XCVII | Im Zwielicht

21 4 30
                                    

„Katherine?" Schallt mein Name da durch den Raum. Es ist meine Cousine, die nach mir ruft. Sie ist ebenfalls aufgestanden. „Liebes, ich wollte dich doch nach Hause fahren, um mir deine Verletzungen nochmal anzusehen."
Ich nicke zur Bestätigung Ihrer Worte und warte auf die Fortsetzung.
„Ich muss nochmal in mein Büro und etwas erledigen, du kannst in der Halle solange warten, ja?"

Ich nicke wieder, in Gedanken schon weit weg, bei Tante Faye. Wird sie sich wundern, dass Isabell mich fährt und nicht Elijah? So wie er es sonst immer getan hat? Gott, wird sie über den Streit wissen wollen?
Es ist wie der Einschlag einer Kugel, als mir klar wird, dass ich ihr von Valentin erzählen muss. Sie weiß es. Sie muss es einfach wissen. Mom war, ist, ihre Schwester. Da erzählt man sich doch sowas untereinander.

Ich humpele fast die paar Stufen des Podestes hinunter, denn immer, wenn ich eine längere Zeit sitze, fangen die Schnitte an meinen Beinen an, schrecklich weh zu tun. Schon auf der Hinfahrt bin ich auf meinem Platz hin und her gerutscht, weil es anfing, so zu schmerzen. „Geht es, Kathy?" Fragt Logan mich besorgt. „Soll ich dich vielleicht nach Hause fahren? Dann musst du nicht gehen."

Ich könnte ihn würgen. Gott, wie sehr ich ihn hasse. Logan hat wirklich die beeindruckende Fähigkeit, jede noch so nette Aussage gehässig klingen zu lassen. Trotzdem versuche ich, nett zu bleiben. „Nein, danke. Isabell übernimmt das schon." Lächle ich und drehe mich zu ihm um. „Hast du gerade nicht zugehört?"

„Sorry", er zuckt mit den Schultern, „ich höre nicht bei fremden Unterhaltungen mit."

„Ach wirklich?" Ich verschränke die Arme vor der Brust und runzle die Stirn. „Seit wann bist du denn so rücksichtsvoll?" „Schon immer gewesen!" Lacht Logan, doch ich höre ihm nicht mehr zu. Mein Blick gleitet etwas höher, nur ein Stückchen über seinem Kopf bleiben sie hängen. Elijah ist aufgestanden und hat sich an seinem Stuhl angelehnt. Eine Hand ruht lässig auf der Statue des Rabens, während er mit Nick spricht. Er wirkt nicht wirklich zufrieden, zu angespannt, um cool zu sein.

Ich gucke nur für den Bruchteil einer Sekunde auf, doch genau in diesem Moment sieht er ebenfalls hoch. Sein Blick bohrt sich in meinen und es wirkt so, als könnte er ihn nicht mehr lösen. Aber ich kann es auch nicht. Es kann nicht lange angedauert haben, doch es fühlt sich viel zu lang an. Viel zu lang dafür, dass ich ihn nicht ansehen wollte. Dass ich es mir sogar selbst verboten habe. Es ist wie ein Verrat an mir selbst, an meinen Prinzipien, die ich mir selbst gesetzt habe.

Trotz dem guten Gefühl, welches sich in mir ausgebreitet hat, als Elijah und ich uns angestarrt haben, reiße ich meinen Blick los und lasse ihn wieder auf Logan ruhen.
„Der Meinung bin ich nicht, aber nun gut." Erwidere ich und dränge mich selbst zu einem Lachen, um den Umschwank in meiner Stimme zu überspielen. „Wir sehen uns in der Schule, Jones."
„Ja, und versuch doch bitte mal, nichts anzustellen, ja?"

„Ich versuche es", murmle ich, während ich ihm schon den Rücken zu kehren und mich auf den Weg zur Eingangshalle mache. Die Flügeltür ist schon geöffnet, denn durch sie ist Isabell verschwunden, um was auch immer zu erledigen. Mit ihr ist Victorie gegangen und ich frage mich, ob die beiden sich die nächsten Wochen irgendwann wieder trennen werden. Das Wochenende der Trennung scheint vor allem Isabell sehr zugesetzt zu haben. Es wirkt, als hätte ihre Psyche noch einen Knacks abbekommen. Victorie tut ihr gut und Isabell... hält Victorie von dem kompletten Kontrollverlust ab.

Zumindest schätze ich das, denn anders kann ich mir die Wirkung der beiden auf einander nicht erklären. Meine Hand wandert langsam zu meiner Uhr, die um meinen Hals baumelt und schließt sich um sie. Es beruhigt mich nicht wie sonst, eher bewirkt es genau das Gegenteil. Das Gefühl, dass ein Herz in ihr schlägt macht mich nervös und je länger ich sie festhalte, desto stärker schlägt es.

Time Travelling | Broken SoulsWhere stories live. Discover now