twenty-two ఌ

132 3 0
                                    

Sam begleitete uns wieder bis zur Hotellounge, von der aus wir selbst zu unserem Zimmer fanden. Ich ließ mich in das weiche Doppelbett fallen und bemerkte erst danach, wie müde ich eigentlich war. Ayla, die zuerst ins Bad verschwunden war, kam nach ein paar Minuten zurück und schmiss sich regelrecht auf mich drauf. „Schon müde?" , fragte sie, als würde sie mit dem Gegenteil rechnen. „Äh, Ja?!" nur schwer konnte ich meinen Kopf noch heben, um ihr diese Antwort zu geben. Doch danach gab ich wieder nach und ließ ihn in meiner Decke versinken. „Wie kannst du nur immer so energiegeladen sein?!" stöhnte ich verständnislos gegen den Stoff. Wahrscheinlich hatte Ayla das gar nicht gehört, so gedämpft klang meine Stimme.

„Tja, die Frage ist: Wie kannst du immer so müde sein?" entgegnete die Blondine lachend und deckte sich nachgiebig mit ihrer Decke zu. Das haben Depressionen leider an sich. Dachte ich so für mich und ein bedrückendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus. Wann war ich zuletzt so gut drauf, wie Ayla es jeden Tag sein kann? Ich bin nicht neidisch, nein. Es ist nur... wieso kann ich nicht auch eine unbeschwerte junge Frau sein? Eine Frau, die ihre junge Liebe findet. Eine Frau, die abends mit ihren Freunden am Strand um ein Lagerfeuer herumsitzt und Marshmallows grillt. Eine Frau, die nicht morgens aufwacht und sich wünscht, es nicht getan zu haben. Es ist so frustrierend und mörderisch zugleich.

Nachdem wir am nächsten Vormittag gegen 11 Uhr bei der Rennstrecke angekommen waren, hatten wir uns mit Charles nur flüchtig treffen können, da er zu einem spontanen Teamtreffen musste. Dieses dauerte aber nicht sehr lang, weshalb er nur nach einer Stunde zurückkam. Die nächsten Stunden hatten wir größtenteils zusammen verbracht. Gegen 14:00 verschwand er aber mit Sam, da um 15:00 der Grand Prix startet und bis dahin noch einiges an Vorbereitungen zu erledigen waren. Ayla und ich machten uns derweil daran, uns unseren Platz im Paddock zu sichern, von dem aus wir gut die Rennstrecke im Blick hatten. Die Tribünen für die Zuschauer gegenüber von uns, füllten sich immer mehr und der Geräuschpegel verdoppelte sich gefühlt mit jeder verstreichenden Minute. In mir stieg die Aufregung.

Formel 1. Grand Prix. Charles. Vor zwei Wochen hätte ich niemals damit gerechnet, dass diese Dinge für mich eine Rolle spielen werden. In meinem bisherigen Leben habe ich zwar viel gemacht, aber das hier ist ganz anders als alles, was ich bisher erlebt habe. Es ist ein Abenteuer und vor allem macht es mich endlich mal wieder richtig glücklich. Charles, macht mich glücklich.

Ein schrilles Quietschen von neben mir ließ mich aufschrecken. „Heiliger Strohsack was ist denn in dich gefahren so du zu schreien?!" , fuhr ich Ayla erschrocken an. Sie nahm kaum Notiz von mir und starrte nur weiter lachend auf ihr Handy. „Ayla? Was ist?"

„Du kennst doch noch Tobi von dem ich dir mal erzählt habe." , ich verdrehte innerlich die Augen. „Der mit dem du in der Grundschule für zwei Tage zusammen warst und ihr dann zufällig geheiratet habt? Warte mal, hast du noch den Plastikring, den er dir damals geschenkt hat?", witzelte ich, als ich mich an diese Zeit erinnerte. Ayla hatte mir damals völlig aufgeregt erzählt, sie sei verheiratet. Aber gewisser Tobi ist nach ein paar Monaten mit seinen Eltern umgezogen und der Kontakt ist schließlich abgebrochen. Es hat Ayla nicht weiter gestört, hat sie mit zumindest immer behauptet. Innerlich habe ich immer geahnt, dass sie ihn vermisst, wenn auch nur ein bisschen.

Ayla warf mir einen ist-das-dein-Ernst-Blick zu, musste aber lachen als ich mit den Augenbrauen wackelte. „Du bist blöd.", meckerte sie verlegen und warf wieder einen Blick auf ihr Handy. „Ich weiß. Aber erzähl, was ist mit dem Lieben?" , fragte ich entspannt weiter nach und schob die Vergangenheit damit zur Seite.

„Er hat mir eine Anfrage auf Instagram geschickt. Denkst du er hat mich absichtlich gesucht?", fragte Ayla und biss sich auf die Unterlippe. „Ja denke schon. Wie sollte er dich sonst finden? Vielleicht hat er sich daran erinnert, dass er noch eine Ehefrau hat. Habt ihr jemals Schluss gemacht?" , wieder musste ich grinsen. Mit dem Thema konnte ich Ayla bis zum Überkochen nerven. Sie schüttelte bloß Schulterzuckend den Kopf und steckte ihr Handy weg.

„Wie? Nimmst du ihn nicht an?" , fragte ich verwirrt. „Ne, wieso sollte ich? Er ist Vergangenheit." sie zuckte mit den Schultern und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Uh, Ayla Taylor, bist du echt?" , fragte ich witzelnd und beugte mich nach vorne, um sie genauer zu begutachten. Die gab mir lachend aber genervt einen Klaps auf den Kopf und schloss ihre Augen. „Ich bin 100% echt."

Kurz vor 15:00 erkannte ich die 20 Wagen wie sie sich an ihre Plätze auf Start und Ziel begaben. Zuerst fuhren sie die Formation Lap um die Reifen warm zu kriegen und ordneten sich dann erneut in ihre Positionen ein. Charles, welcher auf dem dritten Platz verweilte, musste warten, bis sich der letzte Fahrer an seinem Platz eingefunden hatte. Ich fragte mich, was jetzt in seinem Kopf vorging oder ob da überhaupt etwas Wirkliches drin war.

Die Ampel schaltete ein Licht nach dem anderen auf Rot und dann kam der Moment, auf den wir alle gewartet hatten. Sie gingen aus. Die Motoren der Wagen heulten auf und sie setzten sich mit voller Geschwindigkeit in Bewegung. Alle drängelten sich durch die nächste Kurve und mich wunderte es, dass bei so einem Gewusel kein Unfall passiert ist. Dann waren die Autos außer Sichtweite, weshalb wir auf den Bildschirm gucken mussten, der das Rennen live überträgt.

Charles hatte sich auf den zweiten Platz vorgekämpft und fuhr zur zweiten Runde mit über 200km/h am Paddock vorbei. Ich verspürte Stolz und Respekt. So ein guter Start gelingt nicht jedem.

Das gesamte Rennen lang gab es keine Runde, in der ich nicht voll konzentriert auf Charles achtete und ihm die Daumen drückte. Ich blendete alles um mich herum aus, sogar Ayla und ich sprachen kaum ein Wort miteinander. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, immer wenn irgendwas Spannendes passierte. Als die letzte Runde anbrach und eigentlich feststand, dass Charles auf Platz 3 enden wird, begaben Ayla und ich uns nach unten in die Box. Ich wollte Charles sofort empfangen und ihm meine Gratulation aussprechen.

Die Ingenieure und Mechaniker rannten zum meterhohen Zaun bei den Kommandoständen und jubelten Charles entgegen, als er über die Ziellinie raste. Ich lachte vor Freude auf und fiel Ayla in die Arme. „Wow!" schrie ich mit ihr synchron und kriegte meine Mundwinkel nicht mehr unter Kontrolle. So breit hatte ich lang nicht mehr gelächelt. Durch mein Herz pumpte heißes Blut und verteilte Wärme in meinem ganzen Körper. Charles gleich auf dem Podium zu sehen, machte mich unsagbar stolz.

Es vergingen ca. 10 Minuten, bis Charles aus dem Cool Down Room kam und von da aus direkt auf das Podium ging. Die Menge jubelte und ich sah, wie Charles seinen Blick durch die Menge streifen ließ. Als sich unsere Augen trafen, fing er an zu lächeln. Ich lächelte zurück, überflutet von den positiven Gefühlen in meinem Körper. Ich, die mit Ayla inmitten den ganzen Ferrari Mitarbeitern stand, wurde beinahe übertrumpft von den ganzen Männern. Ich bin nämlich leider etwas kleiner als sie alle.

Auch Sebastian Vettel auf Platz zwei und Lewis Hamilton auf Platz 1 betraten gleich darauf das Podium und winkten den Fans und ihren Teams entgegen. Zuerst wurde Charles sein Pokal überreicht und danach den anderen Fahrern. Alle schwiegen, als die britische Hymne ertönte und die obigen Jungs nahmen aus Respekt ihre Caps von ihrem Kopf. Kaum war die Musik erloschen, schnappten sie die Champagnerflaschen und eröffneten die Party. Während sie immer wieder sich gegenseitig bespritzten, erlaubten sie sich auch den Spaß auf ihre Teams zu gießen. Ich schmeckte den sprudligen Alkohol auf meinen Lippen und verspürte ein altes Gefühl. Champagner habe ich sehr lang nicht mehr getrunken. Zuletzt bei meiner Abschlussfeier vor zwei Jahren. Wow, wann ist so viel Zeit vergangen?

Melody of death | Charles Leclerc FFWhere stories live. Discover now