L | Von Hexen und Schotten

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Zögernd klopfe ich gegen die Tür des Büros der Redakteure, die für die Schülerzeitung schreiben. Das Büro liegt im zweiten Stock des Schulgebäudes, im ruhigeren Flügel. Um es klar zu sagen: Hier treiben sich nur Leute herum, die im Wissenschaftsleistungskurs sind. Nerds. Praktisch ist Spencer hier in seinem Terrain. Wahrscheinlich hält er sich deshalb so gerne hier auf.
Die Tür mit der Milchglasplatte wird aufgerissen und ich Blicke in das Gesicht eines genervt aussehenden Typens. Er hat wirre Braune Haare, die in alle Richtungen abstehen, eine etwas schiefe Nase, auf der seine Brille ruht, die er nun Entnervt hochschiebt. „Ja?" Blufft er.

Ich zwinge mir ein Lächeln auf die Lippen. „Hi, ich wollte zu Spencer. Ist er da?"
Der Junge verdreht die Augen. „Natürlich ist er da. Wo soll er denn sonst sein?"

Offensichtlich hält er mich für nicht gerade sehr intelligent. Wenn der wüsste, dass ich, wenn ich wollte, bei jedem historischen Ereignis dabei sein könnte, würde er mich anflehen, einmal mitkommen zu dürfen. Idiot.
Er tritt einen Schritt zur Seite und gibt mir den Weg ins Büro frei. Zögernd gehe ich rein und sehe mich um. Das Büro ist größer als ich erwartet hatte. Unter den Fenstern, durch die die Mittagssonne hineinscheint, stehen Schreibtische, die immer zu zweit zusammen geschoben sind.

Die anderen Redakteure sitzen an ihren Plätzen und schreiben Geschäftig an Artikeln. An den Wänden stehen Regale, die über und über gefüllt sind mit Ordnern und Büchern. In einer Lücke stehen drei Drucker aus denen unaufhörlich bedruckte Papiere fliegen, die ein paar Schüler einsammeln, um sie am Tisch an die morgige Ausgabe zu tackern. Im Raum hängt eine gewisse Lautstärke, die von den Druckern und vom ständigen getippe und dem geklacke der Tacker herrührt.

„Spencer ist hinten." Erklärt der mies gelaunte Junge und deutet auf eine schwere Holztür, die in einen Nebenraum führt. Ich lächle ihn dankbar an- immerhin bin ich gut erzogen- und gehe beschwingt auf die Tür zu, an der ein Schild hängt, auf das mit schwarzen Lettern ein Name gedruckt wurde: Spencer Harris- Schulzeitungsfotograf

Innerlich schüttle ich den Kopf über meinem besten Freund. Er tut ja so, als wäre er Chef eines Geheimdienstes. Entschlossen klopfe ich zweimal gegen die Tür und öffne sie, ohne eine Antwort abzuwarten. „Spenc?"

Im Büro ist es dunkel. Die schwarzen Vorhänge wurden vor die Fenster geschoben und die Sonne somit ausgesperrt. Das Licht ist auch nicht an. Die einzige Lichtquelle bietet der Laptop, der auf dem Tisch in der Mitte des Raumes steht. Mein bester Freund sitzt vornübergebeugt da, kaut auf seinen Nägeln und verschiebt irgendwelche Dateien auf seinem Desktop. Er scheint mich nicht bemerkt zu haben. Leise schließe ich die Tür hinter mir und pirsche mich an Spencer heran. Vorsichtig lege ich ihm die Hand auf die Schulter. Er zuckt erschrocken zusammen und fährt zu mir herum. „Katherine! Schleich dich doch nicht so an!" „Was kann ich denn dafür, dass du hier wie ein Maulwurf sitzt." Kontere ich und nicke rüber zu den abgedunkelten Fenstern. „Hast du Angst, dass dich ein Scharfschütze erschießen will?"

Spencer macht eine wegwerfende Handbewegung. „Schwachsinn. Ich mag es halt dunkel." „Klar", ich nicke ungläubig, gehe zu den Fenstern und reiße die Vorhänge auf. „Katherine!" Protestiert er, doch nach einem giftigen Blick von mir schweigt er bereitwillig. Er räuspert sich einmal und deutet dann auf seinen Computer. „Ich habe übrigens einiges über diesen O'Byrne raus gefunden."

Erfreut lächle ich und schmeiße mich auf den Stuhl neben Spencer. „Was hast du denn so?" „Also", beginnt Spencer, wobei er den letzte Vokal in die Länge zieht, und mit einem Doppelklick eine Datei öffnet, „Eigentlich hatte ich erwartet nichts über ihn rauszufinden- zumindest auf legalen Seiten. Außerdem hatte ich ja nur seinen Nachnamen, aber da ist jemand, von dem ich am ehesten erwarten würde, dass er sich mit Elijah treffen würde."

Time Travelling | Broken SoulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt