C | Ein Drache im Pullover

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„Victorie hat gesagt, du sahst aus wie ein gesprungener Spiegel, als du raus aus deiner Uniform warst." Erklärt Isabell ungerührt. Sie hat sich auf dem Sofa gegenüber niedergelassen und elegant die Beine überschlagen hat.

Besorgt ergreift Tante Faye meine freie Hand und untersucht die Narben, die sich darauf gebildet haben. Sie sind nicht mal besonders schlimm, dafür hat Isabell gesorgt, so gut sie kann, nicht dicke Wulste, eher... Nun ja... Es sind unauffälliger Narben...
„So viel?" Wispert Faye und streicht mir über die Wangen. „Oh Schätzchen."

„Es tut gar nicht so sehr weh", versuche ich meine Tante zu beruhigen und balle meine Hand zum Beweis zur Faust. „Siehst du?"
Ich meine, für einige Augenblicke Tränen in Fayes Augen zu erkennen. „Oh Katherine." Wispert sie.

„Sie wird keine bleibenden Schäden davontragen", erklärt Isabell, als wolle sie uns in irgendeiner Weise beruhigen. Es klappt nicht sonderlich gut. „Nun ja, bis auf einige Narben, wahrscheinlich. Aber die werden nicht schlimm sein. Nur ganz schmale, noch unauffälliger als die an den Händen."

Die Rothaarige neben mir nickt. Doch noch bevor sie etwas sagen kann, ertönen Geräusche. Schritte auf der Treppe. Noch bevor ich überhaupt daran denken kann, wer da hinunter kommt, höre ich auch schon die Stimme meines kleinen Bruders: „Kathy?" Und schon steht er in der Tür. Sein dunkles Haar ist verwuschelt und er trägt einen Pyjama. Ich kann nicht anders, als plötzlich Parallelen zu Valentin zu ziehen. Seine Haare haben den gleichen Braunton, seine Augenbrauen sind genauso buschig und sein Kiefer sticht genauso hervor, wie bei unserem Vater. Er ist jetzt schon, obwohl er zwei Jahre jünger ist als ich, fast größer als ich.

„Hey, Danny." Zwinge ich mich mit einem Lächeln zu sagen.

„Du bist wieder da." Sagt er, als könne er es gar nicht fassen. Ich muss schmunzeln. Irgendwie ist es lustig, dass er daran gezweifelt hat. „Natürlich." „Aber... Aber der Mann, der hier war." Stammelt er und kommt etwas weiter in den Raum hinein. Ich weiß nicht, ob er Isabell nicht sieht oder sie ihn schlichtweg nicht interessiert. „Er... Ich dachte..."

„Dachtest du etwa, dass ich tot bin?" Frage ich etwas verwirrt. Baltasa hat, laut Faye, nur die Botschaft überbracht, dass wir angegriffen wurden und ich verletzt bin. Nicht, dass ich im Sterben liege. Mein Bruder nickt. „Ja... I-Ich dachte..."

„Wir sind Moonroses", wirft Isabell ein und zum ersten Mal wird sie von Danny beachtet. „Uns bekommt man nicht so leicht getötet." Sie schenkt ihm ein Lächeln, welches wärmer ist, als das Feuer im Kamin. „Hi übrigens. Ich bin Isabell. Eure Cousine." „Hi." Erwidert mein kleiner Bruder bloß etwas perplex.

„Wieso dachtest du, dass ich tot bin?" Lenke ich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. Wieso sollte er sowas denken? Ich bin nur verletzt worden. Das nicht gerade leicht, aber auch nicht so schlimm, dass ich daran sterbe.

Verlegen wendet mein Bruder den Blick ab und sieht aus dem Fenster. „Naja, dieser Mann der hier war... Ich hab gehört, wie er zu Faye gesagt hat, dass ihr von Attentätern angegriffen wurdet. Naja, dann hat Mister Bauclerk mich nach oben geschickt und das letzte was ich gehört habe, war, dass du schwer verletzt wurdest. Da dachte ich eben... Naja, da dachte ich, dass du daran sterben würdest."

„Ach, Danny", entkommt es mir und ich zwinge mich, mich aus der kuschlig weichen Decke herauszuwinden, den Tee auf den Tisch zu stellen, aufzustehen und meinen Bruder in den Arm zu schließen. Sein Körper fühlt sich kalt in meiner Umarmung an, und unwillkürlich schlinge ich meine Arme noch fester, als sowieso schon, um ihn. Er ist zu zerbrechlich und irgendwie habe ich das Gefühl, dass er die letzten zwei Nächte kaum geschlafen hat. „Ich sterbe doch nicht, weil ich in einen Spiegel falle..."

Time Travelling | Broken SoulsWhere stories live. Discover now