LXXV | Was die Ahnen gaben

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„Das was mit deinem Vater passiert ist, tut mir leid." Bekundet O'Byrne zum erneuten male, während er uns etwas zu trinken einschenkt. Keine Ahnung zum wievielten Mal er jetzt schon gesagt hat, es tue ihm so schrecklich leid, ab dem vierten Mal habe ich aufgehört zu zählen. Es scheint ihm tatsächlich leid zu tun, trotzdem weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Niemand sagt so oft, dass ihm der Tod eines Menschen leid tut, den er nicht einmal kannte. „Allerdings hatte sein Tod wohl auch gute Seiten, denn sonst wärst du wohl niemals nach Malson Falls gezogen und hättest deinen Partner nie kennengelernt."

Am liebsten hätte ich ihn korrigiert. Aufgrund von zwei Dingen. Dem Tod meines Vaters kann ich beim besten Willen nichts Gutes abgewinnen, ob ich nun Elijah getroffen habe oder nicht. Außerdem habe ich Elijah nicht kennengelernt- ich kannte ihn schon eine sehr, sehr lange Zeit, wären meine Erinnerungen nicht gelöscht worden.

Doch ich halte den Mund, will dem Allianzbeauftragten möglichst wenig über mich erzählen und wenn es diese Möglichkeit gibt, nutze ich sie gern.

O'Byrne stellt mein Wasserglas vor mich auf den Schreibtisch und lässt sich anschließend in seinem Sessel nieder. Nachdenklich stützt er das Kinn auf seiner Hand ab und mustert mich. Seine hellen Augen scheinen jeden meiner Züge genau zu analysieren. Er versucht anscheinend herauszufinden, wie ich auf verschiedene Aussagen reagiere.

„Danke." Murmle ich, mit Blick auf das Glas. O'Byrne Erwidert nichts, lehnt sich nur etwas zurück und lächelt mich an. „Du hast einen Bruder, nicht wahr? Daniel."

Ich nicke schnell, bevor mein Mund noch auf die Idee kommt, diese Antwort weiter auszuführen. „Wie alt ist er?" Möchte der Mann mir gegenüber wissen, ohne mich aus den Augen zu lassen. Es ist mir absolut unangenehm, wie er mich anstarrt, ich versuche aber mir nichts anmerken zu lassen. Wenn ich etwas von Baltasa gelernt habe, dann das man Alphamännchen nicht den kleinsten Sieg gönnen darf. „Er ist 15." „Weiß er von der anderen Welt?" „Erst seit kurzem", versuche ich ihn abzuwimmeln, ohne unbedingt lügen zu müssen, „Und das eigentlich auch nur, weil es nicht anders ging." „Es gibt immer einen anderen Weg."

Ich erstarre in meiner Bewegungen und kann nicht anders als Mister O'Byrne anzustarren. Das ist das, was Elijah mir, in exakt diesem Tonfall gesagt hat, als er mir erklärt hat, dass man nicht aus der Bruderschaft aussteigen kann. Wie kann er das wissen? Ich gehe davon aus, dass er es weiß, sonst müsste er mich nicht so abwartend angrinsen.

„Ich", ich muss einmal tief durch atmen, um meine mühsam aufgebaute Fassung wieder zu erlangen. „Meine Cousine und er hörten, wie mein Partner und ich mit meiner Tante sprachen. Über die andere Welt. Es gab keine andere Möglichkeit, als ihnen alles zu erzählen."

Mister O'Byrne nickt verständnisvoll. „Natürlich, das verstehe ich. Katherine, es ist in keinem Falle Verurteilenswert, dass die beiden jetzt davon wissen. Es ist ihr Recht. Außerdem sind wir nicht hier, damit ich über dich richten kann."

Ich verkneife mir ein prusten auszustoßen, wie ich es normalerweise getan hätte, wenn diese Aussage von Baltasa gekommen wäre. „Weshalb denn dann?"
O'Byrne lehnt sich noch ein Stückchen weiter zurück, überschlägt die langen Beine und lässt mich keine Sekunde aus den Augen, als er fragt: „Auf wessen Seite stehst du?"

Das Blut gefriert mir in den Adern- erneut- und ich starre- erneut- den Allianzbeauftragten an. Weiß er es? Weiß er von dem Widerstand? Weiß er von unserem Plan, die fehlenden Uhren zu suchen und zu beschützen, damit Baltasa sie nicht bekommt?

Ich zwinge mich, mich zu räuspern. „Ich... Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, von was Sie reden."
Unbeeindruckt zieht Mister O'Byrne eine Augenbraue in die Höhe. „Tatsächlich? Katherine, du bist eine grauenvolle Lügnerin, weißt du das? Du solltest es wirklich lassen."

Time Travelling | Broken SoulsWhere stories live. Discover now