Kapitel 64

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Wir haben noch über viele andere Sachen geredet, bis wir mit dem Essen fertig waren. Während die Männer, den Fernseher zum laufen bringen, helfe ich Yuna beim Abräumen und beim Abwasch. Sie wollte als erste meine Hilfe nicht, aber ich bestand drauf. Wenn ich hier schon zu besuch bin, dann möchte ich mich auch etwas nützlich machen.

„Tut mir leid, wenn ich das jetzt wieder anspreche, aber ich frage mich, wieso du so lange keinen Kontakt mit deinen Eltern hast, nur weil sie deine Kämpfe nicht akzeptieren.", durchbricht Yuna die Stille. „Das ist eine etwas längere Geschichte.", fange ich an. Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll, ohne, dass ich gleich alles erzähle. „Wie soll ich es sagen...Sie sind nicht gerade begeistert davon, dass wir uns dabei gegenseitig wehtun. Und ab und zu, muss man halt etwas doller zu schlagen, um den Kampf endgültig für sich zu entscheiden. Irgendwann ist ihnen dann der Kragen geplatzt.", erzähle ich. Ich hoffe sie versteht, was ich meine.

„Und dann haben sie dich einfach so rausgeschmissen? Tut mir leid, wenn das jetzt so hart klingt, aber Junki hat mir davon etwas erzählt und meinte, dass du deshalb bei Yoongi und den Jungs eingezogen bist.", sagt sie. Immerhin ist sie so höflich und entschuldigt sich und in ihrer Stimme erkenne ich auch, dass es ihr etwas unangenehm ist, mich darauf anzusprechen und wenn ich darüber nicht reden möchte, sie das auch vollkommen versteht und nicht weiter fragen wird. Aber ich finde es irgendwie angenehm mit ihr zu reden. Ich fühle mich in ihrer Gegenwart wohl, als würde ich sie schon lange kennen. Ich mag das. „Sie haben mich vor die Wahl gestellt. Entweder ich höre auf oder sie unterstützend mich nicht mehr dabei und ich muss gucken, wo ich bleibe.", bestätige ich ihre Frage. „Das tut mir leid.", sagt sie noch einmal.

„Es geht. Die Jungs haben sich bemüht, dass es mir schnell wieder besser geht. Dafür bin ich ihnen auch sehr dankbar.", sage ich mit einem Lächeln im Gesicht. „Du weißt ja gar nicht, wie besorgt Yoongi war. Und wie sehr er sich gefreut hat, als du wieder gelacht hast.", sagt sie und muss schmunzeln, als sie sieht, dass ich etwas rot werde. „Ich bin froh, dass ihr zusammen seid. Seitdem du bei ihnen wohnst, ist er aufgeschlossener.", fügt sie noch mit einem liebevollen Lächeln hinzu. Ich will gerade etwas sagen, da werde ich auch schon von Kibum unterbrochen.

„Mädels kommt ihr?", ruft er uns zu und Yuna und ich gehe zu den Jungs ins Wohnzimmer. Junki hatte es sich schon im Sessel gemütlich gemacht und Holly schläft gemütlich und seelenruhig auf seinem Schoß. Kibum sitzt auf der einen Seite des Sofas und Yoongi auf der anderen. Ich setzte mich zu Yoongi und kuschle mich fest an ihn.

Der Tag war schön, aber auch etwas anstrengend. Wir sind heute bestimmt 3 Stunden, wenn nicht sogar noch mehr, mit dem Auto hier her gefahren. Auch wenn ich nur Beifahrer war, war es anstrengend und ich bin müde und kaputt. Yoongi ist bestimmt noch kaputter als ich, aber er wirkt so, als wäre er noch topfit, was generell sehr selten bei ihm ist. Aber man merk an seiner Körpersprache, dass er, genauso wie ich, am liebsten nur noch schlafen möchte.

Yoongi legt einen Arm um mich und zieht mich näher zu sich heran, sodass ich meinen Kopf auf seine Brust legen kann. Sein Geruch steigt mir in die Nasen und ich muss lächeln. Er fängt an mit meinen Haaren zu spielen, so wie ich es immer mache, wenn er müde ist und sich mit seinem Kopf auf meine Beine legt und schlafen möchte. Es fühlt sich beruhigend und schön an. Ich schließe meine Augen und kurze Zeit später bin ich auch schon eingeschlafen.

Ich sehe die Gesichter von meinen Eltern vor mir. Sie sehen enttäuscht und traurig aus. Sie sitzen alleine am Esstisch im Wohnzimmer. Neben unserem Fernseher steht ein Geschmückter Tannenbaum. Sie sitzen dort am Esstisch und warten. Aber worauf warten sie? Im Hintergrund läuft die Weihnachtsmusik, die wir immer zusammen gehört haben. Ich erinnere mich. Es ist das Weihnachten von letztem Jahr.

Ich bin noch einmal Trainieren gegangen, weil ich Lust dazu hatte. Sie haben mir gesagt, dass ich ruhig gehen soll. Es war wieder einer der Tage, wo es mir echt scheiße ging, weil ich mal wieder einen Albtraum hatte. Ratet mal wegen wem. Richtig! Wegen Andy. Zur Beruhigung wollte ich dan halt Trainieren gehen, was sie mir ja auch erlaubt haben, nur habe ich beim Trainieren die Zeit aus den Augen verloren und kam viel zu spät nach Hause und das wars dann auch mit dem schönen Fest.

Ich sehe, wie ich total verschwitzt und außer Atem ins Haus reingestürzt komme und meine Eltern still am Tisch sitzen sehe. Meine Mutter guckt mich einfach nur mit einem enttäuschten Blick an. Mein Vater hingegen musste mich ja noch runter machen und mir ein noch schlechteres Gewissen machen. „Sag mal spinnst du?! Wir dachten, du gehst nur eine Stunde Trainieren und nicht den ganzen Tag! Wir warten hier schon seit einer Stunde auf dich!", motzt er mich an. Ich gucke einfach nur schuldbewusst auf den Boden und versuche ordentlich Luft zu bekommen.

Sobald ich auf die Uhr geguckt habe, bin ich ohne weiter nachzudenken, sofort nach Hause gelaufen. Ich habe sogar Mama noch eine Nachricht geschrieben, aber sie hat nicht geantwortet. Auf dem Weg nach Hause habe ich mir jedes Scenario im Kopf vorgestellt, nur das nicht. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass mein Vater mich an Weihnachten anmeckern oder anschreien würde. Meine Mutter war schon immer dagegen, da sie der Meinung war, dass wenn man sein Kind anschreit, dass es dann nur Angst vor einem bekommt, aber meinem Vater war es egal.

„Hör auf, das bringt nichts.", versucht meine Mutter ihn davon abzuhalten, aber er ignoriert sie einfach, so wie meistens, wenn er wütend ist. „Das war's fürs erste mit trainieren.", sagt er mit strengem Ton und lässt mich ins Bad gehen. Unter der Dusche habe ich dann angefangen zu weinen und mir gewünscht ich würde einfach nur noch weg gehen können. Ich habe auch daran gedacht mich zu verletzten oder schlimmeres, aber ich hatte Angst. Ich weiß, dass das jetzt dumm klingt, aber ich hatte Angst, dass ich meinem Vater in der Hölle wieder begegnen würde.

So verschieden und doch so gleichWhere stories live. Discover now