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C H A R L E S

Die Sonne brannte heiß und ohne Gnade auf uns herab. Das Meer glänzte im schönsten Blau und außer einigen Möwen, die sich um Fische stritten, war kaum etwas zu hören. Um die Nachmittagszeit ist es hier immer am besten. Zumindest im Sommer.

Mein Blick fiel auf Célina. Sie lag auf dem Bauch und hatte ihren Kopf vor sich auf ihren Armen abgelegt. Ihr Blick deutete zwar in meine Richtung, doch ihre Augen waren geschlossen. Sie atmete ruhig und gleichmäßig. In meinem Bauch breitete sich ein wohliges Gefühl aus, als ich sie da so liegen sah. So friedlich. So hatte ich sie noch nie gesehen. Nachdem sie mir heute Morgen so zerknirscht und aufgelöst vorkam, dachte ich, dass der Tag kaum noch so enden könnte. Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass sie so frei ist wie noch nie. Sie hat sich mir heute voll präsentiert, mir ihren Körper ohne jegliches Schutzschild offengelegt. Anfangs, wo ich sie auf der Brücke fand, sah ich noch so viel Angst und Kälte in ihren Augen, weil sie mich lieber wegstoßen wollte. Jetzt ist da etwas anderes. Vertrauen.

Ich betrachtete ihren nackten Körper. Ihr braunes Haar lag in langen Wellen auf ihrem  Rücken. Einige Strähnen hingen ihr ins Gesicht, aber das schien sie nicht zu stören. Ich legte meine Hand sanft auf ihr Schulterblatt und begann sie zu massieren. Sie öffnete eins ihrer Augen und grinste mich mit der Sonne im Gesicht an, was auch mich dazu veranlasste zu lächeln. „Was ist?", fragte sie nach einer Weile.
Ich hielt inne, blickte für ein paar Momente nur stumm an ihr vorbei. Ich musste die richtigen Worte suchen. Ich wollte das nicht falsch anfangen, brauchte aber eine Antwort.

„Ich kenne dich inzwischen schon sehr gut. Und ich spüre, dass es dir gerade sehr gut geht und das freut mich. Aber ich merke auch, dass es dir häufig nicht gut geht. Einer solcher Momente war heute Morgen.", ich machte eine Pause und sah ihr kurz ins Gesicht, „Wenn gestern etwas passiert ist, kannst du mir das erzählen.", mein Blick traf nun tief in ihre Augen und ich kam mir auf einmal ziemlich doof vor. Hätte ich das vielleicht wann anders ansprechen sollen?
Célina schwieg. Sehr lange. Aber ich sagte auch nichts, sie sollte selbst überlegen, ob sie mit mir reden will oder nicht. Aber innerlich bettelte ich sie an, dass sie mir auch das an ihr erklärt und nicht nur auf körperlicher Ebene offen mit mir ist. Ich will auch ihre verletzliche Seite verstehen lernen. Ich habe nie von ihr verlangt mir zu erzählen, warum sie sich das Leben nehmen wollte. Ich hielt es für besser das Thema gar nicht anzusprechen, sondern einfach bedingungslos für sie da zu sein. Und ich habe auch den Eindruck, es hat ihr geholfen. Aber wenn wir eine Beziehung führen wollten, müssen wir ehrlich zueinander sein.

„Charles?", ich nickte, „Du hast recht, mir geht es heute so gut wie seit Jahren nicht mehr. Und genau deswegen will ich heute nicht über gestern reden, denn wir leben jetzt und jetzt bin ich glücklich," , sie schluckte und wandte ihren Blick kurz zum Meer, als wollte sie es nach Rat fragen, „Ich verspreche dir, das irgendwann zu erzählen, aber heute nicht."

Ich nickte und suchte nach Worten, die jetzt am besten passen. Dabei setzte ich die Massage auf ihrem Rücken fort. „Alles zu seiner Zeit.", murmelte ich und wiederholte den Satz danach mehrmals in meinem Kopf. Alles zu seiner Zeit. Alles zu seiner Zeit.

Es wurde bereits dunkel als ich den Anker einholte und zu Célina ins Cockpit stieg. Hinter mir zog ich die Türe zu und trat dann zur Steuerung. Célina saß auf einem der Sitze und hatte die Decke um sich, die ich ihr zuvor gegeben hatte. Obwohl ich ihr beim Starten des Motors nicht direkt in die Augen schauen konnte, sah ich in der Scheibe die Spiegelung ihres Gesichts. Ich musste lächeln. Sie tat mir wirklich gut.

Ich lenkte die Yacht in Richtung des Hafens, an dem sie ihren Anlegeplatz hat. Das Meer war zu der Zeit ruhig. Célina und ich redeten beide nicht, aber es herrschte auch keine unangenehme Stille zwischen uns. Jeder von uns beiden hing seinen eigenen Gedanken nach und das war okay so.

Célina ist nicht meine erste Freundin. Oh mein Gott. Ich weiß nicht mal, ob sie überhaupt meine Freundin ist. Aber ich habe zuvor noch nie eine junge Frau so nah in mein Leben gelassen. Meine vorigen Beziehungen dauerten meistens nur höchstens sechs Monate. Nein, ich bin kein Fuckboy oder ähnliches. Ich bin nur wie ein über Bord geworfener Seemann gewesen, der nach Liebe suchte, um gerettet zu werden. Weil ich in der Vergangenheit den Menschen verloren habe, der mir beigebracht hat, was ein Papa ist, der mich mit zweieinhalb Jahren zum ersten Grand Prix mitnahm und mich in jungen Jahren bei meinen Kart-Rennen angefeuert hat. Aber bei Célina suche ich nicht nach Rettung. Sie -oder ich- hat den Spieß umgedreht. Jetzt rette ich sie. Ich kann zwar nicht benennen vor was ich sie rette, aber ich tu es, das weiß ich. Und ich vertraue ihr und lasse sie an meinem Leben teilhaben.

Arme, die sich von hinten fest umschlossen, ließen mich aufmerksam werden. Ich sah an meinen Bauch, auf dem zwei kleine Hände lagen. Eine meiner Hände ließ ich auf dem Steuer liegen, die andere wanderte auf die beiden Hände und legte sich wie ein Siegel auf einem Brief auf sie nieder. An meinem Rücken spürte ich jetzt Célinas Kopf, wie er sich daran anlehnte, weil sie zu klein ist, um ihn auf meiner Schulter abzulegen. Ich spürte ihre Atmung durch mein Shirt und mit jedem Atemzug, verschmolzen unsere Herzschläge ineinander. Sie schlugen im selben Takt. Wir atmeten zur gleichen Zeit ein und aus.

Ma Chérie,", ich spürte ihr Kinn in meiner Haut als sie aufschaute, „Danke.", murmelte ich. Sie sagte für einen kurzen Moment nichts. „Hm? Für was?", kam es leise von ihr, es war beinahe ein Flüstern. Ich schwieg kurz. „Dass du da bist.", ich sprach fast so leise wie sie zuvor und lächelte dabei. Kurz darauf spürte ich ein Kneifen in meinem Rücken, als ob sie mich mit ihren Zähnen gezwickt hätte. „Hey, sag mal.", gespielt entsetzt drehte ich mich um und sah Célina ins Gesicht. Sie grinste verlegen. Bevor sie nochmal auf die Idee kam, mich zu beißen, umschlang ich sie einfach mit meinen Armen und drückte sie fest an mich. Ihr Kopf lag auf meiner Brust und ich hörte ihr zufriedenes Seufzen.

Melody of death | Charles Leclerc FFWhere stories live. Discover now