Kapitel 15

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Ich schließe ein letztes mal meine Augen und atme tief durch. Jetzt geht es um alles. Ich konzentriere mich nur noch auf mich und meine Gegnerin, Amy. Ich blende die ganze Menschenmenge um mich herum aus und konzentriere mich nur auf diesen einen Kampf. Jetzt darf nichts schiefgehen, sonst werde ich wieder gesperrt und ich bekomme meinen Weltmeistertitel nie.

Ich höre nur noch die Glocke und der Kampf geht los. Amy ist so voller Wut, dass sie auf mich los geht ohne nachzudenken, was sie überhaupt tut. Das erste, was ich in diesem Sport gelernt habe, ist, dass man niemals aus Wut kämpfen sollte, sonst verliert man, egal wie gut man ist. Ob man der Beste ist spielt in dem Fall dann keine Rolle mehr, sobald man sich von der Wut kontrollieren lässt, hat man verloren. Das war schon so häufig ihr Fehler, sonst wäre sie bestimmt viel besser als ich und wir hätten mal einen richtigen Kampf, der bis zum Ende geht.

Ich weiche ihr ganz einfach aus und verpasse ihr einen Tritt in die Seite, was sie nur noch wütender macht. Sie greift mich immer wieder an, aber ohne wirklich eine Taktik zu haben. Sie will mich einfach nur am Boden sehen, das ist aber keine Taktik. Ich weiche ihr immer wieder geschickt aus und versetzte ihr einen Schlag oder Tritt.

Die Wut hat sie voll unter Kontrolle und das ist ihr Untergang. Das ist das einzige was sie in diesem Sport noch wirklich lernen muss. Ich bin ehrlich, sie ist besser als ich, wenn sie sich nicht von der Wut kontrollieren lässt, aber das hat sie schon seit langem nicht unter Kontrolle und da ist noch keine Besserung in Sicht.

Schon nach einer viertel Stunde ist sie total kaputt und zieht sich etwas zurück. Plötzlich guckt sie mich böse und voller Wut an, wie sie es noch nie getan hat. „Na, wollten deine Eltern dir nicht zugucken, weil sie sich für dich schämen?", fragt sie mich plötzlich und fängt an gemein zu grinsen. Das hat gesessen. Und wie!

Ich spüre, dass ich wütender werde und ich am liebsten sofort auf sie zu rennen würde und ihr die Augen auskratzen würde, aber dann hätte sie genau das erreicht, was sie wollte. Dass ich auch aus Wut kämpfe und dann hätte ich den Kampf definitiv verloren. Ich versuche nur so gut wie möglich ruhig zu bleiben und packe meine ganze Wut in meine Schläge und Tritte. Ich würde ja nicht sagen, dass ich mich vorher zurückgehalten habe, aber mit voller Kraft habe ich sie auch nicht geschlagen und getreten. Sie ist nunmal auch meine Mitschülerin und da gilt es, einen gewissen Respekt dem anderen gegenüber zu bringen.

Ich greife sie ruckartig an, sodass sie gar nicht mehr reagieren kann und verpasse ihr einige Tritte in den Magen und einen heftigen Schlag ins Gesicht. Sie fängt an zu taumeln und macht einige Schritte nach hinten, bis sie an der Grenze des Ringes angekommen ist. Dort lässt sie sich dann langsam zu Boden sinken.

Ich höre die Glocken und den Schiedsrichter meinen Namen schreien. Ich habe gewonnen. Ich bin ehrlich, mich hätte es auch gewundert, hätte ich nicht gewonnen. Er hilf Amy auf und stellt sich mit mir und ihr in die Mitte des Rings.

Ich gucke nur zu Junki, der mich zwar stolz, aber auch etwas besorgt anguckt. Er hat das alles mitbekommen und weiß, dass meine Eltern davon erfahren werden und dann wird es Ärger für mich geben, das ist klar. Das ist mir gerade aber alles egal, denn: Ich habe gewonnen. Endgültig. Ich bin Weltmeisterin! Ich freue mich schon, aber ich hätte mich mehr gefreut, wenn meine Eltern und Lana da wären um das mit anzusehen. Na ja, bei meinen Eltern will ich mir jetzt nicht so sicher sein, dann hätte ich jetzt sofort den Anschiss bekommen, aber bei Lana bin ich mir sicher. Sie hätte mich gefreiter und wäre die lauteste, die in der Halle schreien würde.

Das ganze Publikum schreit und applaudiert. Das alles hat aber für mich keine Bedeutung. Meine Eltern werden nicht stolz über meine Aktion sein und Junki ist darüber bestimmt auch nicht begeistert. Er weiß aber auch nicht, welche Strafe sie für mich vorgesehen haben. Na ja, so genau weiß ich das auch nicht, aber ich bin mir da ziemlich sicher. Lana wird mich aber bestimmt feiern, das ist sicher.

Der Schiedsrichter lässt meine und Amys Hand wieder los und ich kann endlich raus aus diesem Ring. Vorher gehe ich aber noch zu Amy. „Gut gekämpft.", sage ich und halte ihr meine Hand als Friedensangebot hin. Sie guckt mich nur erschöpft an. „Warum bist du nicht wütend geworden?", fragt sie mich mit schwacher Stimme. „Ich bin wütend geworden, nur nicht so, wie du es wolltest. Ich habe gelernt es zu kontrollieren, das solltest du auch. Nutze es im Kampf.", antworte ich ihr und lächle sie mitfühlend an. „Tut mit leid.", füge ich noch hinzu und ich meine es auch so. Mir tut es wirklich leid, dass ich sie so sehr verletzt habe. Das ist einer der Dinge, die ich an diesem Sport nicht so toll finde, aber es hat auch etwas beruhigendes an sich.

„Nein, ich muss mich entschuldigen. Der Neid hat aus mir gesprochen. Es tut mir wirklich leid.", sagt sie zu mir und wir geben uns lächelnd die Hand. „Feier schön.", sagt sie noch bevor wir beide den Ring verlassen. Sie geht zu ihrem Trainer und ich gehe zu meinem.

„Alles ok bei dir?", fragt mich Junki. Ich nicke ihm mit einem lächeln zu und gehe mit ihm in meine Kabine, bevor die ganzen Fotografen und Reporter kommen und mich mit Fragen bombardieren. Das ist wirklich das einzige an diesem Sport, was ich so richtig hasse, aber ändern kann ich es auch nicht. Damit kann ich aber leben. Ich bin jetzt ja auch keine Berühmtheit mit Millionen von Fans. Bestimmt habe ich Fans, sonst wäre die Halle bei meine Kämpfen nicht überfüllt und bestimmt bin ich auch für einige ein Vorbild, aber so fühle ich mich nicht.

So verschieden und doch so gleichWhere stories live. Discover now