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Lena sah sich nun doch recht verblüfft um, nur um dann wieder von dem jungen Mädchen abgelenkt zu werden die freudestrahlend ihre Hände ergriff. „Maria also? Wollt ihr sie so nennen - meine kleine Schwester?", fragte sie sie strahlend.
„Wenn ... es euch nichts ausmacht, euch der Name auch gefällt und recht ist und es außerdem so euer Brauch ist...?", murmelte sie schon wieder errötend.
„Dann legt eure Hände jetzt auf ihren kleinen Kopf, Meine Lady.", sagte Kitoma nun neben ihr auftauchend. „Das ist bei uns Tak eine sehr wichtige Zeremonie für die Familie. Ihr berührt das Kindlein und besingt ihren Namen – Oh... natürlich nur wenn ihr denn ihren Namen besingen wollt. Aber so ist unserer Brauch.", erklärte sie ihr weiter.
Lena sah sich kurz um, Alle waren näher gekommen, Kitoma nickte ihr ermutigend zu. Scheinbar war das hier immens wichtig. Aber wie sollte sie denn bitte ein Lied von Maria singen? ...Über Maria.
Kurz räusperte sie sich und versuchte damit Zeit zu schinden. Sie erinnerte sich natürlich an das Lied das ihr Mutter immer in der Kirche gesungen hatte, wenn jemand geheiratet hatte. Sie hatte es zu Hause mitgesungen, weil es so
schön war... doch es war auf Latein.
Kitoma berührte sie sachte am Arm. „Lena-Sophie? Ist euch nicht wohl? Ihr müsst nicht singen, meine Amna, wenn ihr nicht wollt, flüsterte sie ihr leise zu.

„Doch, ich machs schon. Ich... hab auch schon ein Lied von Maria der Mutter von Jesus im Kopf nur... meine Mutter hat es früher immer gesungen. Und ich glaube nicht dass sie noch lebt, wie gesagt. Die Jäger haben sie vor ein paar Tagen, als wir geflohen sind sicher getötet, als sie sich ihnen tapfer entgegenstellte um mein Leben und das meines kleinen Bruders zu retten und uns einen Vorsprung zu geben, dass wir noch rasch wegrennen konnten...
Und das ist nun auch wirklich besser so, dass sie tot ist. Wenn ich daran denke was sie nun leiden müsste, wenn sie sie mitgenommen hätten... Aber wenn ich mich daran erinnere wie sie immer dieses Lied gesungen hat, kommen mir die Tränen. Sie hatte eine so wunderschöne klare Stimme und könnte hier sicher gerade viel, viel besser singen als ich es kann.", schloss sie flüsternd schniefte leise und schwamm dann sich leise räuspernd zu dem kleinen Baby hin, das schlummernd in seiner Mutter Arme ruhte, und legte ihr leise „Hallo, kleine Maria. Ach, was bist du süß..." zuflüsternd eine Hand schützend auf den winzigen Kopf.
Rundherum wurde es nun ganz still als sie das lateinische Ave Maria zu singen begann, leise zunächst, doch dann so wie die Mutter es sie gelehrt hatte, immer lauter, offener, die Worte vernünftig ausformulierend, kräftiger und klarer werdend, dabei den Mund weit öffnend, um die Stimme in ihrer Brust und Kehle voll zu entfalten und trotz allem aber weich und sanft bleibend. Der Hall in der Grotte tat noch das seine dazu und verstärkte den Gesang, warf ihn von den Felsen zurück, sodass er in jede Ecke hinein schallte und damit auch bis hinaus aus dem Badehaus.
Sie sah es nicht, als die Tak die am Badehaus vorbeigegangen waren, angelockt von ihrer Stimme und fasziniert, von dem fremden Gesang hereinströmten und noch komplett angezogen die Grotte betraten, dort dann schlicht niederknieten und andächtig lauschten, als sie die heilige Segnung eines Babys im Quell gewahrten. Sie sah es auch nicht das Kyl beunruhigt hinzukam, als er unverzüglich von einem Wächter des Quell verständigt wurde, dass es da ungewöhnliche Bewegungen im Badehaus gäbe.
Lena hörte nur die klare Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf und sah das winzige, kleine, friedlich schlafende Wesen unter ihrer Hand, das nun Maria heißen würde. So wie ihre Großmutter und sang ihm das Lied mit Tränen in den Augen bis ganz zum Ende vor.
Es gab hernach keinen Zweifel mehr an ihrer Eignung zur Hochlady, keinen Krieger, der nicht betört oder angerührt war durch ihr sanftes Wesen und Lächeln dem Kinde gegenüber und ihrer kristallreinen Stimme, obwohl doch nur ein einfachgeborener Mensch.

Wie sie so dastand im sprudelndem Wasser, umgeben von leichten, alles verschleiernden Dampfschwaden, die ihr eine mystische Aura verliehen, mit einem seligen Lächeln und den langen, durch die schwere des Wassers nur noch milde gelockten tiefroten Haaren welche ihren Rücken hinab flossen und auch ihre kleinen Brüste halb bedeckten, dem schimmernden Stirnreif der Hochlady auf dem Kopf und der milchweißen Haut, die wie der polierte Stein des Thrones glänzte, war sie, trotz ihrer sichtbaren Jugend die Mutter aller, die neue Führerin auf dem Pfad, die geehrte Lady, die Heilige und Gesegnete, die Verehrte und Beschützte, sowie sie nun auch ebenso beschützend die Hand über dem kleinen, neugeborenen Tak-Mädchen hielt.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt