Kapitel 41

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In der Disco angekommen zieht mich Lana sofort auf die Tanzfläche. Die Tanzfläche ist voll von jugendlichen Mädchen und Jungs, die heute Abend Spaß haben wollen und vielleicht auch den ein oder anderen mit nach Hause nehmen wollen.

Ich muss immer wieder an Yoongi denken. Ich hoffe er macht sich nicht zu viele Sorgen. Ich habe seinen besorgten Blick gesehen, als Lana und ich das Haus verlassen haben und los gegangen sind. Ich weiß, dass ich nicht so gemein zu ihm hätte sein sollen, aber dann wäre er wahrscheinlich noch mit uns gekommen und hätte mich ständig beobachtet. Und wenn mich nur ein Junge angesehen hätte, hätte er ihn bestimmt an liebsten umgebracht.

Ich finde das ja etwas süß, aber es sollte nicht zu viel sein. Ein bisschen Eifersucht ist immer süß, solange es nicht zu viel wird. Ich weiß jetzt schon, dass ich auch nicht besonders erfreut sein werde, wenn er wieder auf der Bühne steht und ihm die ganzen Mädchen zuschreien, aber so ist das Leben, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Damit muss ich irgendwie zurechtkommen.

„Hey! Jetzt heben wir Spaß und fühlen uns nicht schlecht!", schreit mir Lana zu, um die laute Musik zu übertönen. Und keine Sekunde später zieht sie mich auch schon wieder von der Tanzfläche runter in Richtung Bar. Dort setzten wir uns auf einen Hocker und Lana bestellt uns beiden einen Drink. „Danach wird gefeiert.", jubelt sie und kippt ihren Drink in einem Zug hinunter. Ich tue es ihr gleich.

Okey, vielleicht war das ein Fehler. In Punkto Alkohol sollte ich es langsam angehen lassen, sonst bin ich gleich schon hacke voll. Na ja, zu spät. Getan ist getan. Und ich weiß jetzt schon, dass ich das ganze hier morgen sowas von bereuen werden, aber es geht mir hier um den Moment. Ich feiere mit meiner besten Freundin. „Zurück auf die Tanzfläche!", jubelt sie und zieht mich, mal wieder zur Tanzfläche.

Aber sie hatte recht, jetzt wird gefeiert. Der Alkohol spült all meine Sorgen um Yoongi weg und ich bewege meine Hüften zum Rhythmus der Musik. Ich fühle mich frei und leicht wie eine Feder, auch wenn das nur der Alkohol macht, so genieße ich diesen Moment. Ich tanze was das Zeug hält und merke gar nicht, dass sich jemand hinter mich gestellt hat und mit mir Tanzt. Das ist mir jetzt aber egal. Ich will meinen Spaß haben und es ein letztes mal genießen mit Lana so richtig zu feiern. Als der Kerl merkt, dass ich nicht auf ihn anspringe, verschwindet er auch schon wieder und sucht sich das nächste Mädchen.

Ich tanze hier bestimmt schon eine halbe Stunde wie wild auf der Tanzfläche und habe Lana komplett aus den Augen verloren. Ich entscheide mich dazu eine kleine Pause einzulegen und mich an die Bar zu setzten. Ich bestelle mir noch einen Drink und trinke ihn in ruhe aus. Bis ich ihn sehe und komplett erstarre.

Ich dachte, dass ich ihn nie wieder sehen müsste. Ich dachte, dass er mich für immer in Ruhe lassen würde. Ich dachte, dass ich mit dem Thema abgeschlossen hätte. Ich habe mich da aber total geirrt. Mein ganzer Körper verkrampft sich, als ich ihn sehe, wie er die Disco betritt. Ich kann es einfach nicht glauben. Ich bin ihm die ganze Zeit doch so gut aus dem Weg gegangen, warum also muss er ausgerechnet jetzt, ausgerechnet heute, hier in diese Disco kommen, wo ich mit Lana feiern wollte.

Bis vor einigen Sekunden ging es mir doch noch so gut und ich habe getanzt und mich gefreut und einfach das Leben genossen und jetzt sehe ich diese eine Person und alles verschwindet. Wie als würde eine starke Windböe, all das wegblasen und mit sich nehmen. Irgendwohin, wo ich nicht bin. Warum muss das mir passieren? Was habe ich falsch gemacht, dass ich so bestraft werde?

Ich spüre, wie sich ein Knoten in meinem Hals bildet und sich mein Magen zusammen zieht. Er hat noch immer diese Wirkung auf mich, dass ich mich so fühle, als wäre ich in all dem Schuld, was aber eigentlich gar nicht stimmt. Meine Atmung wird immer hastiger und ich habe das Gefühl, dass ich keine Lust mehr bekomme. Ich muss hier raus und zwar sofort.

Ich stehe abrupt auf und laufe mit wackligen Beinen und verschwommener Sicht zum Hinterausgang. Ich höre noch, wie mir jemand hinterher ruft, aber das ignoriere ich. Ich muss hier so schnell wie möglich raus. Ich halte es nicht mehr länger mit dieser Person in einem Raum aus. Nicht noch einmal. Nie wieder. Ich kann es nicht vergessen und das schlimme ist, ich werde es niemals vergessen. Es wird mich bis zu meinem Tod verfolgen und ich weiß nicht, ob ich damit je zurecht kommen werde.

Vielleicht liegt meine Reaktion auch am Alkohol, aber ich fühle mich gerade so, als hätte ich keinen einzigen Tropfen getrunken. Meine Gedanken sind klar und deutlich. Klarer als je zuvor.

Draußen angekommen hole ich erst einmal tief Luft und lehne mich an die Mauer. Das tut gut und doch geht der stechende Schmerz in meiner Brust nicht weg. Wieso denn auch? Ich habe darunter ja noch nicht genug gelitten! Meine Beine fühle sich an, als würde ich auf Wackelpudding stehen. Ich könnte jeden Moment zusammenbrechen.

Ich lasse mich vorsichtig an der Wand zu Boden fallen und nun sitze ich hier, zwischen Mülltonnen auf einem dreckigen Boden und weiß nicht was ich machen soll. Meine Augen sind feucht und ich breche jeden Moment in Tränen aus. Wo ist bloß Lana? Ich hoffe, dass sie wenigstens Spaß hat.

„Kiki? Bist du hier?", höre ich ihr Stimme. Ich hebe kurz meine Kopf und sehe meine beste Freundin durch die Hintertür der Disco nach draußen kommen. „Ich bin hier unten.", sage ich leise und versuche meine Tränen zurück zu halten. Ich höre ein paar Schritt und spüre einige Sekunden später ihre warme Hand auf meinem Rücken.

„Was ist denn los?", fragt sie mich ruhig und streichelt mir beruhigend über den Rücken. Mit Tränen in den Augen gucke ich sie an. „Er ist hier...", sage ich und breche in Tränen aus.

So verschieden und doch so gleichWhere stories live. Discover now