6/2

58 20 1
                                    

Und richtig.
Jilliar hielt ihn draußen auf dem Weg vor der Heilerkammer fest und Herr Werner empörte sich gerade lautstark darüber.
„... kann man nicht einmal sein eigen Fleisch und Blut suchen, ihr Aliens? Was seid ihr nur für herzlose Bastarde...!", brüllte er zornig auf.
Kyl trat nur schweigend die wenigen Stufen auf den Weg hinab und die Krieger ließen augenblicklich die Schwerter sinken die Herrn Werner gerade aufhielten und nahmen nun um ihn herum stehend Haltung an.

„Mein Hochlord. Wir haben den Menschen aufgehalten, wie ihr es wünschtet.", meldete Jilliar ihm zackiger, als er es eigentlich müsste. Kyl wusste, dass der Freund sich insgeheim über ihn amüsierte. Das wollte er sich garantiert nicht entgehen lassen, wie Kyl seinem neuen Ohmo zum ersten Mal gegenübertreten musste.

Kyl unterlies den finsteren Blick in seine Richtung, der wäre eines Hochlordes unwürdig gewesen und wandte sich direkt an Herrn Werner.
„Nun habe ich die Zeit mir das Bild anzusehen, welches sie herumzeigen.", sagte er gelassen zu dem zornigen Mann, der seiner Tochter die eigenen Augen vererbt hatte... wie auch diesen äußerst bösen, ja finsteren Blick, wenn er wie jetzt gerade zürnte.
„Warum schmeißen sie uns da raus? Das sind unsere Leute die sie hier ankarren...", ereiferte er sich empört.

„Weshalb es ihnen doch gewiss wichtig sein sollte, dass sie von uns schnell und bestmöglichst versorgt und nicht nur liegen gelassen werden, bis sie tot sind, wehrter Herr.
Ich denke in eurer Welt gibt es ähnliche Häuser und auch dort dürfen sie den Heilern bei ihren Taten und Werken nicht direkt im Weg stehen.
Sie können sicher sein, dass alles getan wird, für ihre Leute. Aber sie können sich ebenfalls sicher sein, dass wir nicht zulassen, dass nur wegen ihrer unverantwortlichen Einstellung ihre augenblicklichen Wünsche nach Wissen über den Verbleib eines Angehörigen über die Bedürfnisse der Verletzten zu stellen, ein einziger Mensch unter unserer Fürsorge stirbt."

Er wandte sich auch an die anderen Menschen die nicht weit entfernt standen und ihm ernsthaft oder besorgt gelauscht hatten und hob friedfertig seine Hände.
„Es werden fortan Listen mit Namen der Geretteten ausgehängt werden, die ständig aktualisiert werden, damit die Menschen darauf lesen können, ob jemand aus ihrer Verwandschaft bei den Überlebenden oder Verletzten im Haus der Heiler liegt. Jedoch kann ich eure Suche wie sie heute erlebt wurde, nicht länger hinnehmen.

Wenn ein Mensch jemanden auf der Liste kennt oder zu seinen Verwandten zählt, so meldet er sich bei den Jemaywachen und diese vermitteln einen Besuch im Lager der Heiler, sodass festgestellt werden kann, ob die Person auch wirklich diejenige ist, die man sucht.
Ist sie es, kann der Mensch selbstverständlich bei dem Kranken bleiben und ihm Trost sprenden, ihn eigenhändig pflegen und ermutigen. Das ist bei uns so Gesetz.", verkündete er kühl und gelassen.
Dann streckte er die Hand wieder zu Lenas Vater aus.
„Das Bildnis?", fragte er ernsthaft doch Herr Werner sah ihn nur misstrauisch an.
„Du bist verdammt noch mal viel zu jung um erwachsene Leute hier so herumzukommandieren Bürschchen... Wer hat hier das Sagen? Ich will deinen Vorgesetzten sprechen!", bellte er finster.

Kyl konnte nicht anderes als zu schmunzelnd und sah kurz auffordernd zu Jilliar hin, der nun aber sein schmunzeln verkneifend einen Schritt vortrat und den aufgeregten Herr Werner sachte an der Schulter antippte.

„Seid froh das unser aller Hochlord gerade in guter Stimmung ist und Nachsicht mit euch Menschen walten lässt. Was ihr da gerade gesagt habt und wie ihr ihn eben angesprochen habt... das ist Hochehrenbeleidigung.
Und wir Tak schätzen es gar nicht, wenn unser vom Volk sehr geliebter Hochlord von den Menschen als Bürschchen beschimpft wird.
- Ihr solltet euch also besser mal umgehend entschuldigen!", verlangte er knurrig.
„Hoch-was?!", fragte Herr Werner ungläubig.

Kyl lächelte kurz ehrlich und freimütig und hob die Schultern.
„Meine Gefährtin konnte es zunächst auch nicht glauben, sie ist ein Mensch wie ihr. Doch sie nennt mich... seid sie verstanden hat wer ich bin... in ihren Gedanken immer nur den König von Takolia.

„Takolia ist aber doch der gesammte, verdammte Planet.", bellte Herr Werner finster vor sich hin. Kyl wartete nur seelenruhig und gelassen ab, bis die Erkenntnis in ihn einsickern würde. Und wirklich die rasche Auffassungsgabe musste Lena also ebenfalls von ihm haben
„So ein Junger Bursche, fast noch ein Kind - und Herrscher über einen ganzen Planeten?", fragte er schließlich ungläubig.
Jilliar tippte ihn noch einmal höflich an. „Nennt ihn Hochlord, denn er ist gerade tatsächlich auch noch der stärkste und beste Kämpfer Takolias. Der Erste unter den Jemay überhaupt und der Erbe des Hauses Tak-Ninjah. Ihn Bursche zu nennen oder Kind gehört sich nicht, ernsthaft, Mann! Selbst die Geduld eines Herrschers hat seine Grenzen wenn ihr ihn fortwährend beleidigt.", warnte er ihn angelegentlich.
„Schon gut Jilliar.", winkte Kyl nur beschwichtigend ab.
„Die Menschen denken das jungend gleichbedeutend ist mit Realitätsfremde und Verantwortungslosigkeit. Was aber wohl nur daran liegt dass sie in ihrer Welt ihre Jugend beides nicht ausreichend zeitig lehren, wir aber schon.
Ich wurde zum Erben des Hochlords ernannt im Alter von 54 Triaden. Das entspricht ungefähr achtzehn Sonnenumläufen der Erde. 
Und zum Hochlord wurde ich nach meiner Verbindung mit einem jungen Menschenmädchen, welche mich aus freiem Willen zu ihrem Gefährten wählte, weil sie nicht wusste wer ich war, weil sie sich nach grausamen Schlägen, Folter und der Trennung von ihrer Familie, die sie getötet dachte nun ganz alleine und unbeschützt auf den Welten wähnte.
Und weil sie ansonsten von dem vor mir hier auf Takolia herrschenden Rat der Tak zurück auf die Erde geschickt worden wäre und damit in den wohl sicheren Tod.
Ich bot ihr indes noch ungebunden und ohne Zwang einen Platz im Nexus bei meinem Bruder und seiner Gefährtin an. Sie wollte nicht von hier fort gehen und sich dort alleine der menschlichen Grausamkeit stellen müssen und bat mich um diese Verbindung oder einem gnädigen Tod.
Darum habe ihre Wahl vor dem Rat der eine Allianz mit den Menschen entschieden ablehnte, akzepiert.
Und auch nur deshalb konnte ich noch rechtzeitig genug für jene Menschen, welche sich nun hierher flüchten der Hochlord werden, den Rat entmachten und diese erste Auffang-Siedlung errichten, um sie alle so gut wie nur möglich zu beschützen und zu versorgen, wie auch ihnen vorübergehend ein Obdach zu bieten. Doch natürlich gelten hier andere Bedingungen, andere Sitten und andere Bräuche. Gerade erst musste ich feststellen, dass ich die Bräuche der Menschen stark unterschätzt habe, wie auch deren Zorn.
Meine eigene Gefährtin warf mich heute erst aus unserem prächtigen Haus hinaus, das wir gerade erst bezogen haben und befahl meine Abwesenheit.
Nun ... sie ist verletzt worden, ein Anschlag auf ihr Leben von noch immer Ratstreuen Tak. Sie wollten dass ich eine reinblütige Tak zur Gefährtin erwähle, die nächste Hochlady Takolias zu werden.
Statt dessen berief ich mich auf die alten Bräuche unserer Ahnen, in denen geschrieben steht die Frau wählet sich einen Gefährten, der stark, mutig, entschlossen und kühn genug sein muss um überhaupt bedacht und dann vielleicht im reinen Glauben zum Gefährten erwählt zu werden. Einen Beschützer, einen Diener, einen Verehrer seiner Lady.", zitierte Kyl milde und Werner sah ihn ungläubig an.
„Ein Tak-Krieger, der hier König ist, ist zugleich der Diener einer Menschenfrau?", fragte er ihn sichtlich irritiert.
„Ein Tak-Hochlord der sich eine Herrin gewählt hat die ihn zuerst erwählte, in aller Scheu, Ängstlichkeit und Arglosigkeit, aber mit einer guten Portion Mut im Gepäck.", seufzte Kyl ernsthaft.

„Wie dem auch sei. Sie ist der Grund warum ihr alle noch lebt, warum ihr hier seid, warum ich euch herholen und heilen und versorgen wie auch schon zum Teil weiter in die relativ sichere Schutzzone auf der Erde senden konnte. Sie ist euer Heil und ebenso unser aller milde Herrscherin ... , nun eine Tak genannt und nun hier in Takolia lebend."

Er nahm dem verdutzten Herrn Hoffmann das Foto aus der Hand das Lena nur ein wenig jünger zeigte mit sanftem schüchternem Lächeln und wilden roten Haaren, aber ohne diese hübschen großen Locken.
„Ein bezauberndes Bild.", meinte Kyl nur leise und betrachtete es weiter eingehend.

„Das ist meine Tochter Lena. Sie ist erst siebzehn und ich suche sie schon seid zwei Wochen überall, hier und auf der Erde. Wir rannten zusammen auf der Flucht vor den Masken durch den Wald und sie wurde wohl von den Samurai-Gildach geschnappt. Ich weiß nicht wie, doch auf einmal war sie nicht mehr hinter mir. Wir haben sie überall gesucht, aber sie war weg. Nicht einmal bei den Toten haben wir sie gefunden... Aber da waren ein paar Typen von euch die die Masken abgeschlachtet und Menschen evakuiert haben... und ich habe einfach darauf gehofft, dass ich sie hier finde. Wie gesagt sie war nicht bei den Leichen im Wald und auch nicht bei den Toten im Sammellager..."
„Weil sie nicht tot ist, Herr Werner.", meinte Kyl nur ganz ruhig und reichte dem Vater seiner Gefährtin das Foto zurück. „Sie ist hier auf Takolia und ich kenne sie sogar ziemlich gut, denn sie ist seid kurzem erst meine Gefährtin. Nun genannt Lena-Sophie Tak-Ninjah, unsere neue Hochlady von Takolia."

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now