21. Dickköpfe

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P.O.V Lance

"Der Film war ja mal so was von lahm.", sagte ich gelangweilt und aß noch etwas von Enzos Popcorn. Zwar war es nichtmal ein Action- oder Horrorfilm, aber ich hatte mehr erwartet.

"Naja, nicht lahm. Eher verstörend und handlungslos.", sagte Prudence welche, wer hätte es anders gedacht, zufrieden an Mailos Arm gelehnt dastand.

"Wie wärs, wenn wir noch irgendwo etwas essen gehen? Ich war hetzte schon seit ein paar Wochen nicht mehr hier und will wissen, wie es meinen Geschwistern so ergangen ist.", sagte Sam und ließ dadurch mal wieder voll den großen Bruder heraushängen. Eigentlich hasste ich es, wenn er dies tat. Diesmal fanden wir es aber alle irgendwie lustig und mussten lachen. Außer Melissa.

"Ich glaube, ich geh schon mal nach Hause. Ich will euer großes Wiedersehen nicht zerstören.", sagte Melissa leise, wobei sie scheinbar hoffte nicht gehört zu werden. Es gelang wohl auch großteils, doch ich hielt sie am Handgelenk fest, als sie sich gerade wegschleichen wollte.

"Ach, du störst nicht.", sagte ich und lächelte sie so gut es ging freundlich an. Schnell aber trotzdem vorsichtig entfernte sie ihr Handgelenk aus meiner Hand. Mit leicht erschrockenen Augen sah sie zu mir auf.

"Klar störst du nicht.", sagte Sam ebenso lächelnd, welcher scheinbar von der Situation Wind bekommen hatte. Nun hörten alle mit zu und starrten Melissa an.

"Wenn ich nicht störe.", sagte sie schüchtern. Ihr Blick war auf ihren Unterarm gerichtet, wo eben noch meine Hand gelegen war. Zustimmendes Gemurmel machte sich in der Runde breit. Scheinbar hatte, wie ich es vermutet hatte, niemand etwas dagegen, dass Melissa mitkam.

P.O.V Melissa

"Weißt du, auch wenn wir uns noch nicht mal wirklich kenne kann ich verstehen, warum meine Geschwister dich so mögen.", sagte Sam, als wir in ein Restaurant in der Nähe des Kinos liefen. An seiner Seite lief seine Freundin, Maria hieß sie glaube ich. Wir drei liefen etwas weiter hinter den Anderen.

"Ach ja? Warum?", wollte ich neugierig wissen. Schon von Anfang an wollte ich nicht mit dazu gehören, aber die Wayers ließen nicht locker. Nun war ich gespannt, warum sie mich eigentlich die ganze Zeit dabei haben wollen.

"Du bist irgendwie der totale Kontrast zu den Meisten von uns.", sagte Sam und nickte vor zu seinen Geschwistern. Irgendwie rempelten sie sich aus Spaß gegenseitig an. "Prudence und Lance zum Beispiel sind die totalen Dickköpfe. Wenn ihnen einmal etwas in den Sinn kommt, wollen sie es auch durchsetzten. Du hingegen hast dich vorhin innerhalb von Sekunden umstimmen lassen.", erläuterte er, während Lorenzo Lance anrempelte, welcher dann noch stärker zurück drängte.

"Eigentlich hatte ich schon am Anfang gesagt, dass ich in Ruhe gelassen werden wollte.", gab ich verlegen lächelnd zu. Genau aus dem Grund, weil sie ganz anders waren als ich.

"Tja, ich sag ja, Dickköpfe.", sagte er bedächtig nickend. "Wahrscheinlich hat einer von den zwein es auf dich abgesehen. Entweder Prudence, die eine neue Freundin sucht oder Lance, der... naja der...", Sam brauchte garnicht weitersprechen. Ich wusste schon was er sagen wollte. Eine, die er ins Bett kriegen kann. Schon allein an Sam's Schweigen erkannte man schnell, dass er diese Anspielung nicht geplant hatte. Ach wenn ich es mir schon vorher denken konnte, jetzt hatte ich es auch noch von einer anderen Person zu hören bekommen. Mein Hals wurde wieder so trocken wie die Sahara, während mein Magen von kleinen Krämpfen durchzogen wurde.

"Ein Tisch für acht Personen bitte.", sagte Mailo freundlich zu der Empfangsdame. Ich hatte garnicht mitbekommen, dass wir schon angekommen waren. Es war ein normales amerikanisches Restaurant. Nicht zu billig, nicht zu nobel. Richtig für den Anlass und unser Alter.

"Folgen Sie mir bitte.", sagte die Frau mittleren Alters und führte uns zu einem großen Tisch. Die zwei Pärchen setzten sich wieder zusammen so das noch Alex, Lance Enzo und ich übrig blieben. Ohne irgendwas abzusprechen setzten sich auch die anderen Drei und ich mich also auf den letzten freien Platz.

"Also, hab ich irgendetwas spannendes verpasst?", fragte Sam nachdem wir die Bestellungen aufgegeben hatten blickte fragend zu seinen Geschwistern.

"Ja und zwar das Lance fast aus dem Footballteam geschmissen wurde.", sagte Alex lachend, kassierte dadurch aber einen bösartigen Blick von Lance.

~~~

Wieder nahm ich einen kräftigen Schluck von dem alkoholischen Getränk vor mir. Auch wenn ich sonst immer so schüchtern war, Alkohol taute mich auf. Wir alle tranken schon seit mindestens einer Stunde und die Runde wurde immer lustiger.

"Und dann... und...", setzte Alex immer wieder an, wurde aber von seinem eigenen Lachen unterbrochen. "Dann haben wir zwei Stunden gebraucht um Prudence da wieder raus zu bekommen.", erzählte er die kleine Geschichte nun zu Ende. Alle, einschließlich mir, brachen in Gelächter aus. Ok, doch nicht alle. Prudence sah genervt zu ihren Brüdern. Jetzt viel mir auch erst auf, dass sie nichts getrunken hatte. Meine Gedanken hielten aber nicht sehr lange an, denn ich fragte mich etwas viel wichtigeres. Warum hat der Mensch zehn Finger und nicht acht oder zwölf?

"Komm Mailo, wir gehen jetzt.", sagte Prudence und stand bereits auf. Mailo hingegen schüttelte sich immer noch vor lachen, denn er hatte wie wir anderen schon tief ins Glas geguckt.

"Is doch ganz lustig. Bleib doch Prinzessin.", sagte er, nachdem sein Lachen schwächer wurde. Prudence Blick blieb steinhart und so gab Mailo dann doch irgendwann nach. Sie verschwanden, wobei man ihm den Alkoholeinfluss deutlich ansah.

"Jetzt ist die Spießerin weg.", sagte Lorenzo und trommelte freudig auf dem Tisch herum. Er hatte sich schon irgend eine Blondine von der Bar dieses Restaurants geschnappt, welche nun auf seinem Schoß saß und ihre perfekten Zähne beim Lachen zeigte.

"Noch eine Runde für uns.", sagte Lance zu dem Kellner. Dieser eilte wieder davon um den neuen Stoff zu holen.

"Mit euch kann man echt gut trinken.", stellte ich betrunken lächelnd fest, worauf ich nur ebenso betrunkenes Gelächel von Lance und Maria zurückbekam. Ich meinte es ernst. Mit diesen verrückten Leuten machte es wirklich Spaß.

"Hey Melissa, du hast voll die krassen Augen. Was is das eigentlich für eine Farbe?", fragte Lance und beugte sich weiter über den Tisch zu mir vor. Durch den Alk war mir der Blickkontakt überhaupt nicht mehr unangenehm. Im Gegenteil sogar. Ich konnte nun auch mal ungestört seine Augen betrachten.

"Keine Ahnung. Irgendwie grau oder?", fragte ich und öffnete meine Augen ein bisschen weiter. Lance' Augen waren so verdammt schön dunkelblau. Wie die See oder der Stoff einer dunklen Jeans. Vielleicht wirkten sie auf den ersten Anblick kalt, aber eigentlich konnte einen diese Farbe nur verschlingen. Mir wurde wärmer und irgendwie prickelte mein Magen diesmal. Wahrscheinlich vertrug sich der Burger mit dem Alkohol nicht so gut.

Plötzlich mussten wir bei de gleichzeitig laut losprusten. Keine Ahnung was so witzig war, aber ich dachte erst, etwas gefühlt zu haben. Zwar weiß ich nicht was, aber irgendetwas war da in der Luft.

Strange Neighbour Where stories live. Discover now