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Um ihre Mundwinkel begann es nun belustigt zu zucken.
Nein... Gott! Das ist doch nicht Konfirmation.", prustete sie leise auf und kicherte dann zum ersten mal richtig fröhlich vor sich hin. Erleichtert aber auch fasziniert berührte Kyl sein Herz.
Sie sah so schön aus wenn sie lachte, dachte er kurz. Und es faszinierte ihn so sehr, dass er ihre weitere Erklärung beinahe überhört hätte:
„Das bedeutet doch nur, dass ich als eine Erwachsene in die Kirche aufgenommen und in die Lehre unserer Religion eingewiesen worden bin.
Ich habe vorher ein Jahr lang Unterricht gehabt in Kirchensitten und Bräuchen in Gebeten und Ritualen. Das war dann zum Schluss nur noch die Initiation. Ich habe es gelernt ich wurde geprüft und dann erhält man abschließend den Segen und eine Urkunde dass man ein evangelischer Christ ist und an den einen wahren und gütigen Gott glaubt und damit am Abendmahl teilnehmen kann, so wie die Erwachsenen.", erklärte sie ihm errötend, weil er schon wieder so fasziniert aber auch besorgt aussah.
„Es ist wirklich nicht so was Besonderes.", tat sie seine Sorge achselzuckend ab. „Im Grunde viel, viel weniger als eine Hochlady auf Takolia zu sein, weit weg von allen Kreuzen und dem Glauben..."
„Doch du betest immer noch zu ihm. Ich habe es selbst gehört. Du rufst ihn an wenn du in Not bist oder erschrocken, Oh Gott!", erklärte er ihr nachdenklich, dann erhellte sich seine Miene. „Ich werde Nialkaron bitten uns ein solches Kreuz zu besorgen damit du auch hier zu deinem Gott beten kannst.", schlug er ihr eifrig vor.
„Ja okay, äh... mach das... aber nicht das er dabei eine Kirche bestiehlt. Die brauchen ihre Kreuze im Moment wirklich alle selber... bei so vielen Toten."
Sie erinnerte sich wieder an den Krieg auf der Erde und ihr Lächeln erlosch.

Der Schlaf hatte die Erinnerungen verzögert und sie hätte sie gerne im Vergessen gelassen, doch das ging natürlich nicht noch länger.
Kyl ging zu ihr hin und ergriff ihre Hand.
„Ab heute werden wir das Leiden aller zu beenden versuchen, meine Herrin!", sagte er nachdrücklich zu ihr.
„Wie denn?", fragte Lena ihn jedoch nur einmal mehr niedergeschlagen. „Wir können ja noch nicht mal uns selbst helfen. Ich kann das nicht. Ich werde auch hier sicher noch weiter angegriffen und verfolgt, wetten? Die... die Typen gestern im Bad die... haben meine roten Haare bewundert. Weißt du was die ernsthaft von mir wissen wollten? Ob ich überall so rothaarig bin. Die... die haben mich festgehalten als ich rausgehen wollte, die waren erst nur neugierig aber dann... dann..."

Er nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich, als er in ihren Gedanken las, was sie insgeheim dachte. Dass das alles sicher nicht passiert wäre wenn er, Kyl dabei gewesen wäre. Dass dann niemand hätte sterben müssen. Doch gleichzeitig verteufelte sie sich auch für diesen Gedanken, weil er rein egoistisch war und er ja immerhin ein König seiner Welt war, der besseres und vor allem wichtigeres zu tun hatte als hinter klein Lena herzutrotten und sie Tag und Nacht zu beschützen.
Außerdem mochte sie sich eigentlich auch vor ihm nicht so gerne nackt baden, auch wenn er heute schon alles gesehen hatte... und auch getan... Gott! - Was wenn sie nun schon schwanger war?
„Nein, das bist du nicht.", beruhigte er sie leise.
„Was?", fragte sie ihn wieder einmal verwirrt.
„Du fürchtest dich wieder, Lena. Dann höre ich deine Gedanken, schon vergessen?", fragte er sie besorgt.
„Das ... wird mir echt noch schwer fallen... das in den Griff zu kriegen. Ist das peinlich...", wand sie sich kurz in seinen Armen.
Er hörte aber das gerade wieder die neugierigen Hofdamen seiner Mutter zu ihnen schlichen und handelte blitzschnell und zog sie an sich. Sein Kuss nahm ihr den Atem und gleichzeitig jeden vernünftigen Gedanken. Er fühlte, was sie fühlte und wurde gleichsam mitgerissen. Er war nicht mehr nur Jemay, er war nicht der kalte Hochlord und versierte Krieger, nein, er war Gefährte und Beschützer und Umsorger und ...

„Mylord, verzeiht, dass wir hier erneut einfach hereinplatzen aber das Frühmahl ist bereitet und..."
Kyl löste sich wieder von Lena die ihn kurz erstaunt anblinzelte aber dann doch wieder hochrot anlief und schnellstens Abstand zu ihm einnahm, sogar zum Bett rüber rannte als würde sie irgendwas suchen, was sie aber in ihrem gedanklich verwirrten Zustand gar nicht konnte.

Er beschloss ihr aus der Verlegenheit herauszuhelfen. „Hier ist es, Lena. Ich halte es bereits in der Hand, - habe es für dich geholt!", hielt er das rotgoldene Siegelblatt hoch das er nun gleich an ihrem Umhang befestigen würde, als weiteres Zeichen für ihren Stand.
Sie drehte sich wieder zu ihm um, räusperte sich, sah kurz zu den Damen hin, die mit gesenktem Blick und zu Boden gerichteten Bet-Händen dastanden und dann erst wieder verwirrt zu Kyl hinauf.
„Hast du?", fragte sie ihn vollkommen durcheinander. Er ging gelassen zu ihr hin und strich ihr ein paar der herrlichen Locken über den Umhang zurück, befestigte das Blatt an ihrer linken Schulter und zupfte dann erst die Locken wieder darüber.

„Bei deinem wunderschön leuchtenden Haar wird dieses blasse Rotgold des Siegelblattes kaum auffallen. - So wie es meiner Herrin gefällt. Du protzt nicht gerne, nicht wahr Lena?", fragte er sie vor diesen Zeugen, wohl wissend dass sie im Moment zu verwirrt war um zu lügen.
„Nein, ganz sicher nicht ich... aber ...ich muss jetzt wirklich zuerst mal ins Badehaus... dringend, Kyl.", flüsterte sie ihm verschämt und immer noch mit dieser flammenden Röte auf den Wangen zu.
Er nicke nur und hob sie augenblicklich auf die Arme. „Dein Wunsch ist mir Befehl, meine Herrin.", flüsterte er ihr verwegen lächelnd zu.

„Wir essen später.", entließ er die Dienerinnen und diese neigten ergeben die Köpfe.
Lena würde sich sicher bald ganz andere Dienerinnen an ihrem Hofe aussuchen wollen, jüngere, statt dieser alternden Tak-Klatschbasen, dachte Kyl und trug sie rasch hinaus ins Freie.

Sicher fand ihre Stirn seine Schulter und sie kniff die Augen zusammen, noch bevor er sie mit seinen Blicken oder Worten warnen musste.
Wie sehr sie sich bereits nach nur einem Sonnenlauf auf ihn eingestellt hatte.
Es erstaunte ihn wirklich. Doch so ging es schneller und er musste ihr nicht noch mal lange erklären was sie tun sollte.

Ja.
Sie passte im Grunde perfekt zu ihm, fand er. Sowohl was ihr gerade erwachendes Temperament anging, wie auch ihre Scheu und die Neugierde, mit der sie auch die Gerichte der Tak probiert hatte, von denen sie aber schon beim Anblick wusste sie würden ihr gewiss nicht bekommen.
Doch sie hatte es tapfer ausprobiert und experimentierte auch gerne mit den übrigen, puren Lebensmitteln, um für sich genießbares herzustellen, war in allen Dingen natürlich und zeigte ihre Gefühle offen auf ihrem Gesicht. Ganz anders als Nialkarons Natalie damals.
Die einzige Sorge die er hatte war ihr noch zu junges Alter und ihre scheue Zurückhaltung.
Er überforderte sie mit all dem hier über alle Maßen und es tat ihm wirklich sehr leid.
Kitoma hatte damals wenigstens den Trost ihrer Eltern und ihren überaus geliebten Gefährten an ihrer Seite gehabt, als sie mit jungen 55 Triaden die Herrin und bis dahin jüngsten Hochlady Takolias wurde. Natalie war nicht lange genug geblieben um wirklich die Erbin zu sein und damit die Verpflichtung auf sich lasten zu fühlen, außerdem war sie damals auch noch ein gutes Jahr, jünger gewesen und nun in etwa so alt wie Lena. Doch er warf seine Gefährtin nun einfach mitten in das Grunuh-Gehege hinein und sie musste zusehen ob und wie sie darinnen zurecht kam. Und das ohne jedes aktive Gen, ohne Freunde oder Eltern an ihrer Seite und ohne je seine Hilfe zu akzeptieren, außer in gefährlichen oder bedrohlichen Situationen, oder wie gerade jetzt, wenn der Weg zu weit war um ihn schnell zurück zu legen.

Nein, sie hatte jedes Recht ihn sich gedanklich an ihre Seite zu wünschen. Denn sie konnte ja auch noch gar nicht wissen wie sie den männlichen Tak hier begegnen musste, konnte nicht wissen was es bedeutete ein Mensch in Takolia zu sein, damals und heute. Sie kannte die Geschichte dieses Reiches nicht und würde es zudem noch lernen müssen wie eine wahre Hochlady aufzutreten und nicht wie ein junges eingeschüchtertes Menschenmädchen von der Erde.

Vor dem Badehaus angekommen blieb er indess überrascht stehen.
Denn Kitoma stand da, seine Ahma, in schneeweiße, flauschige Felle gehüllt, wartend und lächelnd aufblickend, als sie ihn kommen sah.

Na so was...

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now