Kapitel 11

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Ich steige in den Ring und gucke Amy gleichgültig an. Sie hingegen sieht mich mit hasserfüllten Augen an. Ich frage mich echt, was ich ihr getan habe, dass sie mich so sehr hasst. Ich war nie gemein zu ihr oder habe etwas getan, dass sie hätte verärgern können. Bei Training habe ich mich immer zurückgehalten, aber wenn ich abliefern sollte, tat ich es auch. Wo ist dann also ihr Problem?

„Ladies and Gentleman. Einen großen Applaus für Kiki Addison", höre ich durch die Lautsprecher der Halle. Die Scheinwerfer fallen auf mich und die ganze Hale tobt. Alle applaudieren und einige Leute schreien sogar meinen Namen. Ich zwinge mich zu einem Lächeln und winke ein bissen. Egal wie häufig ich das hier mache, ich hasse es immer wieder. Die ganze Aufmerksamkeit ist auf mich gerichtet und jeder guckt mich erwartungsvoll an, wie in der Schule, wenn man ein Referat oder so vorträgt. Ich bin davon nicht so angetan, aber da muss ich nun mal durch, wenn ich meinen Traum erreichen möchte.

„Und einen mindestens genauso tollen Applaus für ihre Gegnerin, Amy Cooper.", ertönt es nach einigen Sekunden wieder durch die Lautsprecher. Er hat zwar um einen genauso tollen Applaus gebeten, aber es ist nicht so. Man spürt, dass nicht jeder Applaudiert und fast keiner ruft ihren Namen. Außerhalb des Ringes ist sie genauso, wie im Ring. Unausstehlich. Arrogant und total von sich selbst überzeugt. Ich bin mir nicht sicher, ob das nur Show ist, aber es sieht manchmal mehr gezwungen aus, als dass sie es wollen würde.

„Machen Sie sich auf einen der spannendsten Kämpf der Saison gefasst.", künftig der Moderator an. Jetzt kommt wieder diese mega langweilige Ansprache. Die muss gemacht werde, aber jeder und ich meine wirklich jeder, langweilt sich während dieser Ansprache. Er übertreibt immer mehr mit der großartigen Kiki und ihrer unerbittlichen Gegnerin Amy. So langsam nervt das wirklich. Dann betont er noch mal, dass es einer meiner ersten Kämpf seit meiner Sperrung ist und dann geht es auch schon fast los.

Ich würde mich gerne weiter drüber aufregen, dass sie immer noch betonen, dass ich gesperrt wurde, obwohl das alles ja nicht berechtigt war, aber das interessiert hier ja keinen. Ich bin die aggressive, böse Kiki, die jeden platt macht, der mich nur ein kleines bisschen provoziert. Aber gut, darüber sollte ich jetzt nicht weiter nachdenken, ich muss mich auf meinen Kampf konzentrieren.

Ich atme noch einmal tief durch, gucke nochmal zu Junki und konzentriere mich auf den Kampf. Jetzt oder nie. Wenn ich diesen Kampf gewinnen bin ich im Viertelfinale und komme meinem Traum einen Schritt näher. Seine Ziele erreicht man nur Schritt für Schritt, Kampf für Kampf. Ich höre nur noch die Glocke und das Publikum flippt aus. Für mich gibt es jetzt aber nur noch mich, Amy und diesen Ring, das Publikum existiert nicht mehr.

Amy greift mich an, aber ich weiche gekonnt aus kontere. Sie taumelt ein paar Schritte zurück, setzt dann aber sofort zum erneuten Angriff an. Sie hat ja wirklich die Kontrolle verloren, so wird sie nie ins Finale kommen, das steht fest, aber ich bin mir trotzdem sicher, dass ich sie dort wiedersehen werde. Ich will jetzt nicht von mir selbst überzeugt rüber kommen, aber Amy und ich sind die besten unseres Jahrgangs und alles läuft eigentlich nur darauf hinaus, wer der bessere von uns beiden ist. Die anderen Kämpfen um den dritten Platz.

Ich weiche ihr mal hier und da aus, muss ab und zu auch blocken und versetzte ihr viele Tritte und Schläge. Ich hingegen bekomme immer mal wieder nur leite Stöße von ihr ab, die nicht wirklich wehtuen. Sie setzt ihre ganze kraft in den Angriff und nicht in her Schläge oder Tritte, das ist ihre größte Schwäche. Die kann ich mir dann natürlich zum Vorteil machen.

Der Kampf dauert nicht besonders lange, nach schon 20 Minuten ist sie relativ erschöpft und dann ist es leicht für mich den Kampf zu gewinnen. Ich tue ihr aber auch nicht zu sehr weh, sie soll ja bei den nächsten Kämpfen wieder bei Kraft sein. Das wäre sonst unfair. So gemein bin ich nicht, obwohl ich das manchmal schon gerne tun würde. Auch ich würde gerne mal jemanden einen schönen Schlag ins Gesicht verpassen.

Der Kampf ist endlich beendet und was für ein Wunder, ich habe gewonnen. Der Schiedsrichter bittet mich und Amy zu sich und als der Moderator ankündigt, dass ich gewonnen habe, hebt er meine Hand und die ganze Menge fängt an laut zu jubeln. Ich lasse mein Blick über das ganze Publikum schweifen und bleibe bei Lana hängen. Sie jubelt und kreischt und hüpft vor Freude auf und ab. Neben ihr sitzen meine Eltern, die mir zulächeln und auch klatschen. Sie freuen sich im stillen. Ich lasse meinen Blick weiter durch die Menge wandern und bleibe bei einem ganz bestimmten Geschichte stehen.

Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich ihn je wieder sehen würde, geschweige denn, ihn bei einem meiner Kämpfe zu sehen. Ich war ja schon erstaunt, dass ich ihn vor einigen Tagen in der Bibliothek gesehen habe, aber hier??? Interessiert er sich denn für Kickboxen? Warum sollte er denn sonst hier sein? Wenn Lana das wüsste würde sie ausflippen. Suga sieht, dass ich ihn angucke und winkt mir lächelnd zu. Ich lächle aus Reflex zurück.

Der Schiedsrichter holt mich wieder in die Realität zurück. Er lässt meine Hand los und kann endlich aus dem Ring und weg von den ganzen Blicken. Ich versuche nicht so zu wirken, dass ich hier so schnell wie möglich weg möchte, aber es ist halt so. Ich liebe diesen Sport, aber die Aufmerksamkeit brauche ich nun wirklich nicht. Ich bin ein ganz normales Mädchen, dass ihren Träumen folgt.

Ich gehe also so entspannt wie nur möglich aus dem Ring zu Junki, der mich mit einem freudigen Gesicht empfängt. „Das hast du super gemacht.", sagt er zu mir und drückt mich einmal ganz doll. Ich muss lachen und klopfe ihm zwei mal auf den Rücken. „Ich hatte ja auch den besten Trainer, den es gibt." Er lässt mich wieder los und kaum, dass ich mich auch nur einen Zentimeter bewegen kann, kommt auch schon Lana schreiend auf mich zugelaufen. „Das war unglaublich!!", schreit sie und rennt mich fast um. „Danke.", antworte ich ihr lachend.

Wir lösen uns von der Umarmung, als Lana plötzlich erstarrt und ganz blass wird. Was ist denn jetzt mit ihr los? Sieht sie jetzt auch noch Geister oder warum ist sie jetzt plötzlich kreide bleich? Ich drehe mich um und erstarre genauso wie sie. Ich hatte schon fast vergessen, dass er auch hier war...

So verschieden und doch so gleichWhere stories live. Discover now