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Kyl ballte die Hände zu harten Fäusten und sah sie sofort wieder zornig aber auch verzweifelt aufkeuchend an. Wieder schien er nahe daran erbittert und zornig zu weinen, sah noch so jung und so verzweifelt aus wie sie sich gerade fühlte. In seinen Augen glänzte es bereits fiebrig und feucht. Aber vielleicht auch nur betrunken...

„So ... bittest du mich nun also um den Tod?", fragte er sie endlich rau aufkeuchend und schluckte und schniefte mehrmals hart, währen sein trunkener Ausdruck langsam einigem Entsetzen wich.

„Ich... bitte dich nur darum mich richtig loszumachen...", bettelte Lena schon fast „Und dann gehst du vielleicht einfach... gehst einfach weg. Und dann setze ich mich hin, steh auf, jogge ein bisschen oder so und dann passiert was immer auch passiert. Du hast es doch eben gerade selbst gesagt...", argumentierte sie nun leicht atemlos klingend, doch er ließ sie nicht einmal mehr ausreden und warf nur den Brot-brocken und gleich danach den Lederbeutel mit dem Saft laut aufbrüllend an die Wand, dass es rappelte und schluchzte wild auf, so entsetzlich qualvoll klingend, als hätte sie ihm gerade ein Messer mitten ins Herz gerrammt.

„Drodar, Höllenfeuer und Dämonen... Ich weiß was ich gesagt habe, vergiss es!", fauchte er sie peinvoll an und griff ihre freie Hand, um sie wieder seitlich am Bett festzubinden, trotz ihres Wimmerns und Bettelns und legte diesmal auch einen beiten Lederriemen über ihre Stirn, um sie komplett ruhig zu halten.
„Sternenlichte... Vergiss einfach alles was ich dir gesagt habe, Mädchen und geh gleich morgen, nach durchqueren der Tore, zu der Nexusgrenze und lass dich dort von den Jägern zu Tode quälen. Ein Tipp: wer am lautesten Schreit, den nehmen sie gerne mit sich, weil sie gemeine Sadisten sind. Mach dich auch wieder schmutzig und dreckig, piss dich ein. Sei ein geschockter, bewegungsunfähiger Feigling! Dann ist es schnell zu Ende, so du dein Leben nicht mehr erträgst. Aber ich bin nicht der Schöpfer' Werkzeug ein so junges und schönes Mädchen, das außerdem so tapfer und stark und mutig war, zu vernichten! Dazu habe ich dich nicht erst mühsam gerettet und dabei meinen Status und Namen auf's Spiel gesetzt! Das ist bei allen Göttern nicht meine Bestimmung als Jemay!", brüllte er die letzten Worte fast schon und hetzte dann grollend aus dem Raum heraus, so schnell, dass Lena ihm nicht einmal mehr mit den Blicken folgen konnte.

Erschöpft und voller Angst, vor dem was kommen mochte, weinte sie eine Weile und versuchte dann sich an die schönen Geschichten ihrer Mutter zu erinnern, was der Himmel für sie sein würde. Was er bedeutete und wo sie dann hingehen würde.
„Oh Mama...  ich komme bald zu dir. Aber... Ich hab Angst, Mama. Ich weiß nicht was ich tun soll? Papa und Kevin sind voraus gelaufen. Sie waren einfach weg und ich bin verletzt worden... und gefangen.
Mama hilf mir, bitte! Ich fürchte mich vor diesen Wesen. Die sehen aus wie Engel aber kämpfen wie die Teufel.
Mama, sag mir was ich machen soll, bitte! Ich will noch nicht sterben. Es ist mir egal, ob der Himmel voller Pferde ist und dass es dort niemals Leid und Schmerz geben wird, nur Licht und himmlische Musik, Liebe und Freude. Es ist mir auch egal, dass du dort auf mich warten wirst, denn ich hab zu große Angst vor dem Tod, Mama. Und ... ich hab Angst vor ihm. Hilf mir, Mama, bitte.
Wenn du mein Schutzengel geworden bist und mich hören kannst - dann hilf mir... Ich will nicht von den Aliens getötet werde so wie du. Ich will auch nicht verschleppt werden, um noch lange und fies gefoltert zu werden.
Wir kommen nicht mehr rein in die Stadt. Das hat der Junge Alien-Krieger Kyl gesagt. Ich glaub ihm das, Mama. Also wohin soll ich gehen?
Papa ist stumm, seid du tot bist und Kevin erkältet, ... wenn sie überhaupt noch leben.
Hilf mir, Mama! Hilf mir bitte, wo auch immer du bist. Mach das ich nicht mehr so viel Angst habe, bitte, bitte Mama...", schniefte sie noch heiser dann brach sie noch einmal richtig in Tränen aus.

Kyl saß derweil draußen vor der Komaßa im Schnee und hörte das schluchzend gesprochene Gebet an die tote Mutter mit an und das bitterliche Weinen das dem folgte.
Schmerz wallte in ihm auf, gleich einer nie mehr heilenden Wunde. Schmerz und Zorn.
Da musste ein junges und so wunderschönes Mädchen, mit flammendem Haar wie der dritte Mond am Himmel Takolias mit einem  gebrochenem Schädel, gleich morgen in der Frühe, nach Aufgang der Zwillingssonnen zurück auf die Erde, nur um dort noch einmal einen grausamen Tod zu sterben.
Er zog sein Schwert und betrachtete nachdenklich die Klinge, die ihm sein Alter Meister Jendran vor nicht einmal einer halben Triade überreicht hatte. Wie sein Bruder vor ihm war er als Triadengangsbester aus der Bruderschaft hervorgetreten, ein reiner Kern, eine gute Gesinnung – Bah! Das waren doch nur noch so dahingesprochene Worte von schlechten Meistern die nichts taten außer einem Rat zu dienen, statt das zu machen was in den goldenen Büchern stand – ehrenwehrt Handeln, Schwache beschützen, immer allen helfen, die Hilfe brauchten, gleichgültig wann, wem und wo.

Hellara, Kyliander Tak-Ninjah!", begrüßte ihn ein hübsches Tak-Mädchen plötzlich freundlich lächelnd und trat vom Weg auf ihn zu, so heiter lächelnd als gäbe es gerade nur lauen Wind und schöne Träume in den Welten.
„Wie geht es dem Menschenmädchen, das morgen auf ihre Erde zurückkehren wird? Freut sie sich schon auf zu Hause?", fragte sie lieblich lächelnd mit Augen so grün wie die Wälder und Lippen verheißungsvoll wie die Sünde. Die Haare trug sie offen wie es seid neuem Mode war und ließ sie lang herabwallen.

„Nein, es geht ihr schlecht damit, denn sie
fürchtet sich schon jetzt fast zu Tode vor dem was sie erwarten wird. Außerdem ist sie gerade festgebunden, damit sie sich nicht regt, da ihr Knochenwachstum stark beschleunigt wurde, um sie auch nur ansatzweise Gesund zu bekommen, bevor diese Harpyen vom Rat sie zurücksenden. Derzeit würde jede starke Bewegung sie sofort töten.  – Aber ich sehe schon die Frage war nur retorisch gemeint, nur ein Mittel um mit mir ins Gespräch zu kommen, dem Sohn und Erben Kitomas, nicht wahr?
Du nimmst ebenfalls keinen Anteil am Schicksal der Menschen, die wir Jemay zu retten versucht haben und die der Rat aus reiner Bosheit und Rachsucht vernichtet sehen will.
Geh, lauf fort zu deinem Großvater und berichte ihm das Kyliander Tak-Ninjah dem Rat gelästert hat, Nitha. Sowieso werde ich nicht mehr allzu lange hier verweilen und statt dessen eine Dienstzeit auf der Erde antreten. Vielleicht finde ich dort ja endlich meine wahre Gefährtin und nicht nur eine solche, die meinen Titel und meinen Namen zu tragen wünscht. - Wie ich das alles Hasse!", knurrte er das nun sehr beleidigt aussehende Mädchen finster an und kehrte unvermittelt in seine Komaßa zurück.

Lena war inzwischen wieder eingeschlafen. Wie auch nicht, mit einem Kopf der praktisch nur noch aus Matsch bestand und allein noch vom guten Willen der Götter zusammengehalten wurde?
„Ich wünschte ich könnte dich beschützen.", flüstert er leise und beugte sich besorgt über sie, strich einmal mehr andächtig über ihr seidiges rotes Haar, dass ihn so unglaublich faszinierte, weil es da rein gar keinen Ansatz zu einer anderen Färbung gab. Denn dies war wirklich ihre natürliche Haar-Farbe, weil sie so anders aussah als alle Tak und so unglaublich blaue Augen hatte, die ihm scheinbar bis tief in die Seele hinein blicken konnten.
„Du wenigstens bist echt und wahr in deinen Gefühlen, junge Lena. Und was du in mir bewegt hast, alleine durch deine Blicke, ist erschütternd für einen Jemay wie mich. Mein Bruder würde nun gewiss zu mir sagen: Und du hast mir einst gespottet... ja das habe ich.
Doch so langsam verstehe ich auch warum es ihm so ernst war mit seiner Nati. Warum er sie auch dann nicht aufgegeben hat, als sie vor ihm zurück auf die Serie floh und sich zu dort in den Schutz anderer junger Krieger begab.
Wenn du einmal ein Jemay bist und dich für den wahren Weg entschieden hast, dann kann es keine Umkehr mehr geben. Denn die Einzigen die heute völlig vom Wege abgekommen sind, sind das Volk der Tak."

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückOnde histórias criam vida. Descubra agora