twenty-four ఌ

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Gähnend knallte ich meine Autotür zu und schloss danach ab. Ich war heute Morgen nur schwer aus dem Bett gekommen, habe es jedoch trotzdem geschafft 20 Minuten früher hier anzukommen, um noch einen Spaziergang mit Elmo zu unternehmen.

Ich steckte den Schlüssel für das Restaurant ins Schloss und drehte bis es klick machte. Als ich die Tür öffnete, kam mir ein Schwall Wärme entgegen. Die Luft war stickig. Hat Elmo's Besitzerin noch nicht die Fenster geöffnet?
Ich trat in den Mitarbeiterbereich und sah den großen schwarzen Fellknäuel auf seinem Plätzchen liegen. Er wedelte mit dem Schwanz, als er mich sah, war aber zu faul, um aufzustehen. Deshalb kniete ich mich zu ihm runter und streichelte ihn am Bauch. Genießerisch legte er seinen Kopf in den Nacken und seine Lefzen hingen nach unten, sodass seine Zähne zu sehen waren. Nach ein paar Momenten klatschte ich in die Hände und sprang auf. Elmo blickte mich verkorkst an. Aber als ich zur Leine griff und ein paar Leckerlis aus einer Box holte, sprang auch er auf und lief mir hinterher. Wir ließen das Restaurant hinter uns und ich gab ihm die Freigabe, loszurennen. Das ließ er sich nicht zweimal sagen und preschte Richtung Meer, wo ein paar Möwen die Überreste einiger Muscheln aufpickten. Aber sie flogen fort als mein wildgewordenes Biest aus die zu jagte. Ich musste lachen, das sah einfach unbezahlbar lustig aus.
Ich rief Elmo zurück und übte ein paar Kunststücke, die ich ihm mal beigebracht hatte. Das, was er am liebsten macht, ist Tunnel. Da kommt er von hinten unter meinen Beinen durch und bleibt dann drunter stehen. Danach kriegt er meistens ein Leckerli oder ich werfe es ihm und er muss es suchen gehen. Vielleicht liebt er dieses Suchspiel sogar noch ein bisschen mehr als Tunnel.
Die zwanzig Minuten waren vorbei und Elmo hatte sich zurück beim Restaurant auf dessen Terrasse in der Sonne niedergelassen, während ich die Fenster stoßlüftete und die Stühle von den Tischen räumte. Dann wischte ich alle Tische ab, stellte Blumen und Zucker darauf und sah anschließend auf der Terrasse nach dem Rechten. Elmo leinte ich draußen an eine Schleppleine, damit er zwar in der Sonne bleiben, aber eben nicht zu nah zu den Gästen laufen konnte. Dann stellte ich noch zwei Wassernäpfe draußen auf, einen für Elmo und einen für andere tierische Besucher. Nachdem auch die Menükarten bereitgelegt waren, war meine Arbeit vorerst erledigt. Von jetzt an wartete ich nur noch auf meine Kollegen und natürlich die Gäste. Ich warf einen neugierigen Blick in das Reservierungsbuch. Für heute Vormittag gab es nur zwei Reservierungen. Die meisten Leute kommen morgens ohne Reservierung, weil es da nicht so voll ist wie abends. Abends jedoch kriegt man hier kaum einen Platz ohne eine. Ich klappte das Buch wieder zu, als ich hörte, dass die Tür aufging. Es war Julien, einer von der Bäckerei, der uns morgens die frischen Backwaren liefert. Er kündigte sich nur kurz an und brachte das Essen dann über die Hintertür in die Küche. Kurz darauf kam Layla, unsere Konditorin, die Torten und Kuchen immer zuhause in ihrer eigenen Konditorei vorbackt und die wir dann hier verkaufen. Ich begrüßte sie mit einem Handschlag und half ihr mit den Kartons, in denen die Torten drin waren. Wir schnitten sie nacheinander in Stücke und stellten sie bei der Bäckerabteilung des Lokals hinter die Glasscheibe. Layla stellte sich hinter den Tresen und fuhr ihre Kasse hoch. Bis um zwölf Uhr, also bis zum Ende der Cafézeit, wird sie die Kasse bedienen und die Backwaren verkaufen. Clodine und ich sollten uns um die Gäste kümmern und ihnen ihre Bestellungen bringen, aber wie erwartet tauchte Clodine wieder mal nicht pünktlich auf.

Eine alte Dame mit grauen Haaren und Gehstock war die Erste, die das Café betrat. Ganz gemächlich näherte sie sich dem Tresen und winkte dann freudig, als sie Layla und mich erblickte. Ich lächelte ihr warmherzig entgegen und fragte sie, was sie haben möchte. Sie ließ ihren Blick über die verschiedenen Waren streifen und blieb an einer Sache hängen. Es war die Kirschtorte, Layla's ältestes und beliebtestes Rezept. Während Layla die Bestellung der Seniorin aufnahm, fragte ich sie, ob sie sich hinsetzen wolle. Sie nickte und ich gab ihr einen Platz draußen in der Sonne. Während sie sich setzte, ging ich los, um ihr Tortenstück zu holen. Auch ein gewolltes Glas Wasser brachte ich ihr und wünschte ihr einen schönen Aufenthalt. Bevor ich jedoch gehen konnte, hielt sie mich auf. „Warte doch Kindchen.", ihre raue Stimme hatte nun etwas Zärtliches an sich. Ich blieb stehen und wandte mich wieder an sie. „Brauchen Sie noch etwas?" , fragte ich die Dame, doch sie schüttelte nur ruhig den Kopf. Etwas verwirrt wartete ich, dass sie irgendetwas sagen wird. Doch sie schwieg für eine Weile und starrte nur Richtung Meer. Die Wellen schlugen heute zahm an den Strand und es war kaum eine Wolke am Himmel. „Setz dich doch.", bot die Frau plötzlich mit einem Strahlen im Gesicht an. Ihre Falten im Gesicht ließen sie müde wirken. Müde vom Leben. Und doch sah man ihr an, wie zufrieden sie gerade war. Ich setzte mich ihr gegenüber auf den Stuhl und legte meine Hand auf den Tisch. Nur eine Sekunde später spürte ich, wie sie ihre darauflegte und meine Hand etwas drückte. Es schien mir, als bräuchte sie diesen Halt, also hielt ich sie fest.

„Weißt du, ich glaube wir Menschen machen uns viel zu viel Stress, dass wir nicht genug sind für das, was von uns erwartet wird.", sie sprach ruhig und machte immer wieder eine kleine Pause, „Wir wollen gut aussehen, gute Leistung bringen und erfolgreich sein. Aber am Ende des Lebens, bringt es einem doch nichts zurückzuschauen und zu sehen, wieviel Stress man sich selbst gemacht hat. Ich bin nun alt und schrumpelig, habe mich aber immer um mein Äußeres gekümmert. Und trotzdem bin ich nicht mehr so hübsch wie früher einmal.", sie seufzte angestrengt, „Mein Kindchen, bitte stress dich nicht zu sehr. Ich wünschte, mir hätte mal jemand die Bremse gedrückt. Es wird alles gut, aber Dinge brauchen ihre Zeit. Wunden brauchen Zeit zum Heilen." , sie hörte auf zu reden und ich glaubte ein paar Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen. Ihre Rede hatte etwas in mir ausgelöst. So habe ich das Leben noch nie gesehen. Dass ich am Ende meines Lebens auf ein schönes und geliebtes Leben zurückschauen kann... darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Ich drückte die Hand der Seniorin fester und lächelte ihr aufmunternd zu. Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Tasche und tupfte sich ihre Augen. „Wir leben doch nur einmal.", fügte sie hinzu und es klang kläglich. Als würde sie mich darum anflehen mein Leben zu genießen. Sie hat das wahrscheinlich viel zu spät realisiert. Sie tat mir leid. Sie so traurig zu sehen brach mir das Herz. Will ich so enden? Mit Nichts in der Hand? Mit dem Wissen, dass ich meine wertvolle Lebenszeit verschwendet habe?
„Das stimmt.", jetzt war ich diejenige, die sich die Tränen zurückhalten musste. Ihre Worte hatten so viel Sinn und Wahrheit in sich und ich freute mich darüber, die Dinge mal aus anderen Augen, aus einer anderen Perspektive sehen zu können. Es machte einen großen Unterschied.
„Haben Sie noch ein schönes Leben. Sie können noch etwas daraus machen. Menschen wie mir helfen." , sagte sie zum Schluss. Jetzt gab ich ihr etwas Trost und drückte noch ein letztes Mal ihre Hand und machte mich dann wieder an die Arbeit. Für den Rest des Arbeitstages gingen mir ihre Worte nicht mehr aus dem Kopf.

Wir leben doch nur einmal.

Ja, wir leben nur einmal. Und Zeit ist kostbar. Und irgendwann wird ein anderes Leben für unseres auf die Erde kommen. Auch wenn jemand anderes seines dafür liegen lassen muss...

Melody of death | Charles Leclerc FFWhere stories live. Discover now