thirty-four ఌ

123 3 0
                                    

6 Tage später
„Und weißt du schon, wann Ben und Linn ankommen?", fragend wandte sich meine Mom mit einem Glas in der Hand an mich. Sie war gerade dabei die Spülmaschine auszuräumen.
„Beide treffen sich morgen in Zürich und fliegen dann irgendwann nach Monaco.", erwiderte ich und schenkte mir etwas in das Glas ein, was sie jetzt vor mir abstellte. „Bleiben sie in einem Hotel?", fragte Ma weiter und es brauchte kurz, bis ich antwortete, da meine Aufmerksamkeit auf dem Handy vor mir lag. Gerade fand der Grand Prix in Spanien statt, den ich wachsam übers Handy verfolgte. Eigentlich wäre ich gerne persönlich hingegangen, aber da ich schon letztes Wochenende nicht bei meinen Eltern war, hatten sie sich gewünscht, mich wenigstens diese Woche zu sehen, denn auch nächste würde ich nicht da sein, da ich Charles nach Österreich zum Rennen begleite.
„Äh, ja in diesem soleil rouge..." Charles überholte jetzt Lando und landete auf Platz 4. Es wurde seine OnBoard gezeigt, was verrückt aussah.
Ich sah im Augenwinkel, wie meine Mom neben mir stehen blieb und mit gerunzelter Stirn auf meinen Bildschirm guckte. „Sag mal, was guckst du da eigentlich?", fragte sie verwirrt. Ich hielt ihr das Handy unter die Nase und lächelte. „Formel 1."
Sie zog eine Augenbraue hoch und musterte mich, als würde ich ihr erzählen, dass ich ein Alien gesehen habe. „Formel 1?", ich nickte heftig und lehnte das Handy wieder an die Wasserflasche auf dem Tisch an. Lewis Hamilton und Max Verstappen führten gerade einen Zweikampf um die Spitze. „Seit wann interessierst du dich dafür?", hakte meine Mom verständnislos nach. Ich habe ihr noch nicht von Charles und mir erzählt, irgendwie kam ich noch nicht zu einem geeigneten Zeitpunkt. 
„Ähhh.", scheiße, was sage ich ihr jetzt? Sie weiß, dass Pascales Sohn Formel 1 fährt... „Ayla hat es mir empfohlen.", rettete ich mich gerade nochmal so.
„Und du bist dir sicher, dass das nichts mit dem Sohn meiner Freundin zu tun hat?", mein Blick schnellte zu ihr. Sie hatte ein verschmitztes Grinsen im Gesicht und ich spürte, dass ich rot wurde. „Nein natürlich nicht!", entgegnete ich harsch. „Ich war auch mal jung..."
„Ma!!", rief ich völlig empört aus. Aber ihr Grinsen entging mir nicht, während sie weiter die Spülmaschine ausräumte. Ich widmete mich wieder dem Rennen. Och ne. Ich seufzte enttäuscht. Jetzt hatte ich verpasst, wie Charles auf Platz 3 gestiegen ist.

Unmittelbar nachdem der Grand Prix geendet hat, schrieb ich Charles Glückwunsch und dass er anrufen soll, sobald er kann. Er ist auf P2 gelandet, da es vier Runden vor Ende einen Crash zwischen Valtteri Bottas und George Russell gegeben hat und er nach dem Safety-Car überholen konnte. Max wird sich sicherlich nicht gefreut haben, so kurz vor dem Ende noch auf den 3. Platz gekickt zu werden.
Nach der Siegerehrung sah ich auf meinem Handy, wie Lewis dagegen zu Charles ging und ihm anerkennend auf die Schulter klopfte. Auf beiden Gesichtern strahlte Freude, was mich lächeln ließ. Die beiden wechselten noch ein paar Worte zusammen und Charles gestikulierte wild in der Luft. Lewis nickte daraufhin heftig und lachte. Vielleicht redeten sie ja über das Überholmanöver von Charles gegenüber Max. Dieser wagte es nicht mal Charles eines Blickes zu würdigen und verschwand mit düsterem Gesichtsausdruck vom Podium. Innerlich musste ich etwas darüber lachen, dass er so ein schlechter Verlierer ist.
Ich verschwand in mein Zimmer, um auf Charles' Anruf zu warten. 5 Minuten, ich drehte Däumchen. 8 Minuten, ich zählte die Fransen an meinem Vorhang. 13 Minuten, ich wippte auf dem Bett sitzend mit meinen Füßen. 17 Minuten, ich lief ungeduldig im Zimmer auf und ab. 24 Minuten, ich presste wie gelähmt meinen Kopf in mein Kissen und regte mich keinen Zentimeter. Dann auf einmal, vibrierte neben mir die Matratze. Wie vom Blitz getroffen sprang ich auf und griff nach diesem. Ich wischte den grünen Hörer nach rechts und hob es an mein Ohr. „Charles! Endlich. Was für ein Rennen. Du hast es ihnen gezeigt. Und das mit Max....", sprudelte es aus mir heraus wie ein Wasserfall und ich musste aufpassen, dass sich die Worte in meinem Mund nicht überschlugen. Mein Herz schlug so schnell, aber wurde ruhiger als ich seine glückliche Stimme hörte.
„Danke Ma Chérie. Du hättest sehen sollen, wie der Typ geguckt hat, als ich anstelle von ihm auf dem 2. Podiumsplatz stand.", ich hörte das Schmunzeln in seiner Stimme.
„Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie dich das gepusht hat.", grinste ich.
„Oh ja. Und nicht nur mich. Lewis hat mir vorhin noch zu geflüstert, dass ich genau so weiter machen muss, um Max an seinen rechtmäßigen Platz zu gewöhnen.", erzählte Charles stolz, „Du glaubst gar nicht, wie es ist, sowas von Lewis, von DEM Lewis Hamilton zu hören.", fügte er noch beeindruckt hinzu. Lewis ist eine Legende, das habe ich im Internet gelesen. Er ist unglaublich viele Rennen gefahren, hat unzählige Pokale abgesandt und vor allem ist er ein sehr fairer Fahrer der sowohl im Team, als auch allein erfolgreich ist. Er setzt sich ständig für die ein, die nicht so eine laute Stimme haben wie er und geht mit allen respektvoll um. Deshalb konnte ich Charles' Gefühl nur zu gut nachvollziehen. 
„Ich bin dann morgen so schnell es geht da.", lenkte Charles auf ein Thema, was uns beide betraf. Wir haben besprochen, dass er morgen bei mir schläft, weil ich die ganze nächste Woche nicht arbeiten muss. Unser Chef hat nämlich Renovierungen unserer Küche angeordnet, die auf die nächste Woche fallen.

Am nächsten Vormittag räumte ich meine Wohnung etwas auf und wischte den Boden. Danach war ich noch im Blumenladen um die Ecke und kaufte neue Pflanzen für meinen Balkon. Die alten sind kürzlich verwelkt, da ich vergaß sie zu gießen. Ich entschied mich für einen Topf Fuchsschwanz, etwas Lavendel und natürlich Oleander in Weiß und hellem Rosa.  Zuhause topfte ich sie in meine länglichen Hängetöpfe und goss meine kleine Avocado-Pflanze, die ich selbst aufgezogen hatte.

Den Mittag und Nachmittag hatte ich damit verbracht, längst überfälligen Papierkram zu erledigen. Um genau fünf nach sechs abends klingelte es. Charles zog mich zu sich und küsste mich. Ich schmeckte seine Lippen und  atmete seinen männlichen Duft in meine Lungen. Jetzt wo er hier war, wurde alles andere unwichtig und nur er zählte.

Als wir in mein Zimmer traten, betrachtete er für einen Augenblick das Klavier an der Wand. Er ging darauf zu und ließ seine Finger über die Tasten springen. „Lass uns spielen. Zusammen." ich schaute ihn verblüfft an und zog eine Augenbraue hoch. „Na los, komm." er nickte mir zuversichtlich zu.
Ich trat unsicher zu ihm. Ich habe noch nie vor jemandem gespielt. Ich hatte immer Angst, dass niemand diese Leidenschaft verstehen könnte. Andererseits ist Charles jemand, der dieses Hobby teilt und jedes Wort versteht, wenn ich ihm davon erzähle. „Lass deinen Gefühlen einfach freien Lauf.", wisperte Charles. Ich fasste all meinen Mut zusammen und hörte auf mein Herz, das aufgeregt schneller schlug. „Okay." Charles nickte und begann zu spielen. Die ersten Takte erklangen einstimmig, allein er spielte sie.  Dann setzte auch ich meine Finger nieder und schloss meine Augen. Ich brauchte keine Augen, um zu wissen welche Töne ich spielen musste, um die Melodie perfekt abzurunden. Charles hatte vorher ebenfalls die Augen geschlossen und ganz allein unsere Herzen kreierten einen Rhythmus, eine Tonfolge, die so schön war, dass sie sich von selbst in meinem Kopf einbrannte.

Ich blinzelte verschlafen. Ich lauschte, dann ertönte wieder dieses Klingeln. Wer wollte so früh etwas von mir? Ich wollte mich bewegen, um zur Tür zu laufen, aber schwere Arme hielten mich in ihren Fängen. Ein Brummen kam aus Charles' Kehle, als ich mich versuchte zu winden. „Was ist los?", murmelte er, ohne seine Augen zu öffnen.
„Da ist jemand an der Tür.", erwiderte ich flüsternd. Charles blinzelte. „Wer?", fragte er. „Wenn du mich loslassen würdest, könnte ich nachgucken.", ich tippte auf seine Arme. „Ich komme mit." entschied er, ließ mich los und sprang hinter mir aus dem Bett. Auf leisen Sohlen tapste ich zur Wohnungstür und schob sie kurz darauf langsam auf. Zwei bekannte Gesichter strahlten mit entgegen, deren Miene sich allerdings ganz schnell in Verwirrung verwandelten, als sie die Person hinter mir sahen.

Melody of death | Charles Leclerc FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt