Drogenrausch

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Sie zog ihn, so weit es mit ihrem schwachen Körper ging, zu sich aufs Bett. Er machte es ihr aber auch nicht gerade leicht, denn er wollte sie doch nicht mehr küssen. Jetzt war sie doch endlich in Sicherheit und er konnte mit Worten gar nicht beschreiben, wie froh er darüber war. Aber er provoziert schon wieder das Schicksal. Er konnte sich dagegen aber auch einfach nicht wehren, er konnte ihr nicht standhalten. Dafür hatte er sie viel zu sehr vermisst und sich zu oft vorgestellt, wie es wäre noch einmal von ihren Lippen zu kosten. Und es war genau wie in seiner Vorstellung: überwältigend.
Er hatte sich so sehr nach ihr verzehrt während ihrer Abwesenheit, sodass er all seine ungestillten Gelüste nachholen musste. Er musste sie einfach küssen, er konnte gar nicht anders, weshalb er sich von ihr aufs Bett ziehen ließ. Kurz löste er sich dann doch von ihr und zögerte einen Moment. Sollte er sich nicht doch lieber distanzieren? Ja, das sollte er ganz sicher. Aber er war machtlos gegen die Anziehungskraft, die sie auf ihn hatte. Deswegen schwebte er nun über ihr und musterte sie ein letztes Mal, bevor er sich wieder zu ihr herunter beugte, um sanft ihre Lippen zu küssen.

Er müsste vorsichtig sein.
Ihr Körper war so dünn und gebrechlich, dass er bangte sie würde zerbrechen wenn er sein Gewicht auf ihres legen würde.
Und das dürfte nicht passieren.
Nie und nimmer würde er sie kaputt machen, also hielt er sich sehr zurück.
Er strich mit seiner Hand behutsam über ihre Seite. Über ihre deutlich hervorstehenden Rippen und ihren knöchernen Brustkorb. Sie hatte ihre knochige Hand in seinen Nacken gelegt und zog mit ihren Fingern leicht an seinen Haaren. Er liebte es wenn sie das tat, aber sie schien ihren linken Arm nicht bewegen zu können, denn der hing schlaff neben ihrem Körper. Auf den musste er besonders aufpassen. Auch wenn sie Schmerzmittel bekam, hatte sich das, was Tsunade erzählt hatte, sehr schmerzhaft angehört, weswegen er auch nur die kleinste Berührung mit ihm vermied.
Nicht das er ihr am Ende noch wehtat und das war das Letzte, was er wollte.

Als es fest an der Tür klopfte, ließ er schnell von ihr ab und setzte sich unschuldig auf die Bettkante. Aber ein Lächeln konnte er nicht unterdrücken, denn seine Lippen kribbelten unheimlich von ihren sanften Küssen und sein Nacken brannte praktisch von ihren Berührungen.
Es überraschte ihn immer wieder, was sie für eine Wirkung auf ihn hat. Manchmal fühlte es sich an wie ein Drogenrausch, wenn er sie küsste, sie sah oder auch nur an sie dachte. Und die Wochen ihres Verschwindens waren dann der kalte Entzug, den er nie wieder machen wollte. Aber vielleicht stand ihm genau das bevor. Er war in sie verliebt und das war ein riesiges Problem.
Doch wie empfand sie für ihn? Sie hatten nie darüber gesprochen, wie sie zu einander standen oder was ihnen dieses Verhältnis bedeutete. Vielleicht, weil es so leichter für ihn war, seine Gefühle nicht wahrhaben zu müssen. Vielleicht aber auch, weil ihr das Ganze nicht wichtig war. Jedoch hatte sie auf seine Nacht mit der Kellnerin nicht gerade gleichgültig reagiert. Irgendwann müsste er wohl mit ihr reden.

***

"Kakashi, du bist ja schon wieder hier, hast du kein Training mit deinen verbliebenen Schülern?", begrüßte die Frau Kakashi. Verbliebene Schüler? Schon wieder?
"Naruto und Sakura können sich auch mal alleine beschäftigen", wehrte er ab. Was war mit Sasuke? Und wer war diese Frau? Sie war blond und schön, genauso wie die Kellnerin. Ob er mit ihr...
"Lumi, wie gehts dir jetzt nach deinem Nickerchen?", wandte sich die Frau nun an sie und riss sie damit aus ihren Gedanken.
„Mir geht es gut, alles super", antwortete sie schnell.
"Kakashi, geh dir mal eine Weile die Füße vertreten, ich würde gerne ein bisschen mit Lumi reden und nun endlich ihre Verletzung anschauen", befahl die Frau und Kakashi stand tatsächlich auf und verabschiedete sich von ihr. Wow, er hört ja wirklich gut auf diese Frau... Wer war sie nur? "Also, neuer Versuch. Leg bitte deinen Krankenhauskittel ab und nein, ich will nicht mit dir schlafen", sagte sie ruhig. Beschämt musste sie schlucken.
"Hokage", flüsterte sie geschockt. Das war ganz schön peinlich.
"Ja, Lumi, ich bin Tsunade. Mach dir keine Gedanken, das von vorhin ist vergeben und vergessen, denn wie ich sehe, bist du ja schon wieder ganz anders drauf", beruhigte Tsunade sie etwas. Sie nickte langsam und zog dann schwerfällig ihren Kittel aus, ohne ihren linken Arm zu verwenden, den konnte sie nämlich immer noch nicht verwenden. Jetzt saß sie nur noch mit einem T-shirt und kurzer Hose auf dem Bett und starrte auf ihre Verbände. Automatisch verschnellerte sich ihr Atem und ihr Herz fing an zu rasen, bei den Gedanken, wie diese Verletzungen entstanden waren.
Unwillkürlich kralle sie ihre rechte Hand in die Decke und Angst machte sich in ihr breit. Was war, wenn Akatsuki hier auftaucht? Das würde sicher nicht mehr lange dauern und dann würde man sie wieder diesen Qualen aussetzen.
„Hallo! Hörst du mich?!", drang eine besorgte Stimme zu ihr durch. Zitternd hob sie ihren Kopf und sah direkt in Tsunades Augen und nickte stumm.
„Shi. Sie wollen meine Schwester umbringen. Ich muss sie beschützen", sprach sie direkt aus, was ihr gerade in den Kopf schoss. Daran hätte sie schon viel früher denken müssen! Panisch machte sie Anstalten aus dem Bett aufzustehen. Sie musste zu Shi!
"Jetzt mal langsam. Shi wird seit deinem Verschwinden rund um die Uhr von der Anbu bewacht, dafür hat Kakashi schon längst gesorgt. Mach dir keine Sorgen", hielt sie Lumi zurück. „Kakashi?", wiederholte sie Tsunade und sie nickte. Bei dem Gedanken an sie wurde sie wieder ruhiger und auch ihre Angst verschwand ein wenig.
„Kann Kakashi wieder kommen?", bat sie, denn bei ihm fühlte sie sich sicherer und Tsunade willigte etwas genervt ein.

Er hatte sich gegenüber von der Tür an die Wand gelehnt, damit er direkt wieder zu Lumi gehen könnte, wenn Tsunade ihre Untersuchung beendet hatte. Doch als sie die Tür aufmachte, forderte sie ihn auf mit ihr ins Zimmer zu treten, was er direkt tat. War etwas mit Lumi? Gab es eine Komplikation? Als er sie ansah, schaute sie sich unruhig im Raum um, aber als ihr Blick auf ihm haften blieb, schien sie wieder etwas ausgeglichener.
"Was ist los?", fragte er verdutzt.
"Lumi wollte, dass du dabei bist. Es ist vielleicht ganz gut, wenn jemand dabei ist, den sie schon kennt, außerdem kannst du dann gleich mithören, was Akatsuki von ihr wollte", klärte Tsunade ihn auf. Er nickte verstehend und setzte sich dann auf ein Stuhl rechts von ihr neben das Bett. Das Alles nahm sie also ziemlich mit. Diesen Gedanken bestätigte sie auch noch mal, als sie mit ihrer dünnen Hand nach seiner suchte, während Tsunade ihr einige Fragen stellte und ihre Wunden inspizierte. Verständnisvoll schloss er seine Hand um ihre und drückte sie noch mal ermutigend.

Kakashi, das Eis, das sein Herz erwärmt.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt