Time Travelling | Broken Souls

LXXI | Für Isabell

Es scheint, als wäre es Silas ziemlich peinlich, aber aus dieser Nummer kommt er jetzt nicht mehr raus. Ich will Antworten. „Wenn du es so nennen willst." „Wie, wenn ich es so nennen will? Wie würdest du es denn nennen?"

Silas holt übertrieben Luft und greift sich einfach ein Brotstück, welche mundgerecht geschnitten auf einer Platte liegen. „Ich habe ihr die Unsterblichkeit geschenkt. Manche Menschen würden... haben, dafür getötet. Und was tut sie? Dieses undankbare Weib will mich Tot sehen!"

Cherry und ich tauschen einen entgeisterten Blick und scheinen dasselbe zu denken. Es ist kein Geschenk, Jemanden in ein blutrünstiges Ungetüm zu verwandeln.

Silas, der sich jetzt wohl für den größten Samariter überhaupt hält, wirft sich übertrieben in Pose und rupft sich eine Weintraube vom Strang ab. „Ohne mich wäre sie als Hexe, auf dem Scheiterhaufen gestorben!"

Cherry knallt, nicht gerade leise, ihr Buttermesser neben ihren Teller und funkelt den Vampiren neben sich wütend an. Das, was Victorie gerade durchmacht, scheint auch meiner besten Freundin sehr zuzusetzen. Wahrscheinlich kann sie Victorie sehr nachvollziehen, immerhin ist sie jetzt so ziemlich in derselben Situation. Auch Cherry wurde in eine komplett neue Welt geworfen und muss jetzt damit klar kommen. Ein Funken scheint in ihren Augen zu blitzen, dann öffnet sie den Mund sagt das wahrscheinlich weiseste, was ich jemals von ihr gehört habe: „Wahnsinn lässt sich niemals mit Wahnsinn bekämpfen."

Anerkennend nicke ich ihr zu. Silas verzieht das Gesicht, ich stehe jedoch auf, bevor er noch etwas sagen kann. Elisabeths und Damians Blicke heften sich verwundert auf mich. „Ich werde mal nach Elijah schauen gehen", erkläre ich mich selbst, streiche meinen Faltenrock glatt und mache ein paar Schritte weg von der Tafel. Elisabeth nickt verständnisvoll. „Natürlich, du willst zu deinem Partner."

Ich stimme ihr mit einer Handbewegung zu, greife mir mein, in Marmelade getunktes, Brötchen und eine Tasse Kaffee und spaziere zur Eingangshalle. Im Hintergrund höre ich Cherry immer noch mit Silas diskutieren, aber ich versuche sie zu überhören. Das mit einem ruhigen Frühstück vor einem wichtigen Termin kann ich wohl vergessen.

Ich kann durch die Glastüren sehen, wie sich erste Pfützen auf dem Gehweg vor dem Hotel bilden, während der Regen immer mehr wird. Er prasselt gegen die Fenster, läuft an den Scheiben hinab und beruhigt mich irgendwie.

Erleichtert, dass ich wenigstens für einen Moment meine Ruhe habe, beiße ich genüsslich von meinem Brötchen ab und nehme einen Schluck Kaffee. Es ist gerade einmal Morgen und das erste Drama hat schon seinen Lauf genommen. Ich schüttle den Kopf, darüber wie mein Leben verläuft. Erwartet hätte ich es nie, aber so ist es nun einmal.

Ich stopfe mir das letzte Stück Brot in den Mund, damit Elijah es mir nicht klauen kann und mache mich langsam auf den Weg die Treppen hoch. Denn ich wage es zu bezweifeln, dass Elijah so dumm wäre, Victorie noch irgendwie in der Nähe des Esszimmers zu lassen.

Leise pfeifend steige ich Stufe um Stufe hinauf, umklammere meine Tasse mit einer Hand, mit der anderen fahre ich das Geländer entlang. „Elijah?" Rufe ich leise in den Raum hinein. Lauter traue ich mich irgendwie nicht. Ich habe Angst davor, dass Victorie sich mit Jagen abreagieren will. Deshalb zucke ich auch extrem zusammen als Elijahs Kopf plötzlich an der Ecke erscheint. „Katherine", irgendwie wirkt er erleichtert mich zu sehen. In seinen Augen steht der pure stress. Was auch immer Vici ihm an den Kopf geworfen hat, er tut mir jetzt schon leid.
„Was ist?" Will ich leise wissen, sobald ich sehe, dass er direkt vor Victories Zimmertür steht. Nervös fährt mein Partner sich durch die, immer noch dunklen, Haare und lehnt sich gegen die gegenüberliegende Wand. Ich tue es ihm gleich und sehe erwartungsvoll zu ihm auf. „Vici macht gerade ihre Hassphase durch", erklärt er, „Machen eigentlich nur Frischlinge, aber irgendwie hat Silas sie wohl so fertig gemacht, dass sie es jetzt schon wieder hat."