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Eine Weile gingen sie nur schweigend. Der Weg war so viel länger als Lena gedacht hätte,
doch Kyl war ja auch mächtig schnell.
Insgeheim hielt sie Ausschau nach ihm, während sie weiter und weiter den Hügel hinabwanderten bis zu den Randgebieten der Wohnhäuser. Sie waren jetzt bestimmt schon über eine halbe Stunde lang immer nur berab gelaufen.

Lena war immer verwirrter, das das alles hier so weit weg war... und der Berg hinter ihr so schrecklich steil.
„Dort, Lena!", sagte Restra schließlich und zeigte auf einen großen Tak-Auflauf vor der Badegrotte. Da standen Leute herum die offensichtlich brüllten und miteinander stritten.
- Auf Tak.

Lena trat näher heran und fragte jemanden was denn los sei, doch man drehte sich noch nicht einmal zu ihr um. Restra blieb zurück, als Lena sich nun entschieden schnaufend den Stirnreif den sie bisher am Arm und unter dem Umhang getragen hatte auf den Kopf setzte und den Mann der eben nicht reagiert hatte noch einmal und diesmal wesentlich lauter fragte: „Was ist hier los?"

Sofort herrschte Stille und die Menge teilte sich vor ihr, wie sich irgendwann mal das Meer vor
Moses geteilt haben musste.
Sehr zu ihrem Missfallen verneigten sich nun fast alle auch noch stumm vor ihr und sie trat mit klopfendem Herzen zum Eingang des Badehauses hin, wo eine Frau, offensichtlich eine der bisherigen edlen Tak stand und den Eingang versperrte.

„Gib den Weg frei.", sagte Lena leise zu ihr.

„Für euch ja, meine Hochlady, doch nicht für diese... diese Brut dort. Stellt euch vor! Sie wollen heute alle hir baden, und auch deren Kinder und Schwestern und Mütter. Als wären sie..."
„Als wären sie Tak?", fragte Lena die Frau nur wieder ganz leise und sah sie dabei gespannt an. Die Frau lief hochrot an und schwieg, gab aber den Weg immer noch nicht frei.

Schließlich drehte Lena sich herum und sah sich suchend um, bis sie Jilliar fand der ganz in der Nähe stand und sie beobachtete.
„Entschuldigung... Krieger, könnt ihr mal bitte herkommen?", winkte sie ihn zu sich heran.
Jilliard war erstaunt über ihre Höflichkeit und das sie sich bei ihm entschuldigte, bevor sie ihn bat zu ihr zu kommen.
„Meine Hochlady?", fragte er diestbeflissen.

„Bitte,", begann Lena zu ihm zu sagen wobei sie nervös die Finger in ihren Umhang verkrallte. „Ich habe die Halbweisenkinder und Eltern alle hierher gerufen, die bisher noch nicht gesegnet worden sind und wir wollen das jetzt hier in der Badegrotte machen. Könnte ich... vielleicht die Grotte für alle anderen Tak sperren lassen, die schon mal früher gesegnet wurden, bis wir das gemacht haben und dann können wieder alle rein oder finden sie es besser wenn ich die Grotte nicht sperre und jeder einfach reinkann... nur dann könnte es zu voll werden, oder?", fragte sie ihn unsicher.

Jilliar der schon von Lenas Absicht gehört hatte verneigte sich nur tief vor ihr.
„Möchtet ihr nun also das wir Wächter dafür sorgen das alle Halbweisen ungehindert mit ihren Kindern das Badehaus betreten dürfen und die übrigen Tak sie dabei nicht belästigen?", fragte er sie, höflich eine Alternative anbietend.
Doch Lena runzelte nur ieder irritiert die Stirn und sah ihn komisch an.

„Ich dachte wir sind jetzt alle Tak, weil Kyl das gestern an den Klippen so beschlossen und verkündet hat.", fragte sie ihn halbwegs irritiert und Jilliar errötete tief, wurde ihm doch von seiner Herrin gerade ohne jede Anklage bewusst gemacht wie tief die Rassentrennung auch in seinem eigenen Denken verwurzelt war.
„Mylady, ich erbitte eure Verzeihung. Ihr habt natürlich vollkommen Recht. Das Badehaus steht für alle Tak immer und zu jeder Zeit offen und hier stehen ausschließlich Tak vor dem Eingang, die gerade daran gehindert werden zu Baden. Möchtet ihr das wir jene Tak dort arretieren, damit jeder das Haus betreten kann und jeden Aufhalten der einen Tak daran hindert hereinzukommen?", fragte er sie leise und unterwürfig.

„Ähm... nein, ich glaub nicht, das das so derbe nötig ist. Nehmt sie doch bitte einfach nur da weg und sagt ihr sie soll entweder Baden oder nach Hause gehen. Ich segne jetzt die Kinder, die noch nicht gesegnet wurden und... begrüße sie in einem neuen Leben... an diesem neuen Tag.", meinte sie umständlich und räusperte sich mehrmals. Jilliar nickte und verneigte sich erneut sehr tief vor ihr. Von ihrer milde und vollkommenen Unkompliziertheit beeindruckt die Dinge zu regeln, ohne wahrhaft zu strafen.
Dann trat er zu der Edlen hin die nur komplett
fassungslos Lenas Worten gelauscht hatte und griff sie am Arm, zog sie durch die Menge davon bei Seite und Lena lächelte die Leute unsicher an, die nun herandrängten.

Ähm... kommt bitte erst nach und nach rein, wenns geht. Nicht dass ihr euch irgendwie behindert oder jemand verletzt wird, weil ihr denkt ihr müsstet euch beeilen, das müsst ihr nicht. Wirklich! Ich fange erst dann an, mit der Segnung und dem singen, wenn alle da sind.", versprach sie tief durchatmend , sah sich nach Restra um, die sogleich an ihre Seite trat und ihr den Vorhang aufhielt und betrat dicht gefolgt von ihr das Badehaus.

„Oh Gott ich wünschte Kyl wäre hier gewesen und hätte das geklärt. Er hätte es sicher besser gemacht als ich, Restra. Hast du ihr Gesicht gesehen? Die war total von den Socken, die Frau. Hoffentlich schlagen sie ihr jetzt nicht doch noch irgendwas ab, nur weil sie dumm ist und gestern nicht aufgepasst hat.", sorgte sich Lena ein wenig.
„Oh meine Lady, das tun sie sicher nicht. Du hast schließlich klar gestellt das du sie nicht bestraft sondern nur belehrt haben willst.", flüsterte sie leise, doch nun drängten weitere Frauen und Kinder herein, sodass sie wieder etwas Abstand einnahm und sich verschmitzt zwinkernd räusperte. „Ich fand eure Ansprache eben, vor allem das was ihr zu Hauptman Jilliar gesagt habt, äußerst überlegt und passend.", meinte sie wieder hochoffiziell redend. Lena rollte nur mit den Augen, beließ es aber dabei. Das war eben die Öffentlichkeit, dachte sie während sie sich die Stiefel und die Kleider auszog.
Restra nickte ihr gewichtig zu und sah auch in die anderen unsicheren Gesichter, bevor sie noch einmal bekräftigte was Lena gerade geklärt hatte: „Der Hochlord hat uns alle höchstselbst zu Tak erklärt. Wir müssen nun ebenso alle umdenken und aus dem Dunkel hervortreten... ins Licht! - Und ein neuer Tag beginnt!", endete sie so wie Lena es eben gerade gesagt hatte. Die grinste nur wieder belustigt und schüttelte den Kopf, nun nur noch in Unterkleidung die sie sich über den Kopf zerrte und in die Wäschewanne warf.

„Ja, toll! Das wird mir jetzt garantiert noch ewig nachhängen, der Satz.", murmelte sie ein wenig kleinlaut und ging hinüber ins Badehaus, das bisher noch keiner betreten hatte, um möglichst schnell ins Wasser zu kommen, und sich vorher aber noch mal schnell zu erleichtern.
Da waren nämlich nicht nur Frauen und Kinder unter den Tak in der Umkleide... da standen nun auch wieder Wach-Krieger und Männer dabei. Wenn die alle reinkommen würden hätten sie das reinste FKK Baden in der Grotte, oder so wie in den großen Spa's auf der Erde: Textilfrei... Bah... Das hatte sie noch nie leiden können. Bevor der Raum sich mit Tak gefüllt hatte war Lena schon quer durch die Grotte gelaufen, suchte den Abtritt auf und warf sich dannach in das sprudelnde, heiße Wasser hinein, so wie Restra, die schon auf sie wartete.

Neidisch und verlegen betrachtete Lena die vollendete Figur des anderen Mädchens. Sie hatte leicht gebräunte Haut, war gertenschlank, hatte aber trotzdem richtige Formen und nicht nur so lange weiße Stelzen wie sie selbst oder so eine echt total winzige Brust.

Und dann erst ihre unendlich langen Haare die sie sich sonst immer zu einem enorm dicken Zopf geflochten hatte. Braun mit langen blonden Strähnen durchzogen, die beinahe weiß schimmerten.
„Lena, stimmt etwas nicht?", fragte Restra sie schließlich unbehaglich, als Lena sie nur weiter betrachtete und dabei immer trauriger wurde.
„Es ist nichts... nur das hier alle Tak-Mädchen so wunderschön sind und ich... bin nur mal wieder die Karotte im Suppentopf.", murmelte sie kleinlaut vor sich hin. „So rote Haare hat außer mir keine und ihr habt so schöne gebräunte Haut, meine ist nur langweilig weiß.", murmelte sie bedrückt.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now