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Als Charles und ich um viertel vor sechs die Klinik hinter uns ließen -jedoch ohne Elmo im Kofferraum, da er zur Beobachtung dortbehalten wurde- blickte ich erschöpft aus dem Fenster. Einige Autos füllten bereits die Straßen Monte Carlos und ein paar wenige Leute hasteten in Arbeitskleidung den Gehweg entlang. Bei dem Gedanken daran in etwas mehr als zwei Stunden bei der Arbeit sein zu müssen, verdrehte ich die Augen. Wenigstens würde ich heute mit Marlow arbeiten, der mir definitiv weniger auf die Nerven ging, als es Clodine oft tut.

„Soll ich mit zu dir kommen?", fragte Charles, als er auf den Parkplatz vor meinem Haus fuhr. „Geh ruhig nachhause schlafen.", murmelte ich. Er hatte heute wirklich genug für mich getan. „Ich kann ja auch bei dir schlafen und dich nachher zur Arbeit fahren -voraussichtlich du wirst da heute wirklich hingehen.", bei den Worten wandte er seinen Blick abwartend zu mir, als würde er hoffen, dass ich verneine. Doch die Arbeit war eine Sache, die ich in letzter Zeit, zumindest samstags, vernachlässigt hatte. Und sie würde mich von meinen Problemen ablenken.

„Ich kann auch selbst fahren. Du hast schon deine halbe Nacht für mich geopfert...", erklärte ich nachdenklich. „Deine Arbeit liegt auf dem Weg zu mir nachhause. Schon vergessen?", er grinste und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel, als er den Motor abstellte.
Ich schmunzelte müde. „In Ordnung. Komm mit rein, wenn du willst. Aber mach das nicht für mich, sondern weil du es wirklich willst.", ich schaute ihn mahnend an. Er verdrehte wie selbstverständlich die Augen, „Natürlich will ich das.", grinsend küsste er mich auf die Lippen und stieg kurze Zeit später aus.

Zur Mittagspause hatten es sich Marlow und ich auf der Terrasse der Gastronomie, in der wir arbeiten, gemütlich gemacht. Vorher hatte er ohne meine Aufforderung zwei Brötchen geschmiert und mit Käse- und Gurkenscheiben belegt. „Bitteschön, Madame.", er schob den Teller und eine Tasse Kaffee zu mir rüber und setzte sich währenddessen mir gegenüber auf den Stuhl. „Danke dir.", ich nahm einen Schluck des warmen Getränkes, obwohl es irgendwie gar nicht zu der sommerlichen Stimmung der über uns glühenden Julisonne passte.

„Also, dann erzähl mal.  Dadurch, dass du die letzten Samstage so gut wie nie gearbeitet hast, vermute ich, dass sich etwas in deinem Leben verändert hat. Ist da etwa jemand?", er grinste mir anmaßend zu und beobachtete, wie ich ertappt nach Worten suchte, die mein Leben der letzten zwei Monate beschreiben könnten. Es ist so viel passiert. So viel, was mich und mein Leben tatsächlich verändert hat. Die passenden Worte für all das zu finden, ist jedoch ziemlich schwierig.

„Okay ja, was soll ich sagen, du hast es erfasst. Es ist tatsächlich jemand in meinem Leben. Tatsächlich bist du aber einer der Ersten oder quasi der Erste, dem ich davon berichte.", ich biss von meinem Brötchen ab. Im Augenwinkel sah ich, wie Marlow große Augen machte und sich nach vorne lehnte, als könne er mir so besser zuhören. „Schaust du Formel 1?", fragte ich ihn, was er mit gerunzelter Stirn kommentierte. „Wieso jetzt ein Themenwechsel?", er legte verständnislos den Kopf schief, „Aber ja, ab und an. Aber was hat das mit deinem Liebesleben zu tun?", die Verwirrung war ihm wie ein Muster ins Gesicht gemalt. „Okay, also kennst du sicher auch Charles Leclerc...", spielte ich grinsend an. Den Rest sollte er sich selbst erschließen. „Sag bloß er ist der Glückliche.", er schlug begeistert und erstaunt die Hand vor den Mund, „Okay, das ist krass!", fügte er hinzu, als ich nickte. „Und wie ist das, seid ihr zusammen?", ich trank einen Schluck meines Kaffees, bevor ich antwortete. Ich wusste nicht, ob das Koffein oder die Tatsache, dass ich über Charles redete, der Grund dafür war, dass mein Herz schneller schlug.

„Ja, seit ein paar Wochen, oder sind es sogar Monate? Er ist wirklich ein guter Mensch und wir kommen super miteinander klar. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so jemand finden würde...", ich rührte verträumt in meiner Tasse.
„Kaum zu glauben.", noch immer aus dem Häuschen nahm Marlow einen Schluck Kaffee. „Das heißt dein Leben ist jetzt voll mit Grand Prix's und teuren Trips?", ich verschluckte mich fast als er den letzten Teil des Satzes aussprach.
„Schätzt du mich echt so ein, dass ich ihn für sein Geld ausbeute?", fragte ich fassungslos, doch als er losprustete, verdrehte ich die Augen. „Spinner.", ich trat ihn unterm Tisch mit meinem Fuß gegen sein Schienbein. „Du hättest deinen Blick sehen sollen.", belustigt deutete er auf mich. „Gott ist das geil gewesen.", vor Lachen hielt er sich den Bauch und musste sich eine Freudenträne wegwischen.

„Okay, genug gelacht.", verkündete ich kopfschüttelnd. Zwar hatte er mich mit seinem Lachen angesteckt, doch dass er mich eigentlich auslachte, kratzte etwas an meinem Ego.

Bald kriegte er sich tatsächlich wieder ein und konzentrierte sich wieder auf etwas ernstere Themen. „Wie gehts eigentlich Elmo. Gefällt es ihm bei dir zuhause besser als hier oder warum ist er nicht hier?", meine Brust verengte sich schmerzlich. Nein, er wäre sicher gerne hier. Lieber zumindest als in der Tierklinik. Als Marlow meinen abrupt ernst gewordenen Blick wahrnahm, griff er nach meiner auf dem Tisch liegenden Hand. „Célina? Ist was passiert?", ihm war das Strahlen gleichermaßen vergangen, wie mir. „Er liegt in einer Tierklinik in Monte Carlo. Vergangene Nacht haben Charles und ich ihn zu dorthin gebracht. Ihm ging es gar nicht gut.", erzählte ich knapp. Ich spürte einen schmerzlichen Kloß in meinem Hals. Meine Brust wiegte plötzlich schwer.

„Oh Gott. Wissen die Ärzte schon, was er hat?", anhand dessen, wie besorgt Marlow klang, wurde mir nur noch einmal bewusst, wie viel Elmo den Menschen bei der Arbeit bedeutete.

„Die Vermutung eines Tumors steht im Raum, aber um die Gewissheit zu haben, müssen wir auf die Blutergebnisse warten.", berichtete ich bedrückt. „Das ist ja schrecklich.", kummervoll fuhr sich der Brite übers Gesicht.

„Ich werde später sofort Janett anrufen. Ich will wissen, ob sie etwas davon wusste. Immerhin war Elmo in letzter Zeit öfter beim Tierarzt, aber nie mit einer Erklärung.", ich schob den Teller mit meinem Mittagessen von mir weg. Nach Essen war mir jetzt nicht mehr. „Jetzt verstehe ich auch warum du heute früh so müde aussahst.", murmelte mein Kollege und Freund zugleich und biss von seinem Brötchen ab. „Hab echt versucht das mit Concealer zu fixen.", enttäuscht rieb ich meine Augen. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass MakeUp meine enorme Müdigkeit nicht gänzlich überdecken könnte.

„Ist nicht schlimm. Ich hatte auch schon scheiß Tage.", er winkte ab. Ich nickte, als ich mich in seine After-Party-Morgen erinnerte. 

Als ich mich abends nach meiner Arbeit mit Janett telefonisch in Verbindung gesetzt hatte, offenbarte sie mir nach viel Hin und Her, dass sie tatsächlich von Problemen mit Elmo's Bauch wusste. Allerdings hatte sie Blutproben aufgrund der zusätzlichen Kosten abgelehnt gehabt.
Erst als ich aufgelegt hatte, seufzte ich wütend. Bis dahin, musste ich mich beherrschen. Wie konnte sie die Gesundheit ihres Hundes nur so in den Hintergrund der Wichtigkeit stellen?

Anstatt nachhause zu fahren, machte ich schließlich auch noch einen Abstecher nach Monte Carlo, wo die Klinik lag. Elmo wedelte freudig, aber doch müde mit der Rute, als er mich erblickte. Ich streckte meine Hand durch die Stahlstäbe hindurch und berührte den Kopf des alten Hundes. Er streckte ihn mir bei der Berührung noch mehr entgegen, da er zu schwach war, um aufzustehen. „Wie gehts dir?", flüsterte ich den Tränen nahe. „Ich hasse es dich so zu sehen, weißt du das?", nachdenklich fuhr ich Kreisel über das Fell. Als hätte er mich verstanden, schaute er mich mit seinen entschuldigenden Augen an. „Du kannst nichts dafür..." Ich sah zu seiner Pfote, wo ein Verband haftete. An der Stelle wurde ihm wahrscheinlich das Blut entnommen. „Es tut mir so leid.", hauchte ich, den Tränen nahe. Ihn so zu sehen brachte mein Herz dazu, sich schmerzhaft zusammenzuziehen.

Melody of death | Charles Leclerc FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt