Kapitel 100

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Lana und ich waren bis tief in die Nacht wach und haben geredet. Hauptsächlich darüber, wie es jetzt weitergeht. Ich habe ihr gesagt, dass ich Yoongi einen Zettel hinterlassen habe, damit er sich nicht zu sehr sorgen macht, aber wir beide wissen, dass er trotzdem wahrscheinlich die ganze Stadt nach mir absuchen wird. Ich habe sie darum gebeten Jimin nichts davon zu sagen, dass ich bei ihr bin. Ich zwinge sie nicht dazu, aber sie versteht mich und schweigt darüber. Ich möchte einfach im Moment mit keinem der Jungs reden, weil ich weiß, dass sie versuchen werden, mit mir zu reden, und genau das möchte ich gerade nicht.

„Frühstück ist fertig.", ruft Lanas Mutter aus der Küche, aber ich bewege mich kein bisschen. Ich habe keinen Hunger. Ich will nichts essen, nichts trinken oder geschweige denn mich nur bewegen. Ich will mich in meinem Mitleid wälzen und darauf warten, dass das alles hier ein Ende nimmt. Ich will nicht mehr und dennoch kämpfe ich weiter. Doch um welchen Preis? Dass ich mein ganzes Leben weiter so verbringe, nur damit die Menschen um mich herum nicht um mich trauern müssen, wenn ich weg bin? Das ergibt doch kein Sinn.

Lana steht auf und will in die Küche zu ihrer Mutter gehen, aber als sie merkt, dass ich mich kein bisschen bewege bleib sie stehen. „Willst du nicht auch etwas essen?", fragt sie mich, als sie im Türrahen steht und auf mich guckt. Ich sehe, dass ich ihr leidtun, aber ich ignoriere ihren Blick einfach. Sie guckt mich mitleidig an, als würde sie den Schmerz den ich fühle, auch fühlen, aber dem ist nicht so. Sie weiß nicht ansatzweise, wie sehr ich gerade leide und wie viel Schmerz ich verspüre. Das weiß nur ich und das werde nur ich wissen. Niemand wird je in so einer Situation sein, wie ich es gerade bin.

„Ich habe keinen Hunger.", antworte ich ihr schwach und monoton. Ich will einfach nur wieder schlafen gehen. In meine Träumen versinken und diesen ganzen Schmerz vergessen, den ich dank mir selbst verspüre. Ich will alles um mich herum vergessen und vergessen, dass ich immer wieder Schmerz verspüre. Eigentlich kann ich nur mir selbst die Schuld für das alles heir geben. Ich habe Andy verprügelt, ich habe die Kontrolle verloren und habe auf ihn eingeschlagen. Ich bin schuld. Ich bin daran Schuld, dass es mir jetzt so scheiße geht. Ich bin daran schuld, dass ich jetzt so leide und keiner sonst.

Ohne, dass ich es bemerkt habe, ist Lana gegangen und hat sich zu ihrer Mutter in die Küche gesellt. Ich lege mich zurück ins Bett und kuschle mich in die Decke ein. Was die Jungs jetzt wohl machen? Bestimmt sind sie schon wach und arbeiten an weitern Songs oder so. Oder Taehyung und Jungkook spielen wieder Overwatch und Hoesek tanzt wild durch die Gegend, während Jin mal wieder kocht und Namjoon und Yoongi sich in ihre Studios zurückgezogen haben und dort arbeiten. Jimin guckt bestimmt Taehyung und Jungkook zu und feuert sie an oder ruft gleich Lana an.

Bei dem Gedanken, was die Jungs jetzt machen würden muss ich schmunzeln. Bestimmt haben sie noch gar nicht gemerkt, dass ich weg bin. Ich weiß nicht, wann sie es bemerken werde, aber das werde ich dann schon mitbekommen. Wenn ich tausende von Nachrichten und Anrufe auf mein Handy bekomme. Spätestens dann haben sie bemerkt, dass ich weg bin. Werde ich ihnen dann antworten? Ich weiß es nicht. Ich weiß jetzt schon, dass ich mich selbst dafür hassen werde, aber es ist für's erste das Beste für mich. Ich brauche Abstand, von allem. Und den bekomme ich nur hier. Bei meiner besten Freundin.

Es scheint so, dass ich eingeschlafen bin, denn wir haben es jetzt schon spät am Abend. Lana schläft schon und im ganzen Haus ist es dunkel. Ich gucke auf mein Handy und sehe sofort, dass ich einige Nachrichten und entgangene Anrufe habe, von Yoongi. Er hat es also bemerkt. Ich spüre aber keine Trauer oder Leid. Ich verspüre rein gar nichts. Ich freue mich noch nicht einmal, dass er mir Nachrichten schreiben, weil er sich sorgen um mich macht. Ich bin innerlich leer. Ich verspüre rein gar nichts, keine einzige Emotion.

Wir haben es 02:28 Uhr. Kein Wunder, dass alle schon schlafen und es dunkel draußen ist. Ich sollte mich eigentlich auch wieder schlafen legen, aber ich kann nicht. Ich bin wach, hellwach. Ich habe den ganzen Tag geschlafen und ich werde wahrscheinlich auch nicht mehr weiter schlafen können. Vorsichtig richte ich mich auf und so langsam haben sich meine Augen auch an die Dunkelheit gewöhnt. Lana hat ihr Zimmer aufgeräumt. Es sieht ordentlich aus, als heute morgen.

Leise und vorsichtig stehe ich auf und laufe ins Bad. Ich mache vorsichtig das Licht an und gucke in den Spiegel. Ich sehe echt schrecklich aus, aber wen interessiert das schon? Ich werde doch sowieso das Haus nicht verlassen oder das Zimmer. Ich wasche mir einmal schnell das Gesicht und trockne es wieder ab, damit ich vielleicht etwas mehr Farbe ins Gesicht bekomme. Ich habe jetzt seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen und auch meinem Magen scheint es nicht so sehr zu gefallen.

Ich verlasse das Badezimmer wieder und begebe mich in die Küche. Dort steht ein Auflauf, den sie wahrscheinlich heute Mittag gegessen haben. Ich hole mir leise eine Schüssel und Besteck und fülle mir etwas von dem Auflauf auf. Kaum dass ich sitze, knurrt mein Magen auch schon laut vor sich hin. Wird dann ja auch mal Zeit, dass ich etwas esse. Mein Kopf sagt mir, dass ich es nicht verdient habe, zu essen, aber ich muss essen. Ich will nicht sterben, auch wenn verhungern etwas länger dauert als zwei Tage. 

Zurück in Lanas Zimmer, setzt ich mich auf meine Matratze und starre ins leere. Plötzlich wird mir ganz schlecht und ohne weiter zu überlegene, renne ich so schnell ich kann ins Bad und zum Klo. Dort übergebe ich mich erst einmal und spucke den gerade erst gegessenen Auflauf aus. Das war's dann auch mit dem Essen.

Immer noch übergebend über der Kloschüssel hängend, merke ich gar nicht, wie eine weiter Person das Bad betritt, bis sie sich dann hinter mich stellt und meine Haare hält. „Geht's?", fragt mich die Person. An der Stimme erkenne ich sie. Es ist Lana, die verschlafen hinter mir steht und mir meine Haare hält, als hätte ich mal wieder zu viel getrunken.

Und so fing der ganz Horror erst an...

So verschieden und doch so gleichWhere stories live. Discover now