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„Oh... Okay.", murmelte Lena schon wieder etwas verunsichert von seiner Zurückhaltung, wandte ihm erneut langsam umdrehend den Rücken zu und versuchte sich gewaltsam durchatmend zu entspannen.
Doch sie spürte ihn nun ganz nahe neben sich. Er strahlte eine unglaubliche Wärme ab. Jedes Heben und Senken seines Brustkorbes konnte sie wahrnehmen, obwohl er sich sonst nicht rührte.
Er hatte ihr gesagt er würde nicht über sie herfallen. Er wollte noch ein ganzes Jahr warten... Doch was bedeutetet das denn nun für ihn, für diese Verbindung die er brauchte um Herrscher zu sein? Sie hatte ihm doch vorhin quasi einen Freifahrtsschein ausgestellt, noch in seiner Hütte und trotzdem sagte er nur weil sie jetzt noch keine achtzehn war würde er nicht...? Aber warum hatte er sie dann denn bitte so schnell geheiratet?
Und würde das nicht den anderen Leuten, und vor allem den biestigen Rats-Tak auffallen?
Was würden die denn dazu sagen, wenn er sie einfach so lange verschonte?
War das denn überhaupt Gesetzeskonform?
Musste eine Ehe denn nicht auch hier richtig vollzogen werden, so wie zu Hause auf der Erde, um gültig zu sein? Unauflöslich und nicht mehr anullierbar?
Zu Hause wäre sie dann ja noch gar nicht richtig verheiratet und jeder könnte hingehen und sagen die Ehe ist nicht vollzogen worden, also kann man sie wieder auflösen. War das hier denn so anders? Reichte nur ein lächerliches Messer an ihrem Gürtel aus, damit sie für das ganze Leben verbunden war?
Und was, wenn es nicht so war und er ihr nur die Schonfrist gab, weil sie sich so sehr fürchtete?
Wenn er aber damit sich selbst schaden würde? Und letztlich damit auch ihr.
Was, wenn es dann jemand rausfand und weitersagte - dass er heute Nacht gar nichts gemacht hatte? Was, wenn man sie deshalb dann verantwortlich machen würde? Oder lästern. Was passierte dann mit ihrem Vater und ihrem Bruder, falls die beiden doch noch lebten? Und was mit den anderen Menschen auf der Erde?
Und was passierte mit ihr, wenn die anderen Tak rausfanden - wie alt sie erst war und dass sie ja noch gar nicht heiraten durfte und das Kyl sie auch wirklich nicht anrühren würde, bis
noch ein weiteres Jahr um war?
Würden sie sie dann nicht auslachen oder wie ein Kind behandel, über sie spotten, so hinter ihrem Rücken lästern und darüber klatschen wie prüde und kleinlich sie noch war?

Seine Hand berührte erneut sachte ihre Schulter. Sie zuckte zusammen und wartete. Er hatte wieder ihre Gedanken belauscht. Er hörte das was sie dachte, als würde sie es sagen, aber was bitte konnte man denn gegen Gedanken machen? Die kamen einfach. Das war... so unmittelbar wie atmen. Das war eben so, genauso wie die Angst die gerade wieder ihren Rücken hinaufkroch, als seine Finger behutsam und Hauchzart ihren Nacken berührten. Doch er hielt sie dort nicht fest oder so, sondern strich nur mit den Fingerspitzen hauchleicht über die Haut an ihrem Hals.
Zuerst erschreckte sie das sachte Streicheln.
Er musste sich wieder zu ihr umgedreht haben.

Also wollte er jetzt vielleicht doch, weil sie so Angst hatte was passieren würde wenn nicht...? Hart schluckend rang sie nach Luft.
„M...Mach einfach...", flüsterte sie erneut erbebend und schloss ganz fest die Augen. Oh je, was war sie dumm so was zu ihm zu sagen. Er war so viel Größer als sie und ein Tak. Kein Mensch. Konnte das denn überhaupt gut gehen?
Hoffentlich tat es nicht so weh...
Warum hatte sie nicht einfach an den Garten zu Hause gedacht, an ihren alten Hund und die Fische und ihren Urlaub am Meer vor zwei Jahren?
Wieder strich er sachte über ihren Nacken. Sie meinte Wärme in sich hinein fließen zu spüren, fast so als würde er sie nun heilen und erschauerte leicht. Die Augen vielen ihr einfach zu.
Sie hatte nicht einmal mehr Zeit darüber nachzudenken, dass der Krieger sie gerade irgendwie magisch dazu brachte einzuschlafen, statt sich weiter über diese seltsame Verbindung und diese Nacht zu sorgen. Es ging so schnell, dass sie schon träumte, noch bevor sie wusste das sie schlief.

Nur Kyl blieb noch eine ganze Weile still neben ihr sitzen, nun wieder hellwach aufgerichtet mit einer Hand auf ihrem Nacken. Er spürte ihren Puls der sich endlich beruhigte, fühlte ihren Traum in dem sie wieder zu Hause und glücklich war, sah die Bilder in rasch wechselnder Folge in ihrem Geist ablaufen und hielt die Verbindung damit sie auch nicht umschlagen und zu gruseligen Alpträumen werden würden, die bereits an den Grenzen ihrer Erinnerungen lauerten.
Lena hatte natürlich vollkommen Recht mit ihren Sorgen, Ängsten und Gedankengängen. Sie war anscheinend wirklich sehr Klug und hatte eine starke Auffassungsgabe, fand er mehr als nur ein wenig beeindruckt.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now