Kapitel 65

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Ich reiße meine Augen auf. Wieder einer dieser Träume. Und das ausgerechnet jetzt. Ich liege in einem Bett, zusammen mit Yoongi, der aber seelenruhig schläft. Er hat also nichts davon mitbekommen, gut. Ich will ihn jetzt nicht extra deswegen wecken, außerdem bin ich total verschwitzt. Mein ganzes T-Shirt ist nass. Apropos, ich habe nicht mehr meine Sachen von heute Mittag an. Ich habe ein mir viel zu großes weißes T-Shirt an. Das wird bestimmt eins von Yoongi sein, ich rieche seinen Geruch.

Ich stehe vorsichtig auf und Versuch so leise wie nur möglich zu sein, damit ich Yoongi nicht wecke. Selbst meine Haare sind nass von dem ganzen Schweiß. Ich schnappe mir schnell ein Haargummi und binde sie hoch zu einem Zopf, dann nerven sie mich nicht ganz so. Ich gehe so leise wie möglich runter in die Küche und hole mir ein Glas mit Wasser. Mit meinem Glas Wasser setze ich mich auf das Sofa und starre in die Leere.

Warum muss ich jetzt wieder anfangen solche Träume zu haben? Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr. Meine Eltern und ich habe uns ausgesprochen. Vielleicht ist es auch einfach nur meine Angst. Yoongi und ich fahren heute schon wieder zurück nach Hause. Er meinte, dass seine Eltern Freunde und Verwandte eingeladen haben, die sie lange nicht mehr gesehen haben. Er hat mich auch gefragt, ob ich bleiben möchte, aber ich hatte ja schon totale Panik seine Eltern kennenzulernen.

„Was machst du denn hier?", holt mich die Stimme von Junki auch meine Gedanken. Ich blicke von meinem Glas hoch und gucke in seine besorgten Augen. „Hab' schlecht geschlafen.", sage ich nur und gucke wieder in zu meinem Glas. Er setzt sich neben mich und legt eine Hand besorgt auf meine Schulter. „Und warum sitzt du dann hier? Rede doch mit Yoongi", sagt er. Und genau das ist doch der Punkt. Ich möchte halt nicht mit ihm reden. Er macht sich schon häufig genug Sorgen um mich, dass muss er jetzt auch nicht noch an Weihnachten.

„Ich möchte ihn jetzt nicht wecken.", sage ich und versuche es so glaubwürdig wie möglich rüberzubringen. Aber ich weiß, dass er weiß, dass es eine Lüge ist. Ein Versuch war es doch wenigstens wert. „Warum redest du nicht mit ihm darüber?", fragt er mich, als hätte ich ihm die Antwort gegeben, dass ich mit Yoongi einfach nicht darüber reden möchte. Ich seufze einmal, bevor ich ihm antworte.

„Er macht sich ständig Sorgen um mich. Er soll sich nicht auch noch sorgen an Weihnachten machen. Er hat sich so gut um mich gekümmert, aber irgendwann kommen meine Träume immer wieder. Egal wie gut es mir geht.", sage ich traurig. Ich bin zwar Traurig, aber mir kommen keine Tränen. Ich fühle mich einfach nur bedrückt. „Aber das gehört doch dazu. Du kannst ihn nicht davon abhalten, sich Sorgen um dich zu machen.", sagt er und versucht mich etwas aufzumuntern, aber vor meinem inneren Auge erscheinen immer wieder die enttäuschenden Gesichter meiner Eltern, als ich nach Hause komme.

„Worüber hast du du denn geträumt?", frage er, damit keine Stille herrscht. „Letztes Weihnachten.", gebe ich nur knapp als Antwort, aber ich sehe an seinem Blick, dass er keine Ahnung hat, wovon ich rede. „Ich habe mal wieder schlecht geschlafen und mir ging es sowieso mal wieder scheiße. Ich bin in die Halle gegangen und habe trainiert, dabei habe ich die Zeit komplett vergessen. Ich habe den ganzen Nachmittag trainiert. Als ich nach Hause kam, durfte ich mir darauf erst einmal was von meinem Vater anhören.", erzähle ich ihm.

Normalerweise hätte ich jetzt angefangen zu weine oder mir wären einige Tränen über die Wange gelaufen, aber da ist nichts. Ich fühle nichts. Ich weiß nicht, was ich fühle. Ich würde sie gerne hassen oder irgendwelche Emotionen für sie fühlen, aber im Moment bin ich einfach nur leer. „Es wird vielleicht nie der Richtige Moment kommen, um dir das zu sagen, aber ich glaube ich sollte es dir jetzt besser mal sagen, bevor ich es gar nicht mehr tue.", sagt er und guckt mich ernst an. Ich gucke ihn daraufhin nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Er atmet einmal tief durch und fängt an zu reden. „Deine Eltern haben immer wieder mit mir geredet und wollten, dass ich dir deinen Traum ausrede. Sie waren von Anfang an nicht begeistert davon. Sie haben das mit Andy sozusagen nur als Ausrede genutzt. Sie haben mir auch damit gedroht, dass sie die Gebühren nicht mehr für dich bezahlen werden, aber ich habe ihnen immer wieder gesagt, dass sie dir das selber sagen sollten."

Ich gucke ihn mit großen Augen an. Ich glaube das jetzt nicht! Alles war eine Lüge, was sie mir gesagt haben. Deshalb haben sie nie zu mir gesagt, dass sie stolz auf mich sind. Das klingt jetzt bestimmt so, wie in einem dieser Filme aber, jetzt macht alles irgendwie Sinn. Sie haben mir immer nur an den Kopf geworfen, dass sie enttäuscht von mir sind. Das hatte aber nicht die gewünschte Auswirkung auf mich. Ich habe noch härter gearbeitet, damit sie stolz auf mich sind und es mir auch einmal sagen können, aber egal wie sehr ich gearbeitet hätte, sie hätten es mir doch sowieso nie gesagt.

Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll, also nehme ich erst einmal einen großen Schluck aus meinem Glas und gucke dann aus dem Fenster. Irgendwie hätte man das doch aber auch ahnen können. Sie sind nich besonders begeistert, dass ich diesen Sport betreibe und seit dem mit Andy wurde es nur noch schlimmer und extremer. Aber habe sie nicht gemerkt, dass mir der Sport gut tut?

Wenn wir zum Beispiel im Urlaub waren und ich eine oder zwei Wochen nicht trainiert habe, konnte man mich leicht reizen. Nur ein falsches Wort und ich bin regelrecht ausgeflippt, aber sobald ich wieder trainieren war, war es nicht mehr so. Da mussten sie mich schon anschreien, damit bei mir die Leitungen platzen. Ich verstehe sie nicht. Was habe ich ihnen getan, dass sie sowas tun? Ich war doch keine schlimme Tochter. Ich habe immer gehorcht und war lieb. Ich habe beim Essen geholfen, beim Aufdecken und Abräumen.

„Kiki?", höre ich Junki, der auf eine Reaktion meinerseits wartet. Die wird er wahrscheinlich aber erst morgen bekommen. Jetzt bin ich nur verwirrt und müde.

So verschieden und doch so gleichWhere stories live. Discover now