30. Die Nummer 67

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P.O.V Lance

"Jetzt bleib doch mal stehen.", sagte Prudence schon zum gefühlt hundertsten Mal und zog mich diesmal in ein leeres Zimmer. Sie schlug die Tür zu und sah mich etwas verwundert an.

"Warum muss sie den genau jetzt auf ein Date mit diesem hässlichen Nerd gehen?!", fauchte ich meine Schwester an, als könne sie etwas dafür. Sie legte verständnisvoll eine Hand auf meinen Oberarm und sah mich mitleidig an.

"Hach Lance, jetzt merkst du wohl zum ersten Mal wie schwierig Frauen sind was?", sagte Prudence, was mich aber überhaupt nicht weiterbrachte. Am Liebsten hätte ich momentan eine Wand zertrümmert oder besser noch das verpickelte Gesicht von diesem Linus.

"Warum bin ich überhaupt so sauer?", fragte ich eher mich selbst als sie. Denn ich verstand es ja selbst nicht wirklich.

"Weil du dich in sie verliebt hast.", sagte meine Schwester so sanft, als würde sie einem fünfjährigen beibringen, dass 1+1=2 ist. Aber das hier war keine Rechenaufgabe und noch dazu nicht ganz korrekt.

"Hab ich nicht.", stritt ich überzeugt ab. Als ob ich mich verlieben würde. Außerdem war Melissa garnicht so mein Typ. Ich stand auf kurvige Blondinen und sie war eigentlich das komplette Gegenteil davon.

"Ach und was war mit dieser Kuss-Geschichte die du mir erzählt hast?", hackte Prudence mit erhobenen Augenbrauen und einem dicken Grinsen auf dem Gesicht nach. Ich erzähle ihr nie wieder sowas.

"Und jetzt überleg mal, wie viele Frauen ich schon geküsst habe.", provozierte ich etwas und baute mich auf. Ein Kuss war für mich nichts besonderes mehr.

"Und wie viele von deinen Blondies haben abgeblockt, bevor du sie küssen konntest? Genau, keine. Alle wollten dich und gerade weil Melissa nicht so ist, willst du sie umso mehr.", klärte mich Prudence auf und sah mich mit einem enttäuschten aber gleichzeitig auch mitleidigen Blick an. "Du hast scheinbar echt keine Ahnung.", hauchte sie unter ihren Atem, aber nicht auf beleidigende Art. Eher eine Feststellung.

"Aber warum der Nerd?", fragte ich meine Schwester als hätte sie die Antwort für alle Fragen. Kurz schien sie zu überdenken was sie sagen sollte, bis sie zum Satz ansetzte.

"Naja, um den brauchst du dir ja mal keine Sorgen zu machen. Ich glaube, Melissa steht auch auf dich nur ist genauso dumm es zu erkennen wie du. Außerdem hast du ja schon bemerkt, dass Linus dir deutlich unterlegen ist.", sagte Prudence mit Nachdruck. Auf jeden Fall stimmte der letzte Teil. Der Nerd hatte gegen mich keine Chance. Nur war da noch das Andere. Stand ich wirklich auf Melissa und sie auch auf mich? Sehr unwahrscheinlich, oder?

P.O.V Melissa

"So, da sind wir.", sagte Linus und hielt vor irgend einem nobel wirkendem Restaurant. In meinem Hals bildete sich ein ziemlich großer Kloß. Bereits als ich das Hemd von ihm gesehen hatte, dachte ich mir schon sowas in der Art. Ich hätte eher an ein lockeres Date gedacht, aber dies schien alles andere als locker. Wahrscheinlich gab sich Linus total viel Mühe und garantiert war es ziemlich teuer gewesen, doch bereits jetzt fühlte ich mich unwohl.

Natürlich war es im Inneren des Gebäudes mindestens so luxuriös wie von Außen. Ein Kellner mittleren Alters brachte uns zu einem Tisch und gleichzeitig auch die Speisekarten. Die Preise waren hoch und die meisten Speisen kannte ich nicht.

"Ähm, was nimmst du?", fragte ich, da ich wirklich keine Ahnung hatte, was ich nehmen sollte. Mir war es alles etwas eine Nummer zu groß. Linus blickte nochmals über die Speisekarte.

"Die Nummer 67.", sagte er und lächelte mich an. Schnell versuchte ich die Nummer zu finden, doch diese waren alle durcheinander angeordnet. "Das sind quasi gefüllte Nudeln mit kleinen Meerestieren.", erklärte mir Linus und klappte die Karte zu.

"Klingt gut. Das nehm ich auch.", log ich und klappte ebenfalls meine Karte zu. In Wirklichkeit hasste ich Meerestiere. Ich vertrug es ganz schlecht, doch bei den restlichen Sachen wusste ich nicht, was es war. Nachzufragen war mir irgendwie zu peinlich.

Nachdem der Kellner unsere Bestellung aufgenommen hatte, sah ich mich etwas um. Die Leute um uns herum waren älter und viel besser gekleidet als ich.

"Was machst du außer fotografieren denn noch so gerne in deiner Freizeit?", fragte Linus interessiert und lächelte mich über den Tisch weg an. So fies es auch klang spielte ich in diesem Moment wirklich mit dem Gedanken aus dem Klofenster heraus abzuhauen.

"Ich schaue sehr gern Filme.", sagte ich wahrheitsgemäß und hoffte einfach, dass das Essen so schnell wie möglich kam. So würde diese merkwürdige und so gestellte Konversation ein Ende finden.

"Ich entspreche voll dem Klischee und verbringe viel Zeit mit zocken.", sagte Linus lächelte mich weiterhin an. Schnell nahm ich einen großen Schluck meines Wassers, um den Blickkontakt abzubrechen. Wie verdammt schön müsste es jetzt bei den Wayers im Club sein?

Als das Essen dann da war, wünschte ich, ich wäre wirklich abgehauen. Mich sahen mindestens drei von diesen Krabbenviechern an und ich hatte das Gefühl, mein Mittagessen käme gleich wieder hoch. Mich kostete es eine Menge Überwindung dieses Zeug zu essen und ich würde es noch bereuen.

Strange Neighbour Where stories live. Discover now