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Zum Glück war ich endlich dort weg für heute. Ich brauchte eine Pause von meinem Vater und seinem Wahn von Macht. Von dem, was er versucht, mir einzutrichtern. Wie ich sein muss und was ich zu tun habe. Aber das ging mir alles verdammt noch mal am Arsch vorbei. Mein Leben lang musste ich sein, wie man mich haben wollte. Meine Eltern waren arrogante verwöhnte Menschen. Die buchstäblich, vom Leid anderer lebten. Ich wollte nie so sein wie sie. In einer Scheinwelt, wo nur Schönheit, Geld und Macht wichtig ist.

Ich suchte Liebe, Geborgenheit, Freude. Von Herzen Lachen können, ohne sich zu verbiegen. Aber durch meine Familie hatte ich nichts. Geld ist nicht alles im Leben. Klar, andere Würden das Gegenteil behaupten. Ich hätte alles! Könnte mir alles kaufen. Bin ja nie allein, habe immer Leute um mich. Aber das sind nur Fremde. Angestellte. Alle nur nett weil sie müssen aber im Grunde hassen mich bestimmt alle. Nur einer vertrau ich. Luisa. Sie weiß ein wenig, wie ich ticke. Aber Freunde, sind wir trotzdem wohl nicht.

Wo bleibt das echte Leben?

"Junge Dame! Du bleibst noch etwas. Ich muss noch was mit dir besprechen." Was? Oh nein! Ich will verdammt noch mal meine Ruhe.

"Morgen kommt wichtiger Besuch. Und dieser ist eine Ehre! Unsere Familie muss sich von der besten Seite zeigen. Auch du!" Er trat nah an mich ran. Wie ein Geier umkreiste er mich.

"Deine Augen sollten faltenfrei sein. Du bist erst zweiundzwanzig und siehst aus wie dreißig. Du solltest mehr Schlafen!" Sein Ernst? Ich habe nicht mal Falten! Und wenn, eher durch den Stress, den mir meine Eltern machen. Ich habe eine relativ makellose Haut. Ich hätte auch strahlende blaue Augen, wenn ich mehr Freude im Leben hätte, aber sie schauen nur Stumpf daher. Volle rosa Lippen und volles braunes Haar. Ich konnte mich nicht beklagen. Jetzt nichts Aufregendes, aber trotzdem denke ich, bin ich eigentlich gar nicht so hässlich. Natürlich schön. Aber das sahen meine Eltern, vor allem, mein Vater nicht. Meine Mutter hat sich wegen ihm schon viel machen lassen. Er weiß, wie eitel sie ist, und nutzt dies schamlos aus. Ist ja auch relativ billig für beide. Er ist Schönheitschirurg und kann sich seine Frau basteln, wie er will. Aber nicht mit mir!

"Du solltest morgen ganz früh ..."

"Ich sollte ein Scheiß Dad! Ich will leben! Lass mich, wie ich bin! Ich bin keine Barbie, an der man rumschnippeln kann. Den Scheiß kannst du bei Mum abziehen, aber ..." Und zack! Da saß die Hand in meinem Gesicht. Leider auch noch die Rückhand. Ich fiel vom Schlag fast um.

"Du hast unsere Familie zu präsentieren! Und wenn was nicht passt, wird es verändert! Falten sind nun mal nicht schön. Also höre auf zu diskutieren!"

"Nein!" Dann rannte ich einfach davon. Die Rufe von meinem Vater verblassten, so weiter ich rannte. Ich wollte das nicht mehr hören.

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Tränen liefen mir über das Gesicht. Ich saß in einer Straßengasse und versuchte mich zu beruhigen. Ich war wieder nachts unterwegs. Eine schlimme Gegend. Aber hier fühlte ich mich echt. Ihr lebte man. Zwischen Fremden, Alkohol, Nutten und Pennern, die mir schon öfter an die Wäsche wollten. Einige fragten auch nach Geld, das ich ihnen dann auch gab, damit sie mich in ruhe lassen. Immer wenn ich ihnen ein Fünfziger zustecke, staunen sie. Aber das ist eine gute Seite, wenn man Geld hat. Man kann den Armen helfen. Wieder vorbei an Dealern und Schlägereien, die täglich hier stattfanden. Ständig mussten sich irgendwelche Kerle beweisen, wer der Bessere ist. Schwanzvergleiche waren hier an der Tagesordnung.

Ich ging an dem Tag wieder in das, The Bear. Dort war immer ordentlich was los. Und die Männer, die da verkehrten, waren auch nicht von schlechten Eltern. Und der Barkeeper war wirklich süß und so extrem lieb. Das Einzige was mir nicht gefiel ... Na ja, ein bisschen schon, dass ich immer sofort angestarrt werde, wenn ich den Klub betrat. Irgendwie merkwürdig, da es bei mir immer so ist und es mich eigentlich nervt. Aber da ... da war es nicht wegen Hass und Neid. Mich kannte man da nicht wirklich. Wusste nicht, wer mein Vater ist. Diese Blicke galten mir als Person. Weil man mich interessant fand. Oder sexy und aufregend. Da war ich nicht das gehasste, verwöhnte Töchterchen. Die Marionette von Doktor Rightly.

"Alyssa! Komm mal zu mir rüber süße!"

Jackson rief mich wieder zu sich. Ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht. Aber das hatte er ja oft. Sein Lächeln war ansteckend und einfach göttlich. Perfekte weiße Zähne, die immer strahlten, wie seine himmelblauen Augen. Dazu seine Grübchen, die mich dahinschmelzen ließen.

"Was gibt es Prinz Charming?" Mein Spitzname für ihn. Der einfach perfekt passte. Er lehnte sich lässig auf den Tresen und warf mir einen frechen Blick zu.

"Schön das du wieder hier bist! Da habe ich auch gleich was für dich. Etwas spät als Geburtstagsgeschenk, aber du warst ja die letzten Tage leider selten da." Er übergab mir eine CD und als ich drauf schaute, konnte ich nicht fassen, dass er die wirklich gekauft hat. Ich dachte, er veräppelt mich. Ich hatte ihn von meiner Zeit mit Animes erzählt. Das Einzige, was mich ablenkte. Auch heute noch bin ich Fan, darf aber nichts davon kaufen oder behalten. Es sei zu kindisch und ich sollte mich meines Alters benehmen. Mein Zimmer wurde von meinen Eltern eingerichtet. Als würde man für Instagram Ikea ablichten. Und dann noch schlimme Farben ...

"Die bekommt man gar nicht mehr neu. Wo hast du die her?" Fassungslos und fast weinend vor Freude stand ich vor ihn.

"Kontakte machen es möglich. Freut mich, dass es dir gefällt." Ich wahr überfordert. Was sollte ich tun? Wie mich bedanken? Ich kenne sonst niemanden, der so nett zu mir ist.

"Was los?"

"Ich kann dir nichts zurückgeben? Wie soll ich ..."

"Ach sei ruhig du doofe!" Dabei schnippste er mir gegen die Stirn und lehnte sich etwas weiter zu mir vor. Ich blickte ihn in seine strahlend blauen Augen und wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen.

"Danke ... ich ... kann ich ..."

Stotterte ich zusammen.

"Na ja, wenigstens ein Danke. Ein kleiner Schmatzer auf die Wange wäre aber auch eine schöne Geste. Hätte aber auch noch was anderes zum Küssen." Dabei starrte ich ihn an und wurde bleich vor Schreck. Will der jetzt echt das ich ihn einen Blasen? Denn er fasste nach unten. Er lachte aber nur und holte ein kleines Kuscheltier hoch.

"Der würde sich auch freuen, wenn du ihn lieb hast. Was hast du wieder gedacht." Verdammt! Er hat mich wieder mal erwischt. So ein Arsch. Aber der süßeste den ich kenne.

Perfect Love - Inneres Verlangen! (Unbearbeitet)Where stories live. Discover now