18. "Es tut mir leid"

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P.O.V Lance

Ungeduldig stand ich an unserer Mauer und wartete, dass Melissa endlich kam. Die Anderen waren schonmal in ihre Zimmer gegangen. Aber ich wollte hier warten, bis sie kam. Ich hatte vor, mich bei ihr zu entschuldigen. Es war echt nicht richtig, diese Sachen zu sagen und jetzt bereute ich es sogar etwas. Melissa hatte mich geschlagen und das sollte mir wohl zeigen, dass ich definitiv eine Grenze überschritten habe.

Ein gelber Bus hielt auf dem Parkplatz und viele Schüler strömten daraus hervor. Unteranderem auch Melissa. Ihre Haare vielen ihr ins Gesicht, aber trotzdem konnte ich Kopfhörer darunter erkennen. Sie lief irgendwie immer mit Kopfhörern herum. Mich würde ja mal interessieren, was sie für Musik hörte.

Ich stieß mich langsam von der Mauer ab und lief ein paar Schritte weiter nach vorne. Melissa hatte ihren Blick durchgängig auf den Boden gerichtet. Ich wollte Melissa nicht erschrecken, doch als ich neben ihr stand und sie ansprach, zuckte sie schlagartig zusammen. Ihre grauen Augen sahen erschrocken zu mir auf. Als sie mich erkannte, formte sich ihre Augen jedoch leicht zu Schlitzen und sie wandte sich wieder ab.

"Hey, es tut mir leid. Das von gestern. Es war dumm sowas zu sagen.", sprach ich und hoffte einfach, dass Melissa mir zuhörte. Scheinbar tat sie das, denn ihre Schritte wurden langsamer. "Ich hoffe, dass du mir das nicht allzu übel nimmst.", fügte ich noch etwas leiser hinzu.

"Das war echt scheiße.", sagte Melissa, drehte sich zu mir um und zog sich die Kopfhörer aus den Ohren. Ihr Blick galt wie so oft schon dem Boden. "Ich hätte dich auch nicht schlagen dürfen.", sagte sie kleinlaut und zertrat mit einem Fuß kleine Kieselsteine auf dem Boden.

"Vergessen wir das einfach?", fragte ich, wobei ich natürlich inständig hoffte, dass sie zustimmen würde. Kurz schien Melissa zu überlegen, dann nickte sie.

"Aber versprich mir, dass du sowas nicht mehr sagst. Diese Leute sind vielleicht ein bisschen anders als du. Das heißt aber nicht, dass sie totale Langweiler sind.", bat Melissa und blickte nun zu mir auf. Ihre großen Augen sahen etwas traurig, schon fast flehend in meine. Ich wusste zwar nicht warum sie dieses Thema so sehr mitnahm, aber ich sollte es wohl einfach akzeptieren.

"Versprochen.", sagte ich und lächelte sie etwas an. Doch Melissa erwiderte es nicht. Sie sah wieder nach unten und drehte sich etwas von mir weg. Hatte ich irgendwas getan? Eigentlich hätte ich vermutet, dass sie mir jetzt nicht mehr böse ist. Aber ihre Körpersprache sagte irgendwie etwas anderes.

P.O.V Melissa

"Und, hat sich mein Idiot von Bruder bei dir entschuldigt?", fragte Prudence und musterte mich neugierig. Eigentlich hatte ich mich weit von ihrer Mauer entfernt hingesetzt und wollte einfach nur unbemerkt meinen Apfel essen. Anscheinend wurde ich aber von ihr entdeckt.

"Mhh.", gab ich nur mit vollem Mund von mir und sah etwas verlegen auf den Apfel, welchen ich in meiner Hand herumdrehte. Prudence ließ sich neben mich sacken und beobachtete dabei ein paar jüngere Schüler auf dem Hof. "Woher weißt du das überhaupt?", hackte ich nach, als ich mein Stück Apfel geschluckt hatte.

"Er hats mir erzählt.", sagte sie, wobei sie sich eine Haarsträhne um den Finger wickelte. Hätte ich noch etwas zu Essen im Mund gehabt, hätte ich mich wahrscheinlich daran verschluckt.

"Was hat er dir erzählt?", fragte ich verwirrt, wobei meine Augenbrauen nach oben wanderten. Augenblicklich wurde ich rot. Es war mir irgendwie unangenehm ihren Bruder geschlagen zu haben.

"Das er blöde Dinge gesagt hat und du ihm darauf eine geklatscht hast.", sagte Prudence locker und ließ nun ihre Haarsträhne in Ruhe. "Meiner Meinung nach hast du ihm vollkommen zurecht eine Ohrfeige verpasst. Hätte ich womöglich auch an deiner Stelle getan.", fügte sie noch leicht grinsend hinzu. Mein Blick rutschte rüber zu der Mauer. Dort saßen alle, außer Prudence. Sie lachten, aßen und alberten anscheinend herum. Auch Lance lachte, wodurch ich irgendwie auch ganz leicht lächeln musste.

"Muss das nicht ziemlich anstrengend sein mit drei Brüdern zusammen zu wohnen und nebenbei noch einen Freund zu haben?", fragte ich an Prudence gewandt, nahm meinen Blick aber nicht von Lance.

"Ach, letztes Jahr waren es noch vier Brüder. Also eigentlich eine Verbesserung.", scherzte Prudence und blickte sich vermutlich weiter auf dem Hof um. Lance hingegen saß fast am anderen Ende des Hofes auf der Mauer. Gemischt mit seiner Größe überragte er damit so gut wie jeden. Viele der Mädchen sahen immer wieder zu den Brüdern und sahen fast so aus, als wollen sie ihnen am liebsten die Shirts vom Leib reißen. "Komm doch einfach mit mir zur Mauer anstatt nur hier zu sitzen und meine Brüder anzustarren.", sagte Prudence, wobei sie mich leicht mit ihrem Ellenbogen anstieß.

"Nein danke, ich bleibe lieber...", setzte ich an, doch wurde von ihr einfach an der Hand nach oben gezogen. Zum Glück hatte mein Pulli einen kleinen Gummi am Ärmelende, sonst wäre er jetzt etwas über meinen Arm gerutscht.

"Ich will nicht, dass du immer so allein da rumhockst.", sagte Prudence voller Selbstbewusstsein. Bestimmt dachte sie mir damit einen Gefallen zu tun, doch das Gegenteil war der Fall. Ich wollte einfach meine Ruhe, meinen Apfel essen und dabei vielleicht ein paar Menschen beobachten.

"Hat da wohl jemand seine Meinung geändert?", sagte Lorenzo grinsend mit erhobenen Augenbrauen. Nun drehten sich mal wieder alle Augenpaare zu mir. Wie ich Aufmerksamkeit hasste.

"Nah, sie ist nicht freiwillig mitgekommen.", sagte Prudence und setze sich zu Lorenzo auf die Bank vor der Mauer. So stand ich nun da, unschlüssig, wo ich mich hinsetzten sollte.

"Kekse?", bat Lorenzo seiner kleinen Schwester an, welche ihn kritisch musterte. Ihre Augen wanderten von der Verpackung, zu ihrem Bruder, wieder zu der Verpackung und schlussendlich wieder zu ihrem Bruder.

"Was hast du damit angestellt. Sonst würdest du mir nie etwas von deinem heiß geliebtem Essen abgeben.", sagte Prudence und nahm einen der Kekse ganz vorsichtig in die Hand.

"Achtung er könnte beißen.", sagte Lance ernsthaft, wobei er seiner Schwester in den Nacken pickte. Prudence erschrak sich dabei so sehr, dass sie komplett zusammen zuckte. Alle außer ihr fingen an zu lachen. Und auch wenn ich nicht wirklich lachte, musste ich breit Lächeln. Vor allem, als ich wieder zu Lance sah. Dieser hielt sich bereits den Bauch vor lachen. Seine Lache war irgendwie ziemlich angenehm. Ungefähr so tief wie seine Stimme selbst, rhythmisch und verdammt ansteckend.

Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat bis ein neues Kapitel kam. Nur habe ich momentan nicht ganz so viele Ideen und schreibe gerade den Anfang für die Fortsetzung von Prudence. Bin mir nich nicht sicher ob sie veröffentlicht wird, aber wenn, dann erst wenn dieses Buch zu Ende ist.

LG

Strange Neighbour Where stories live. Discover now