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„Und wo gehen wir jetzt hin?" fragte ich Charles der meine Hand anscheinend nicht vorhatte loszulassen. Zumindest hielt er sie ziemlich fest umklammert.

„Ich muss gleich in die Garage, weil das Qualifying in einer halben Stunde anfängt, aber vorher will ich noch mit dir reden." erklärte Charles und klang dabei verdammt ernst. Mein Magen zog sich unwohl zusammen. Er wollte mit mir reden. Reden. Hinter diesem Wort könnte so viel stecken. Positives und Negatives, aber bei seiner Aussage klang er eher so, als müsste er über zweites mit mir reden. Und das war das, was mir solche Sorgen bereitete. Ich war noch nie Fan von ernsten Gesprächen und habe bisher immer alles dafür gemacht, um sowas aus dem Weg zu gehen.

Charles führte mich zurück zum Motorhome von Ferrari und trat mit mir durch große Glastür. Wir gingen die Treppen hinauf, wo Charles meine Hand losließ, um die folgende Tür mit einer kleinen Karte zu öffnen. Mit einer einladenden Handbewegung bedeutete er mir, dass ich eintreten könne. Der Raum war alles andere als riesig, aber trotzdem groß genug um eine Couch, einen Kleiderschrank und viel Freiraum darin unterzubringen.

„Du hast es ja schön hier.", murmelte ich um von dem eigentlichen Grund, wieso wir hier waren, abzulenken. Charles nickte lächelnd.

„Also worüber ich mit dir reden wollte..." fing der Monegasse nachdenklich an. „Vielleicht hast du schon ein paar Paparazzi und Moderatoren gesehen oder auch nicht. Wie auch immer. Die können manchmal ziemlich provokante Fragen stellen und auch Fragen, die eigentlich unangemessen sind, weil sie viel zu privat sind.", er lehnte sich an seinem Kleiderschrank an, „Da du ein unbekanntes Gesicht  im Paddock bist, könnte es passieren, dass sie sich förmlich auf dich stürzen, um zu wissen, wer du bist.", er machte eine Pause, „Warum ich dich davor warne... wir sollten uns einig darüber sein, was du sagst, wenn du gefragt wirst." fragend suchten Charles' Augen die meine und verhakte seinen Blick in ihnen. Etwas überrumpelt von seiner Erzählung über alle möglichen Moderatoren und Paparazzi, schwieg ich kurz. Ich stellte mir die Frage, wieso Charles wissen wollte, was ich sagen würde. Ich meine es gäbe doch nur eine Antwort, die der Wahrheit entsprechen würde. ‚Ich bin eine Freundin von Charles und zum Zusehen da.'
Oder dachte Charles an was anderes? War er sich bei so einer Antwort weniger sicher als ich? Dachte er wir wären mehr, oder sogar weniger? Lediglich Bekannte? Ich wusste es bei bestem Willen nicht.

„Ich könnte doch sagen, dass ich eine Freundin von dir bin und dieses Wochenende zum Zuschauen da bin." , schlug ich dem Braunhaarigen vor. Kurz kam es mir so vor, als hätte ich einen Hauch Enttäuschung oder Ähnliches in seinem Ausdruck gesehen.
„Ja, das wäre wahrscheinlich das Beste." er nickte als Zeichen, dass er einverstanden ist.
„Muss ich denn überhaupt was sagen?" fragte ich als Charles an mir vorbei ins Leere sah.
Irgendwie wollte ich was sagen, um die unangenehme Stille zu beseitigen. Er nahm den Augenkontakt zu mir wieder auf und schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Aber es kann passieren, dass sie so ekelhaft sind, dass du dich verpflichtet fühlst ihnen zu antworten. Aber du musst natürlich nie antworten." ich nickte und Erleichterung breitete sich in mir aus. Ehrlich gesagt bleibe ich sowieso lieber erstmal unerkannt und bewege mich unter dem Radar.

Bestimmt zum fünften Mal in zehn Minuten schaute ich auf mein Handy. ‚Keine weiteren Mitteilungen' stand groß auf dem Sperrbildschirm, den ein Bild von meinen Geschwistern Linnea und Benjamin darstellte. Seufzend schloss ich ihn wieder und ließ mein Handy in meine hintere Hosentasche gleiten. Ich legte meine Hände auf das Geländer und schaute geradeaus auf eine der Zuschauertribünen. Die Fans strahlten unheimliche Freude aus und waren bereit den Fahrern alle Ehre zu erweisen, wenn sie in ein paar Minuten nacheinander die unter mir verlaufende Pit Lane verlassen.

Ayla wollte schon längst hier sein. Es ist fünf vor vierzehn Uhr. Um halb hatte sie vorgehabt, mich wieder hier zu treffen. Stattdessen stehe ich nun auf einem der Balkons des Paddocks und warte die letzten Minuten bis zu Charles Start im Qualifying ab. Allein.
Der Zeiger in der Mitte über Start und Ziel schlug vierzehn Uhr. Das erste Auto was rausfuhr war Alex Albon von Alpha Tauri. Woher ich das auf einmal weiß? In meiner Wartezeit auf Ayla hatte ich vorhin die Fahrer und Teams studiert.
Anschließend fuhren beide Renaults raus, darunter Daniel. Sie wollten sich wohl die noch fast leere Strecke zu Nutzen machen. Mein Herz machte einen Sprung, als ich Charles' Wagen die Boxengasse verlassen sah. Direkt hinter ihm fuhr Lando und hinter dem Charles' Teampartner Sebastian Vettel. In den nächsten fünf Minuten hatten auch die anderen Fahrer die Boxengasse verlassen. Charles hatte seine fliegende Runde gefahren, durch die er auf Platz 5 fiel. Ich klatschte stolz auf ihn in die Hände und beobachtete, wie er sich in die Boxengasse zurückzog. In Q1 schaffte es nur noch ein Fahrer, nämlich Lando, sich auf Platz 5 zu schieben. Aber Charles Platz in Q2 war mit Platz 6 trotzdem gesichert. In der Pause zwischen Q1 und Q2 verzog ich mich auf die Toilette und wählte Ayla's Nummer. Langsam machte ich mir ernsthafte Sorgen um sie. Es piepte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Beim fünften Mal gab ich die Hoffnung auf eine Abnahme beinahe schon auf. Dann hörte ich plötzlich Geraschel am anderen Ende der Leitung und kurz darauf Ayla's helle Stimme. „Hallo Sally?" Mir fiel ein Stein vom Herzen, den ich durch ein lautes Seufzen demonstrierte. „Gott sei Dank. Ayla was ist los? Du wolltest vor fast einer Stunde da sein!" hakte ich vorwurfsvoll nach. Für ein Moment kam keine Antwort, was mir komisch vorkam, da Ayla eigentlich die schlagfertigste Person ist, die Ich kenne.

„Sorry. Ich war in einem Funkloch und musste deshalb ewig laufen, um ein Taxi rufen zu können. Ich bin in fünf Minuten da. Ist Charles weiter?" frustriert fuhr ich mir durch die Haare. Ayla hätte sonst was passieren können. Wie hätte ich mir das jemals verzeihen können? Immerhin war sie allein obwohl ich sie hätte begleiten können.

„Ja er ist in Q2." von ihrer Seite vernahm ich noch ein Geräusch was sowas wie „gut" bedeuten sollte. Dann verabschiedeten wir uns und ich legte auf.
Ich verließ die Toilette und wusch mir noch die Hände, damit niemand denkt, ich wäre unhygienisch oder sowas. Danach machte ich mich auf den Weg nach unten und landete direkt in Charles' Garage. Seine Ingenieure kümmerten sich um den Wagen oder checkten seine Daten. Dann erblickte ich ihn. Er stand mit dem Rücken zu mir und war dabei sich mit Sam und einem Ingenieur etwas auf Bildschirmen anzuschauen. Ich trat zu der Gruppe dazu und tippte Charles am Rücken an. Er drehte sich schlagartig um und schaute zu mir runter. Als er mich erkannte, schlich sich ein warmes Lächeln auf seine Lippen. „Hey." nuschelte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Du bist so gut gefahren." lobte ich ihn. „Danke. Aber es war noch nicht genug." bemängelte er seine Leistung und deutete auf den Monitor. Für ihn machte das alles, was sich auf diesem zeigte wahrscheinlich Sinn, ich verstand allerdings nur Bahnhof. Dies bemerkte er scheinbar, als ich nichts sagte sondern nur angestrengt auf den Bildschirm starrte. Er lachte auf. „Oh tut mir leid. Naja, ist auch nicht so einfach zu verstehen." er winkte ab und drehte sich wieder zu mir. „Ist deine Freundin immer noch nicht da?" fragte er und schaute sich suchend um. Ich schüttelte als Antwort mit dem Kopf. „Aber sie müsste gleich da sein. Wir haben telefoniert."
Charles nickte verstehend.

Melody of death | Charles Leclerc FFWhere stories live. Discover now