XCIII | Das Spiel beenden

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Elijah sieht von dem finsteren Gang auf, in den er gestarrt hat, als ich aus der Felsspalte heraus trete. Eine Erleichterung breitet sich in seinem Blick aus und er streckt die Hände nach mir. „Gott Katherine, ich dachte schon, du kommst nie wie-" „Wieso?" Unterbreche ich ihn. Der Hybrid runzelt die Stirn. „Nun, du warst ziemlich lange weg, da kann man schon mal in überle-" „Nein, nicht das." Ich kann Elijah nicht direkt ansehen, mein Blick richtet sich glasig auf eine Fackelhalterung nahe Elijahs Kopf. „Wieso hast du mir verheimlicht, dass Valentin mein Vater ist? Wieso hat er es mir nie gesagt? Wieso hast du überhaupt zugelassen, dass meine Erinnerungen gelöscht werden? An dich, an Steve, an alles!"
Mein Partner erstarrt. „Du weißt davon?"

„Natürlich weiß ich davon!" Aufgebracht werfe ich die Arme in die Luft. Die schnellen Stimmungswechsel habe ich von meiner Mutter geerbt, so löst sich nun auch der Schock und macht Platz für mehr und mehr Aufgebrachtheit. „Als du mich in deinem Atelier gefunden hast, da habe ich nicht geschlafen. Ich hatte eine Erinnerung daran, wie Mom und Steve und du, meine Erinnerungen gelöscht haben! Alles habe ich gesehen, sogar wie du mir versprochen hast, dass wir Partner werden! Jetzt sind wir Partner, aber wozu, wenn du mir Verflucht nochmal nichts erzählst? Dein Familienmotto lautet doch "Unsere Loyalität geht über den Status anderer", also wo ist die Loyalität zu deiner Partnerin? Ich sollte die sein, der deine Loyalität am allermeisten gilt!"

Elijah scheint nicht wirklich zu wissen, wie er mit dieser Konfrontation umgehen sollte. „Hör zu, dafür gibt es eine Erklärung." „Ach ja?" Ich habe vollkommen vergessen, dass wir uns immer noch in einem Gefängnis, einem gefährlichen Ort, befinden, will nur noch Antworten haben. Auf das Wieso. Wieso hat mir nie jemand etwas erzählt? Tante Faye wollte Danny und mir womöglich nicht den Boden unter den Füßen wegziehen, zumindest nicht noch mehr, als wir ihn sowieso schon verloren haben. Valentin... Er konnte es uns doch nicht einfach sagen. Wir hätten ihm niemals geglaubt. Schon gar nicht Danny. Aber Elijah, er ist mein Partner, von ihm muss ich doch sowas erwarten können. Er muss mir zu Einhundert Prozent vertrauen können, und ich muss das genauso. Diese ganze Partnerschaft basiert auf einem empfindlichen Zusammenspiel von ihm und mir, aber er scheint das immer wieder zu vergessen oder zu verdrängen. Ständig lügt er, es ist, als würde er gar nicht anders können. Seine Eltern, meine Eltern, quasi alles über mich, was er mir jemals erzählt hat, könnte eine pure Lüge gewesen sein. Meine gesamte Identität, baut auf einer Lüge auf!

Elijahs Blick weicht meinem aus, als er langsam zu einer Antwort ansetzt. „Das was dir genommen wurde, trägt nichts zu der Person bei, die du heute bist. Es sind nichts weiter als Erinnerungen-" „Erinnerungen, an die Person die ich war!" Fauche ich ihn an. Das ist doch keine Erklärung. Hätte ich diese, mir entwendeten Teile meines Seins noch, dann hätte es mich komplett anders geformt, das ist doch wohl klar. „Elijah, verstehst du das nicht? Meine gesamte Identität wurde mir genommen!"

„Es war die Entscheidung deiner Mutter, nicht meine." Während er spricht, streckt er die Hand nach mir aus, will sie mir auf die Schulter legen.

„Fass mich nicht an." Kommt es von mir, noch bevor mich seine Hand berührt. Ich will nicht, dass er mich anfasst. Nicht jetzt und auch nicht in näherer Zukunft.

„Katherine-"

„Du willst mir also erzählen, dass du mir das alles, alles, nur nicht erzählt hast, weil du die Entscheidung meiner Mutter akzeptieren wolltest. Ich bin deine Partnerin! Wieso lügst du mich ständig an?"

Ich würde es bei Faye verstehen, bei Valentin, aber Elijah ist mein Partner, seine Loyalität sollte hauptsächlich mir gelten, so wie meine ihm. Und dann nimmt er sich auch noch das Recht heraus, ein Drama wegen O'Byrne zu machen.

„Ich lüge dich nicht ständig an. Die einzige Lüge, war die mit meinen Eltern, alles was Valentin betrifft, habe ich dir bloß verschwiegen." „Das macht es nicht besser, Elijah." Murmle ich. Ich habe keine Lust mehr zu schreien. Ich will einfach nur Antworten. Und wenn Elijah sich weigert, sie mir zu geben, dann werde ich mir andere Unterstützung suchen müssen, die deutlich hilfsbereiter ist. Kopfschüttelnd wende ich ihm den Rücken zu und mache mich daran, den Weg zu den anderen zurück zu gehen. „Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob diese Partnerschaft eine gute Idee war."

Auch wenn ich sein Gesicht nicht länger sehen kann, spüre ich den Stich in seinem Herzen, den diese Worte ausgelöst haben. „Was soll das heißen?" Fordert er zu wissen.

„Dass ich lieber keinen Partner hätte", ich breite die Arme aus, „als einen, der mir ständig Lügen auftischt! Gott, ich wünschte, ich wäre niemals in dich hinein gerannt!"

Das ist der Moment, in dem ich Elijahs Herz brechen hören kann. Für einige Momente ist es komplett still, nicht einmal mein Atem ist zu hören. Dann: „Wenn du es so willst."

Noch ehe ich reagieren kann, ist Elijah an mir vorbei gerauscht, hinter ihm her der manipulierte Wachmann. Ich ziehe kurz in Betracht nach ihm zu rufen, doch ich entscheide mich dagegen.

Meine Hand tastet unbewusst nach der Brosche, die meinen Umhang, etwas unterhalb meiner Schulter, zusammen hält. Ich kann sie nicht genau durch meine Bandagen spüren, aber das Gefühl, dass sie noch da ist, ist genug. Gott, was ist das hier? Mein ganzes Leben scheint innerhalb von ein paar Minuten auseinander gefallen zu sein.

Ich reiße mich zusammen und folge den beiden den Weg zurück, die Treppe hinauf, durch die schmale Tür, hinaus in den Innenhof, wo wohl mit einiger Mühe die beiden Parteien- in diesem Fall die Wachen und Victorie- getrennt wurden. Die Vampirin scheint sich jedoch gerade erst warm gemacht zu haben, denn sie schreit über den halben Hof den Wachen zu: „Du hast nen schönen Arsch, wäre doch eine Schande wenn ich nicht reintreten würde!"

Zum Glück achtet immer noch niemand auf mich, als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lasse und hinüber zu Steve und Cherry schleiche, die dabei sind, Victorie in Schach zu halten, die sich nicht davon beeindrucken lässt, dass sich auch Hauptmann Avalor vor ihr aufgebaut hat. Seine breite Statur, verdeckt fast vollständig die kleine Gestalt meiner besten Freundin, erst als sie von Victorie ablässt, um mit langen Schritten auf mich zuzukommen, erkenne ich sie richtig. Kaum ist sie in Reichweite, öffnet sie die Arme und zieht mich in eine Umarmung. Ihre Lippen sind nahe an meinem Ohr, als sie beginnt zu sprechen. „Elijah ist gerade echt aufgewühlt abgedampft, ist alles in Ordnung?"

Ich zögere kurz, genieße noch ihre Umklammerung, auch wenn sie mich etwas zu sehr an sich presst, tut diese Menschliche Nähe gut. „Nein, ehrlich gesagt nicht."

Steve und Victorie, stoßen mitsamt unserer Pferd zu uns, woraufhin Cherry mich loslässt, mich jedoch mir kraus gezogener Stirn ansieht. Doch bevor sie die Chance bekommt, nachzuhaken, kommt Steve ihr zuvor. „Hast du Antworten bekommen, oder wollte die alte Hexe nur unterhalten werden?"

Ich stocke. Ich habe vergessen, Morgana wegen der Psychometrie zu fragen.
„Einige Antworten." Sage ich langsam. Victorie hebt eine Augenbraue, während sie mir die Zügel meines Pferdes aushändigt, das ich mit Cherry teile. „Das soll jetzt was genau heißen?" Sie scheint nicht erfreut darüber zu sein, dass Elijah sich einfach so aus dem Staub gemacht hat. Außerdem merkt sie offensichtlich, dass ich etwas verschweige.

„Morgana hat mir einiges erzählt." Erläutere ich leise, was kein Problem ist, da wir alle relativ dicht aneinander stehen. „Ich habe jetzt, nun ja, einen ungefähren Plan, was wir tun sollen und müssen, um dieses "Spiel" der Bruderschaft zu beenden."
„Und das wäre?"

„Wir müssen das Spiel zerstören."

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Schalom,
ich denke, dass ist das kürzeste Kapitel jemals in TT XD
Allerdings bewegen wir uns mit großen Schritten auf das Ende dieses Buches zu und ich freue mich schon so auf Band 2 :D

Wir sehen uns nächsten Donnerstag hier oder irgendwo anders,
Madame-Storyteller

Wir sehen uns nächsten Donnerstag hier oder irgendwo anders,Madame-Storyteller

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