Das Flirtparadies

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"Du kriegst das hin", mahnte sie sich erneut mit leiser Stimme. Ihr ganzer Körper zitterte und zuckte unkontrolliert. Doch es war ihr einziger Versuch. Entweder jetzt oder nie. Mutig biss sie die Zähne zusammen und beförderte ihre linke Hand, in der sie eh nichts mehr spürte, auf den Pfahl in ihrem Bauch. Jedes Mal, wenn sie diesen anfasste, durchzogen ihren ganzen Körper extreme Elektroschock und ein übermenschlicher Schmerz entstand dadurch. Aber sie müsste es schaffen, es ertragen. Wenn sie es hier rausschaffen wollte, dann jetzt. Kakuzu war das erste Mal, seit sie hier war, verschwunden und Hidan war alleine mit ihr im Versteck. Blöd genug wie er war, hatte er sie auf die Toilette gelassen, obwohl sie ihre Toilettenzeit für diese Woche schon verbraucht hatte. Zu oft hatte sie das hier bereits versucht und war immer wieder aufs neue gescheitert. Doch heute würde es klappen. Mut schöpfend sah sie sich in dem kleinen dreckigen Spiegel, der schon zerbrochen war, an und nickte sich noch einmal zustimmend zu. Dann presste sie ihre tote Hand mit Hilfe der Rechten um den Stab und riss daran. Sie hatte keine Kraft. Keine Energie. Denn mit jedem Tropfen Blut, den sie verloren hat, hatte sie auch ein Stück der benötigte Kraft für die Flucht verloren. Und davon hatte sie eine riesen Menge abdrücken müssen. Dann müsste sie sich also noch mehr anstrengen. Verbissen kniff sie ihre Augen zusammen und zog an dem Pfahl, der ihren Hauptchakrapunkt durchbohrte. Es schmerzte unheimlich. Einerseits die elektrischen Wellen, die ihren Körper durchfuhren, andererseits der schroffe Stab der gegen ihre Organe schliff. Beides äußerst unangenehm, weswegen ihr ein gequältes Seufzen entwich. Doch sie musste leise sein. In dem Moment in dem Hidan auf sie aufmerksam werden würde, wäre es vorbei für sie. Also spannte sie ihren Kiefer noch mehr an, um ja keinen Mucks mehr von sich zu geben. Sie musste schließlich stark bleiben und durfte sich keine Blöße geben. Ein letztes Mal nahm sie all ihre Kraft zusammen und rammte sich den Spieß einfach komplett durch ihren Körper durch, bis er hintern wieder aus ihr rauskam. Anders war es nicht gegangen. Für einen Augenblick glaubte sie, dass sie sterben würde. Sie schaffte es nicht mehr zu atmen, nicht mehr gerade zu stehen, nicht mehr still zu sein. Ein schwerfälliges Stöhnen entwich ihr, bevor sie zu Boden sank. Sie hatte sich zwar von dem Pfahl befreit, aber dadurch ihren Magen mit einem stumpfen Gegenstand durchlöchert und sofort strömte wieder unendlich viel Blut aus ihrem verschandelten Körper. Jetzt hatte sie ihr Ende erreicht. Irgendwann konnte auch Lumi nicht mehr. Sie hielt nahe zu grenzenlos viele Verletzungen aus, ohne dabei draufzugehen, aber jetzt war auch sie an ihrem Limit. Zu viel Blut war geflossen, zu viele Fremdkörper waren ihr einverleibt worden und zu viel Gift befand sich in ihrem Körper. Auch mental war sie genau wie ihr schwaches Äußeres am Boden. Diese Folter hatte sie verrückt gemacht. Verrückt vor Angst und verrückt vor Schmerzen. Sie fühlte sich so hilflos, wie schon lange nicht mehr. Das ragte fast an ihre Hilflosigkeit heran, während des Massakers von vor acht Jahren. Genauso wie damals, wusste sie nicht mehr, was zu tun war. Sie hatte keine Ahnung, wie es mit ihr weiter gehen sollte. Doch jetzt würde sie erst einmal sterben. Dann würde sie weiter sehen.

***

"Du warst jetzt genug auf dem Klo, ich hab keine Lust mehr zu warten!", hörte sie Hidan von draußen schreien. Verwirrt öffnete sie langsam ihre Augen. Immer noch am leben. Sie müsste sich also weiter durch diese Hölle durchschlagen.
Sie krümmte sich einmal schmerzlich, als sie ihren Bauchraum abtastete. Kein Pfahl mehr. Sie hatte es scheinbar nicht geträumt. Ihr Chance war also noch nicht verflogen. Schweratmend setzte sie sich auf und schloss wieder ihre Augen, aber dieses Mal, um sich zu konzentrieren. Es dauerte viel länger als sonst, bis sie genug Chakra gesammelt hatte, um das Tokuni zu erwecken.
Doch es gelang ihr.
Sie hatte es vollbracht.
Erleichtert rappelte sie sich auf und taumelte zur Tür.
Ein Versuch.
Langsam drückte sie die Klinke der unverschlossenen Tür runter und zog diese spärlich langsam auf.
"Na endlich", schnaufte er und sie sah wie er ihr den Rücke zu drehte. Er war wirklich nie besonders sorgfältig, weswegen er sie nicht einmal angeschaut hatte. Hidan hatte also rein gar keine Idee, was gleich geschehen würde.
Dafür hatte diese aber Lumi. Sie wusste wieder was zu tun war.
Beziehungsweise ihr Körper, der wie mechanisch arbeitete. Ihr Verstand hingegen hatte sich tief in ihrem Gehirn zurück gezogen und verschloss die Augen vor der Realität. Nicht noch einmal konnte sie zusehen, wie sie erneut versagen würde.
Doch sie versagte nicht.
Binnen einer Millisekunde hatte sie Chakraklinge geformt und jagte diese durch Hidans Schultern, sodass seine Arme regungslos zu Boden stürzten und noch bevor er sich gänzlich zu ihr rumdrehen konnte, rollte sein Kopf auch schon über den kalten Steinboden. Jetzt hieß es laufen.
Lauf, Lumi, lauf!

Was ihr angetan wurde, war grausam. Das war seine Erkenntnis, nachdem er ihre Geschichte angehört hatte. Man hatte sie Wochen lang gefoltert und qualvolle Experimente mit ihr durchgeführt. Die gingen von einfachen Blutanalysen bis zu dem Einfrieren in Eis am lebendigen Leibe. Und ihre Flucht war genauso unglaublich wie das, was ihr davor passiert war. Dieses Mädchen war so unfassbar stark. Nicht jeder hätte den Mut gehabt, eine Flucht bei Akatsuki zu wagen, nachdem, was man ihr angetan hatte. Und wie stark muss ihr Wille sein ihre Schwester zu beschützen, wenn nicht mal diese Folter diesen brechen konnte? Gerade weil sie die ganze Zeit über die Möglichkeit hatte dieses Leiden zu beenden, aber sie ist für ihre Schwester stark geblieben, um ein Vorbild für sie zu sein.
Er war sehr stolz auf sein Mädchen.

"Akatsuki ist also wieder aktiv auf der Suche nach den Bijuus. Naruto wollten sie nämlich auch schon einfangen, doch zum Glück war ja Jiraiya dabei, sonst wäre das auch nicht gut ausgegangen", überlegte Tsunade. Sie hatte momentan sicher einen großen Stress. Sie war erst seit wenigen Wochen im Amt und hatte schon mit einem kaputten Dorf und einer internationalen Terrororganisation zu kämpfen.
"Hinter Naruto sind sie auch schon her?", fragte Lumi besorgt und Tsunade nickte bestätigend: "Ja. Das ist gerade wirklich nicht die beste Situation in der wir uns befinden, aber wir werden es schaffen euch beide vor diesen Leuten zu beschützen. Wie wir aber nach deinem Krankenhausaufenthalt weiter machen weiß ich noch nicht. Ich werde mir was einfallen lassen und so lange wirst du unter dem Schutz der Anbu erst mal gesund. Deine schlechte Wundheilung ist allerdings echt ein harter Brocken, aber ich krieg dich wieder auf die Beine. Ob ich deinen Arm aber wieder hinbekomme weiß ich noch nicht. Flüssigeis ist wirklich höchst gefährlich und giftig und ich muss zugeben, dass ich noch nie damit in Kontakt gekommen bin, geschweige den jemand dagegen behandelt habe. Ich muss mich also erst mal darüber einlesen und dann sehen wir weiter, ob die Behandlung machbar ist. Das ist alles, was ich momentan für dich tuen kann. Tut mir leid."
"Vielen Dank, aber machen Sie sich nicht so großen Stress wegen mir, mir geht es doch gut", bedankte sich Lumi und er schüttelte schnell seinen Kopf: "Nein Tsunade, dein Bemühen ist schon berechtigt. Sie lügt schon wieder, ihr geht es überhaupt nicht gut."
Empört drehte Lumi sich zu ihm um und giftete ihn an: "Das stimmt doch gar nicht, was redets du da schon wieder?"
"Ich kenne dich und ich kenne deinen Körper. Du sagst vielleicht, dass du keine Schmerzen hast, dabei bist du sehr sensibel was Schmerzen angeht. Sogar ein einzelner Nadelstich ist die Hölle für dich, du überspielst es nur immer.", teilte er ihr seine Beobachtungen mit.
"Pf, das glaubst auch nur du.", funkelte sie ihn an. "Naja wie auch immer, ich lass euch mal wieder alleine.", flüchtete Tsunade schnell aus der Situation und ließ ihn mit der aufgebrachten Lumi alleine.


"Beruhig dich wieder, ich will doch nur dein Bestes und eigentlich wollte ich-", redete er eindringlich auf sie ein, doch sie ließ ihn nicht ausreden: "Du hast mich gerade eben als Lügnerin bezichtigt. Wie soll ich jemals einen guten Eindruck beim Hokage hinterlassen? Erst hab ich mich total zum Affen gemacht und dann lässt du es mich nicht mal wieder gut machen!" Sie wollte gerade eben neu ansetzten, um ihm noch mehr an den Kopf zu werfen, da wurde sie grob an ihrem Kinn gepackt und sein Daumen hielt ihr den Mund zu. Wütend musterte sie ihn durch verengte Augen.
"Du solltest mich ausreden lassen oder es wird ungemütlich für dich", drohte er ihr an, "Außerdem wollte ich dir ein Geschenk machen, aber wenn du es nicht haben willst, bitte." Jetzt wurde sie aber neugierig, weshalb sie ihr Gesicht wieder etwas entspannte, um ihm klar zu machen, das sie sich beruhigen würde. Doch den Griff um ihr Kinn löste er trotzdem nicht.
"Also, willst du wissen was es ist?", fragte er ernst und sie deutete ein Nicken an.
"Gut", murmelte er und fischte ein orangenes Buch aus seiner Tasche. Als sie das Cover erkannte, weiteten sich ihre Augen und sie befreite sich aus seinem Griff: "Ist das für mich?"
"Nein, das ist mein Buch, ich entscheide, was du darin lesen darfst und was nicht", stellte er direkt klar.
"Wie willst du nachprüfen, was ich lese und was nicht?", fragte sie verwirrt.
"Na ich lese mit dir", teilte er ihr freudig mit und sie zerknautschte enttäuscht ihr Gesicht.
"Sag mal, willst du mich nicht dabei haben?", unterstellte er ihr und sie schüttelte schnell den Kopf, so war das nicht gemeint.
"Nein, nein. Du behandelst mich nur schon wieder wie ein kleines Kind", nörgelte sie.
"Das stimmt doch gar nicht, ich pass einfach nur auf, dass du nur Dinge liest, die deinem Alter entsprechen", beteuerte er. Das war doch gelogen, als ob ihn so etwas interessierte.
"Hmm, ist klar.", sagte sie ungläubig und er nickte nur nachdrücklich mit dem Kopf.
"Du wirst schon sehen. Wenn es zu spät ist, wirst du es bereuen, aber ich hab dich zumindest gewarnt", grinste er, stand von dem Stuhl auf und hob sie vorsichtig ein bisschen an. Dann setzte er sich hinter sie und ließ sie wieder auf sich nieder.
"Ist das so bequem für dich?", versicherte er sich und legte dann seine Arme um sie und schlug vor ihr das Buch auf. Sie antwortete nur mit einem zufriedenen "Hm" und vertiefte sich dann in dem Buch.

Kakashi, das Eis, das sein Herz erwärmt.Where stories live. Discover now