kopfkissen aufbewahrt. Das war glaub ich mit das Süßeste, was ich je mitbekommen habe.

"So neugierig?", fragte Melissa und zog mir den Zettel langsam aus der Hand. Ich blickte überrascht zu ihr hoch, denn ich hatte nicht bemerkt, dass sie das Zimmer betreten hatte. Ihre Tonlage klang nicht wirklich anklagend. Eher verlegen und peinlich berührt. Passend dazu färbten sich ihre Wangen rötlich.

"Hast du echt mit meinem Brief unter deinem Kissen geschlafen?", konterte ich und grinste Melissa schief an. Sie trat einen Fuß vor den Anderen und zuckte mit ihren schmalen Schultern. Den Brief legte Melissa schnell auf ihren Schreibtisch, ehe sie sich zu mir legte. Sie hatte extra noch für mich eine Decke aus dem Gästezimmer geholt, obwohl es mich nicht gestört hätte, wenn wir unter der selben Decke geschlafen hätten.

"Danke das du schon wieder hier bleibst.", sagte Melissa und schmiegte ihren Kopf in meine Halsbeuge. Ihre Haare kitzelten meine Haut, doch nicht das rief bei mir die Gänsehaut hervor. Es war im Allgemeinen ihr Körper, welcher sich einfach so perfekt an meinen schmiegte. Sie hatte ihre Beine angewinkelt, sodass ihre Knie auf meinem Bauch lagen. Mit ihren Arme hatte sie meinen Oberkörper umschlungen, während ich einfach nur meine Arme hinter dem Kopf verschränkte.

"Ich bleib immer, wenn du mich brauchst.", flüsterte ich in ihr Ohr und küsste ganz sanft die Stelle daneben. Ich sah das kleine Lächeln auf ihren Lippen und wusste sofort, dass ich das richtige gesagt hatte. Noch nie erfüllte mich irgendetwas so sehr wie Melissa zum Lächeln zu bringen. Keine Ahnung warum, aber dann fühlte ich mich so stolz.

Wir lagen bestimmt schon seit einer halben Stunde so da und ich dachte Melissa würde schon tief und fest schlafen. Ihr Atem war ziemlich langsam und regelmäßig. Seit besagter halben Stunde hatte sie sich auch nicht mehr bewegt. Ich hingegen konnte nicht schlafen. Wie sollte ich den auch, wenn Melissa sich so an mich kuschelte. Mein Körper war voller Adrenalin und anderen Hormonen, doch das war noch nicht alles. Ich dachte schon, mein Herz würde explodieren und mein Magen vor Kribbeln platzen, als sie noch einen kleinen Satz aussprach. Bis jetzt weiß ich nicht ob sie noch wach war oder im schlaf gesprochen hatte, aber ihre Worte waren zwar leise aber deutlich.

"Ich glaube ich hab mich in dich verliebt."

Strange Neighbour Where stories live. Discover now