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Er erhob sich abrupt und sah seinen Bruder auffordernd an. Der nickte nur ruhig und hielt ihm die offene Handfläche entgegen.
„Gib ihr deinen Ahnendolch Bruder. Farahn und ich bestätigen, dass sie nicht gedrängt, nicht erpresst oder in Aussicht auf den sicheren Tod genötigt wurde diese Verbindung einzugehen. Du hast ihr alle Wahlfreiheit gelassen, die sie gerade haben kann und sie ist einverstanden dich zu wählen und deine Gefährtin zu sein.", sagte er zeremoniell zu ihm.
„Wir beglückwünschen euch beide, so es auch dein Wille ist sie zu erwählen, Kyl!", viel Farahn in die Worte seines besten Freundes ein.
Kyl aber blickte nun wieder ernsthaft auf Lena hinab, die ihn verwirrt anstarrte immer noch mit Augen voller Furcht und Pein, glänzend vor Schmerz, aber trotzdem willens und stark.

Sie hatte gegen die Angreifer gekämpft. Sie war eine Kämpferin. Ihr Haar loderte feurig im Licht des Tages.
Anders als Nials Gefährtin Nati, die vor einigen Triaden schon komplett gebrochen und nur noch leidend hier in Takolia angekommen war. Doch Lena war nicht so. Sie war nicht gebrochen.

Er zog ohne den Augenkontakt zu ihr zu unterbrechen, einen der Gürtel von seiner Mitte ab, legte die Schlaufen aneinander und zog den gebogenen Ahn-Dolch hervor der in der schwarzen großen Scheide stak.
„Dies ist der Dolch meiner Ahnen, der Dolch, der meinen Namen trägt, mein Leben, die Versicherung von Schutz, Nahrung und Gebor-genheit. Die Versicherung auf eine Verbindung die geschlossen wird und nicht brechen kann. Du fürchtest mich noch, doch wirst du lernen mir zu vertrauen, meinem Wort aber zunächst gehorchen müssen, solange du nicht weißt was hier Recht und Unrecht ist und wie sich beides äußert. Du hast jederzeit die Möglichkeit nein zu sagen, zu gleich welchem Anliegen, dass ich dir vortrage. Du hast die Möglichkeit meine Kinder in dir zu unterbinden – oder sie zu empfangen und zu gebären, wann immer du sie erwarten möchtest oder es aber noch nicht der rechte Zeitpunkt für dich scheint.
Du erhältst alle Möglichkeiten und Annehmlichkeiten die auch mein sind, allen Reichtum den ich besitze, wie auch mein unverbrüchliches Wort, dich zu ehren und zu achten, Geduld zu üben, denn wir kennen einander noch nicht sehr gut und was fremd ist wird oft missverstanden.
Ich werde deine Einwände zu gleich welchem Thema berücksichtigen und dir ein wahrer, ehrenvoller Gefährte sein.
Nun ist es an dir meinen Dolch anzunehmen und zu tragen... Darf ich ihn dir umlegen zum Zeichen des Bundes?", fragte er sie leise. Lena schluckte gleich mehrmals hart und nickte schließlich hastig, um es sich nicht doch noch einmal anders überlegen zu müssen.

Kyls riesiger Bruder half ihr vorsichtig sich auf dem Lager aufzusetzen. Sie biss die Zähne hart aufeinander um nicht aufzuschreien und sah Kyl nur noch unverwandt in die engelsgleichen Augen, die so herrlich grün schimmerten, wie die Südsee im Pazifik.
Wirklich eine außergewöhnliche Farbe dachte sie bei sich und schloss erschöpft die Augen, während er bereits schnell aber sachte den schwarzen Gürtel um ihre Mitte legte und ihr dabei aber zugleich ganz sachte und behutsam die blutige Jacke und die aufgeschlitzten Schneehosen auszog.

Das war jetzt sein Recht, oder? Wenn sie nun seine Frau war, dachte Lena kurz und schloss erbgeben die Augen.

Er hatte gesagt sie dürfte zu jedem Anliegen auch nein sagen. Sie durfte ... aber bestimmt war es schlecht wenn sie von Anfang an zu allem nein sagte, oder? Dann würde er sie
sicher nicht mehr allzu nett behandeln oder so Rücksicht auf sie nehmen.
Ihre Mutter hatte ihr mal früher von Kriegsbräuten erzählt, die Vernunftehen geschlossen hatten, nur um ihr Leben oder das ihrer Kinder zu retten. Wie aus ein klein wenig Sympathie erst Verständnis werden konnte und später sogar echte Zuneigung, wenn man nur offen und ehrlich für alles und jedem gegenüber blieb und... sich auf Kompromisse einließ. Sie hatte Bücher darüber geschrieben, über die Frauen, die in dem frühen Amerika in den Westen gezogen waren, nur um einen Mann zu finden, den sie zuvor per Ferntrauung heiraten mussten und noch nicht einmal im Leben gesehen hatten.
Da hatte sie es doch heute deutlich einfacher. Sie hatte Kyl wenigstens schon mal gesehen und hatte außerdem die Wahl gehabt, ... oder nicht?

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now