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„Dein Vater wäre stolz auf dich.", murmelte ich an Charles' Ohr, als ich am gleichen Abend neben ihm im Bett lag. Er zog mich noch dichter an sich und gab mir einen Kuss. „Danke. Ich wünschte er wäre hier", nuschelte er niedergeschlagen. „Ich weiß", seufzte ich. Er hat den Menschen verloren, der ihn großgezogen hat. Der ihn in den Rennsport gebracht hat. Den Menschen, den er jetzt und in so vielen anderen Situationen an seiner Seite gebraucht hätte. Ich wollte mir gar nicht ausmalen wie es ist, einen Vater zu verlieren. Es reichte mir schon, dass meine Geschwister seit einiger Zeit tausende Kilometer von mir entfernt wohnen.

Am folgenden Mittag flogen Charles und ich gemeinsam mit Sam, Linnea und Benjamin wieder nach Monaco. Bevor wir uns nach der Landung in Taxis aufteilten, verabschiedete ich mich von meinen Geschwistern. Sie würden noch heute wieder nach Zürich fliegen und von da aus in ihre aktuellen Wohnorte in den USA. Mir war klar, dass bis zu unserem nächsten Treffen einige Zeit vergehen wird. Das Wissen darüber machte es allerdings kein Stück leichter. Es könnten einige Wochen oder mehrere Monate sein, in denen ich sie nicht treffen würde. So genau kann man das nie sagen und genau das lässt mir jedes Mal aufs Neue, wenn wir uns verabschieden müssen, fast Tränen in die Augen steigen.

Mit Sam fuhren Charles und ich nach Monte Carlo und die beiden setzten mich netterweise bei mir zuhause ab. Mein Freund drückte mir einen liebevollen Kuss auf die Lippen und verabschiedete sich auf morgen Nachmittag. Meinen Koffer hinter mir herziehend lief ich die letzten Meter zur Haustür und schloss diese auf. Meine Wohnung, in die ich kurze Zeit später eintrat, roch vertraut und war gleichzeitig gespenstisch ruhig. Für ein paar Augenblicke blieb ich nur im Wohnzimmer stehen und sah aus dem Fenster. In meinem Kopf spielte sich das ganze vergangene Renn-Wochenende nochmal ab und all die positiven Empfindungen verteilten Frieden in meinem Gemüt.

Eine Woche später
Auf zufriedenen Sohlen stattete ich am Montagmorgen meinem Arbeitsplatz einen Besuch ab. Als ich bemerkte, dass die Tür offen war, runzelte ich irritiert die Stirn. War ich heute ausnahmsweise nicht die Erste? Misstrauisch und leise setzte ich meine Füße über die Schwelle und sah mich in dem Restaurant um. Aus dem Mitarbeiterbereich hörte ich ein Knistern wie von einer Tüte. Ich schnappte mir einen Pfefferstreuer eines Tischs und schlich hinter den Tresen. Das Herz in meiner Brust pumpte so laut, dass ich hoffte es würde mich nicht verraten. Kurz vor der Tür, die im Übrigen nur angelehnt war, hielt ich inne und horchte auf. Das Ding in meinen Händen hielt ich fest umklammert. Dann nahm ich meinen Mut zusammen und atmete tief ein. Ich machte einen Satz nach vorne und kickte die Tür dabei vollends auf. Sie krachte gegen irgendwas, dass es einen Schlag tat und eine Person, die auf dem Boden kniete, zuckte erschrocken zusammen. Völlig entrüstet fuhr sie herum und starrte in mein verkrampftes Gesicht. Mir blieb der Mund offenstehen, als ich erkannte, wer da vor mir saß und heimlich Elmo fütterte.
„Marlow?", kam es mir überrascht von den Lippen. Mit ihm hatte ich am wenigsten gerechnet.
„Oh Gott Sally. Hattest du vor mich mit diesem Ding", er deutete auf den Pfefferstreuer in meinen Händen, „zu erschlagen?", verwirrt aber dennoch grinsend erhob er sich. Ich machte ein paar schnelle Schritte auf ihn zu und schloss ihn wortlos in meine Arme. Wenn mir jemand von meinen Kollegen bei der Arbeit ans Herz gewachsen ist, ist er das.
„Ich habe dich auch vermisst.", murmelte er theatralisch und drückte mich fest an sich. „Aber hey, dass ich Elmo ein paar Leckerchen gegeben habe, bleibt unter uns okay?", flehend deutete Marlow auf unseren Haushund, der schwanzwedelnd auf seinem Platz lag. „Bitte?", fügte er zerknirscht hinzu.
„Ja, kein Ding. Was hast du ihm überhaupt gegeben?", fragte ich und versuchte die Schrift auf der Packung in seinen Händen zu erkennen.
„Ist aus Portugal. Da waren wir in den Flitterwochen. Die scheinen echt gutes Fleisch herzustellen. So wie der Racker da die gerade verputzt hat..." jetzt kniete er sich wieder zu dem Fellknäuel und kraulte ihn. Ich tat es ihm gleich. Elmo leckte über meine Hand. Erschrocken musste ich feststellen, wie dünn er geworden ist und dass sein Gesicht viel eingefallener wirkt als noch vor zwei Wochen. Er war die ganze letzte Woche nicht da, da seine Besitzerin es für besser gehalten hatte, ihn zuhause zu lassen. Warum hatte sie nicht gesagt.
„Oh Gott Elmo.", stammelte ich und blickte in die unschuldigen Augen des alten Hundes. „Was ist los mit dir?"
„Bin ich froh, dass ich nicht der Einzige bin, dem auffällt, wie schlecht es ihm geht.", Marlow blies erleichtert die Luft aus und streichelte Elmos Kopf ebenfalls besorgt. In meinen Kopf kamen derweil Bilder von meinem früheren Hund auf. Spoon. Ich erinnerte mich daran, wie ich mich in seinen letzten Wochen immer zu ihm gelegt hatte und einfach nur stundenlang gestreichelt hatte. Ich hatte gespürt, dass ihm das hilft. Er schien weniger Schmerzen zu haben und entspannte sich jedes Mal, als würde er vergessen, dass er schwerkrank ist. Jetzt wenn ich Elmo hier sehe, so schwach und eingefallen, fühle ich Angst. Angst auch ihn bald zu verlieren.

Um zwölf Uhr spazierte Charles lächelnd durch den Türrahmen und winkte mir freudig zu. Ich warf ihm einen strahlenden Blick zu und erklärte Marlow, dass ich gehen würde. Meine Schicht endet montags immerhin fast immer um zwölf.
„Ja, geh ruhig. Und viel Spaß." er zwinkerte mir wissend zu, doch ich verdrehte nur grinsend die Augen. Ich schnappte mir aus dem Mitarbeiterbereich meine Sachen und eilte schließlich zu Charles, welcher mich warmherzig in seinen Arm nahm. „Hey Chérie." Mit einer Hand um meine Schulter spazierten wir nebeneinander an der Promenade entlang. Obwohl wir oft nicht reden, wenn wir gemeinsam Zeit verbringen, kam ich gänzlich zur Ruhe. Doch als mein Handy begann zu klingeln, platzte diese Blase der Entspannung. Ich seufzte genervt auf und war im Inbegriff den Anruf wissend zu ignorieren, als Charles stehen blieb und zu meinem vibrierenden Handy nickte. „Geh ruhig ran."
Wenig amüsiert darüber, mahlte ich meinen Ober- und Unterkiefer aufeinander. Als Charles seine Brauen abwartend hochzog, seufzte ich schließlich und holte den Störenfried heraus. Auf dem Bildschirm stand der Name von Elmos Besitzerin Janett. Überrascht von ihrem Anruf hob ich das Handy an mein Ohr und sprach in den Hörer. „Hallo?"
„Ah, hallo Célina. Ich hoffe ich störe nicht?", fragte die ältere Frau an der anderen Leitung. Ich warf einen Blick zu Charles und hätte am liebsten gesagt 'oh doch das tun Sie', doch Charles lächelte mir zuversichtlich zu, sodass ich schlussendlich freundlich blieb.
„Nein, alles gut. Um was gehts?"
„Ich habe gestern mit deinem Chef geredet und ihm gesagt, dass ich Elmo in ein Tierheim bringen möchte. Ihm geht es sehr schlecht, aber für die Tierarztkosten kann ich nicht mehr aufkommen.", teilte sie mir mit und ich konnte ihren Worten kam Glauben schenken. Niedergeschlagen senkte ich den Blick Richtung Boden.
„Das tut mir leid. Aber welche Rolle spiele ich da?", hakte ich etwas verwirrt nach.
„Dein Chef hält nichts davon ihn in ein Tierheim zu stecken. Er hat stattdessen vorgeschlagen dich mal anzurufen, da du wohl einen guten Draht zu Elmo hast.", räumte sie ein. Meine Gedanken schweiften ab. Ich sollte mich um Elmo kümmern? Mir war klar, dass ich nicht jeden Tag zu vielen Uhrzeiten zu Janett nachhause fahren kann, um ihn zu pflegen. Wenn ich mich um ihn kümmern soll, werde ich ihn zu mir nachhause holen.
„Ich adoptiere ihn. Natürlich nur, wenn Sie damit einverstanden sind.", beschloss ich also, wobei Charles mich völlig verwirrt anschaute.
„Célina das...vielen Dank. Ich bin mir sicher, dass es ihm bei dir gutgehen wird. Finanziell werde ich dir im Übrigen unter die Arme greifen und dir monatlich eine Summe Geld, die du festlegen kannst, zusenden.", in ihrer Stimme lag etwas Trauer und gleichzeitig versteckte Erleichterung. Wie ich sie kenne, hat sie bestimmt sowieso gehofft ihren Hund irgendwann loszuwerden.
„Für mich ist das eine Ehre. Ich werde mich gut um ihn kümmern.", versicherte ich ihr selbstvertraut. „Und wegen dem Geld: Aufgrund dessen, dass Elmo regelmäßig tierärztliche Untersuchungen durchlaufen muss, rechne ich mal mit mindestens 600€.", schob ich noch hinterher.
„Das Geld bekommst du. Wann soll ich ihn denn zu dir bringen?", fragte die Frau und wirkte voller Tatendrang, als könnte es ihr nicht schnell genug gehen. Im Hinterkopf fragte ich mich, warum sie mir so einfach 600€ geben kann, wenn sie doch sagt, dass sie nicht mehr genug Geld hatte. Aber wahrscheinlich wollte sie Elmo einfach nicht mehr haben. Je älter ein Hund wird, desto zeitaufwendiger ist er. Aber so ist das eben. Das ist der Lauf des Lebens.
„Ich gehe noch heute einkaufen und räume meine Wohnung auf. Passt Mittwoch für Sie?", schlug ich vor und wartete auf ihre Antwort.
„Ja natürlich. Vielen Dank dir nochmal."
„Kein Problem. Auf Wiedersehen." ich legte auf und pustete angestrengt die Luft aus. Ein breites Lächeln konnte ich jedoch nicht unterdrücken.
„Eine Erklärung bitte?", forderte Charles neugierig und legte wieder seinen Arm um mich, um weiterzugehen. Ich erzählte ihm, was passiert ist und wie es jetzt weitergehen würde. Er war zwar erstaunt, doch konnte es kaum erwarten, Elmo bei mir zuhause zu sehen. Er liebte Hunde mindestens genauso viel wie ich.
„Passt perfekt. Da drüben ist ein Animal-Shop. Da kriegst du alles für deinen zukünftigen Mitbewohner." Wir überquerten die Straße und betraten den Laden, den Charles gemeint hatte. Lange Regale bestückt mit Futter, Spielzeugen oder Hundebetten reihten sich aneinander. Ich schnappte mir einen Korb und begann loszulaufen. Charles half bei der Auswahl eines Bettes für Elmo und bestand darauf den Korb zu tragen. Neben dem Plätzchen kaufte ich auch noch einige Dinge für Elmo's Pflege und wichtige Ergänzungsmittel, die er in seinem Alter braucht. Nach dem Einkaufen schickte ich meine Kontodaten und die Rechnung an Elmo's Besitzerin und begann mit Charles' Hilfe meine Wohnung aufzuräumen. In kurzer Zeit verwandelte sie sich in ein tiergerechtes Zuhause.

Melody of death | Charles Leclerc FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt