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„Ihr müsst euch nun beruhigen. Ich denke euer Temperament ist euch heute im Weg, Mylady, doch ist es für eure Genesung nicht förderlich wenn ihr so zornig werdet oder Angst bekommt."

„Wie soll ich denn bitte nicht zornig werden, wenn Kyl meinem Vater ein Gewehr in die Hand drückt und ihn einfach auf sich schließen lässt? Papa war in der Armee und ist Sportschütze. Er kann gut schießen und er wollte Kyl wirklich umbringen, nur damit ich zurück auf die Erde gehe. Herrgott, damit ich frei von ihm bin.
Ich hab's gewusst, dass er das machen würde, ich hab's von Anfang an gewusst, aber gehofft das Kyl so klug ist ihn aufzuhalten ohne das Blut vergossen wird. Er ist doch so schnell...", regte sie sich beinahe schon wieder auf und Tarreks Stirn begann sich wieder zu runzeln.
Lena schniefte kurz. Restra kam herein und trug mal wieder ein Tablett.
Mylady, ich habe mir erlaubt die Jemay vorauszuschicken. Dies ist doch immer so eine Zeit da ihr noch einmal das Badehaus aufsucht. Sie werden dafür sorgen, dass keiner da ist, der euch stört oder verletzt, während ihr badet. Zumindest nicht bis ihr genesen seid.", fügte Restra erklärend hinzu, als Lena nun die Stirn runzelte.
Tarrek nickte zustimmend und nahm dem Mädchen das Tablett ab.
„Geh schon hinunter. Es ist gut wenn jemand bei ihr ist dem sie vertraut, Restra.", sagte er entschieden, dann stellte er das Essenstablett vor Lena auf die Decke und machte eine auffordernde Bewegung.
„Ihr solltet essen, Lena-Sophie. Soviel wie nur möglich, damit ihr wieder zu Kräften kommt.", empfahl er ihr trocken, bevor er sich für den Moment veabschiedete und den Wächter draußen vor der Tür bat ein Auge auf sie zu halten und ihn gleich zu rufen, wenn sie mit dem Essen fertig war.

Der Wächter den sie schon manchmal gesehen hatte und der gerade Restra auf eine höchst schelmische Weise hinterher gegrinst hatte, kam nun zum Vorhang herein und verneigte sich tief vor ihr. „Meine Lady, wenn es euch nichts ausmacht bin ich hier zugegen und passe auf euch auf, wie der Heiler Tarrek es mir gerade aufgetragen hat. Er muss wohl jemanden nach eurem Gefährten schicken, damit der ihm bei seiner Heilung hilft.", grinste er kurz.
Lena fand das aber gar nicht so lustig.
„Wie geht es Kyl?", fragte sie den Wächter nur kleinlaut. „Oh ich bin so eine dumme Pute, denke dauernd nur an mich und kreisch ihn auch an, dabei kriegt er so viele Kugeln von meinem Vater ab..."

„Niemand zweifelt an eurer Zuneigung zu unserem Hochlord, Lena-Sophie, doch dürft ihr euch nicht so sehr um ihn sorgen.", meinte der Wächter belustigt lächelnd und kam noch ein paar Schritte näher zu ihr hin.

„Wenn ihr erlaubt, möchte ich zu eurer Beruhigung zwei drei Dinge erläutern, die Kyl euch nun wirklich schon längst hätte erzählen können!" bat er sie leise und Lena nickte nur Stirnrunzelnd. Der Jemay kam neben das Bett und hockte sich dort vor ihr nieder. Wisst ihr er ist einer meiner Triadengangbrüder, wir erhielten das Schwarz der Jemay zur selben Zeit und ich ward der Dritte von allen. Mein Name lautet Aren. Noch nie sah ich einen Jemay wie euren Gefährten, meine Lady und er überlebt noch viel schlimmeres als nur ein paar kleine Bleizylinder die in seinen Körper dringen.", erklärte er ihr lächelnd.
„Echt?", flüsterte Lena nur fasziniert und der Krieger nickte ernsthaft. „Ja genau, obschon hier natürlich darüber keiner spricht. Vor allem nicht er weil er in seinem Tun nicht der Angeberei und Protzigkeit nachgeben will, so wie andere das gerne machen.
Doch, Meine Lady, das eben war von seiner Seite aus keine zur Schau stellung von Größe, sondern vielmehr eine der Duldung und Gewaltlosigkeit, gegenüber seinem neuen Vater der ihn strafte - zurecht. Dennoch war es wohl auch eine kleine Inszenierung für euch."

„Für mich? Ja, wieso denn? Wenn er gar nicht Angeben wollte was sollte dann der ganze Scheiß?", fragte sie Aren finster.
Der lächelte nur wieder beruhigend. „Er hat damit lediglich unter Beweis stellen wollen wie groß seine Geduld gegenüber seiner Familie ist und dass ihr euch wirklich nicht um ihn sorgen müsst, ihn zu verletzen, wenn ihr ihn einmal zu strafen wünscht, sei es nun mit einem Messer, einem Schwert oder solchen Kugeln. Sein Kommandant hat ihm bei seinem Handeln sekundiert und er, wie auch zwei fähige Heiler sind gerade dabei ihn vollkommen wieder herzustellen, was nicht lange dauern wird, wie ich unseren Hochlord-Bruder kenne. Er besitzt unglaublich viel Kraft. Sogar noch mehr als sein älterer Bruder Nialkaron, obschon er in jüngeren Jahren als nicht besonders Gen-aktiv galt und leider auch nicht die erhabenere Statur des letzten Hochlords besitzt.
Viele waren hier lange skeptisch was seine Ernennung zum Erben betraf, bis er vor drei Triaden dann die Prüfungen der Kontrolle und des Schwertkampfes ablegte.

Meine Lady, vielleicht glaubt ihr mir nicht wenn ich es euch erzähle, doch in all den Ahnenreihen der Tak gab es außer ihm nur einen einzigen anderen, ... einen Meister der hohen Kunst, der das wagte was Kyliander Tak-Ninjah zu seiner Prüfung befahl: Jilliar, sein engster Vertrauter unter den Brüdern des Blutes, sollte ihm den Kopf abschlagen... und zwar auf eine Weise, dass dieser auf dem Körper sitzen bleiben würde."
„Nein... oh... nein das ist doch unmöglich, Aren!",
hauchte Lena furchtbar entsetzt, doch der junge Krieger nickte nur wieder ganz ernsthaft.
„Das hat tatsächlich jeder gesagt, auch die Meister und der damalige Hochlord Hebronar, der entschieden dagegen protestierte. Doch man darf die selbstgewählte Prüfung eines angehenden Jemay nicht blockieren oder seinen Willen brechen, um anderes zu prüfen, also wurde ihm tatsächlich in der letzten Klausur bei lebendigem Leibe der Kopf abgeschlagen, so präziese und genau, dass das Halsstück noch immer an exakt der selben Stelle saß, Ader über Ader, und Muskelstrang auf Muskelstrang, Nerv am Nerv.", flüsterte er ihr nun ganz leise das Geheimnis seiner Bruderschaft zu und nickte gewichtig, als Lena nur wieder der Mund offen stehen blieb.
„Der Hochlord schaffte es dennoch binnen weniger Quinz sich soweit zu kontrollieren, dass überhaupt kein Blut aus ihm heraus floss... und dass er die durchschnittenen Stellen wieder ganz alleine verband, nahtlos und Narbenlos, meine Lady, sodass er tatsächlich nicht daran verstarb, sondern im Gegenteil die ganze Zeit über auch noch bei vollem Bewusstsein und vor den hohen Meistern knien blieb.
Wäre er nicht schon der Erbe des Hochlords gewesen, die Meister hätten ihn nur wegen dieser unglaublichen gezeigten und gelebten Kontrolle in ihre Reihen der höchsten Meister der hohen Kunst aufgenommen, gleich nach seiner Ernennung zum Jemay. Doch Kyliander wusste schon immer um die Verantwortung Takolia führen zu müssen, wenn sein Bruder und auch seine Schwester es nicht wollen. Und dies stand schon früh fest, nicht zuletzt da Nialkaron schwer an der Dunkelkrankheit erkrankte und fast sogar verstarb. Hätte er nicht seine machtvolle Gemaha, die Feelah Natalie kennengelernt, die ihn von der Grenze zwischen Lichtbund Schatten zurückholte, wäre er heute nicht mehr.
Und er ging auf die Erde um ihr ihre Güte durch seinen Dienst bei den Menschen zu vergelten.
So wie sie es auch von ihm erwartete.
Darum nahm Killiander den Titel des Erben offiziell wie auch jenen des Meisters der hohen Kunst nur innerhalb der Bruderschaft und ganz im Geheimen an. Doch ist er trotzdem immer sehr pflichtbewusst, ernsthaft und tut alles was nötig ist, um seinem Volk zu dienen und den drohenden Untergang von uns Tak abzuwenden."
„Ja... Er lässt sich sogar von einem Menschenmädchen wählen, dass er rein gar nicht kennt, von dem er nichts weiß, noch nicht mal ihr Alter.
Danke das du mir das erklärt hast Aren. Jetzt mach ich mir nicht mehr ganz so viele Sorgen.", murmelte sie beklommen und schon wieder kamen ihr die Tränen, während der Wächter nur nickte und dann dem zurückkehrenden Tarrek platz machte, der ihn und auch sie stirnrunzelnd anblickte, bevor er seinen Platz neben dem Bett wieder einnahm und Aren nach draußen vor den Vorhang verschwand.

„Esst auf, meine Lady und trinkt auch noch reichlich. Nicht dass ihr wieder austrocknet!", bat er sie noch eimal auffordernd und sie gehorchte, diesmal aber doch ganz in Gedanken versunken.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now