57

60 20 0
                                    

Die Tak wichen unwillkürlich einen Schritt vor ihrem Hochlord zurück. Nur Lena wagte es nicht und sah nur wieder kurz besorgt zu ihm hin, wie auch er diesmal ganz kurz zu ihr. Seine Miene hellte sich für eine Sekunde nur auf, bevor er wieder zu den Tak hinunter blickte:

„Seht alle nach links und seht alle nach rechts, seht vor euch und hinter euch.
- Wer ist da der bessere Tak, wer ein schlechterer? Wer hat Ehre genug in sich, um nicht vor Neid und Missgunst zu tuscheln und zu klatschen und sich zu empören über die heilige Segnung und Namensgebung... eines neugeborenen Kindes der Tak?", explodierte Kyl nun beinahe vor heißem Zorn. Und einige der Tak unten... oder vielleicht auch Halbweisen ließen sich instinktiv auf ein Knie sinken und senkten gleichsam erbebend die Köpfe.
Auch die Familie der kleinen Maria sank rasch auf ein Knie.
Lena sah nun wirklich furchtsam zu Kyl hin, der sich nun wieder ihr zugewandt hatte, auf sie hinunterblickte und ein Muskel an seiner Wange zuckte heftig, so als ob er gleich aus sich herausfahren wollte, als ob er jemanden töten wollte. Instinktiv wollte sie sich nun auch hinknien, doch Kyl verhinderte das, indem er fest ihre Hand packte, sie dichter an sich heranzog und dann seinerseits vor ihr auf ein Knie hinunter sank, während er nun ihre bebenden Hände einen Kreis nach oben beschreibend auf seinem Haupt ablegte. Und den Kopf tief sinken ließ.
Lena sah ihn nur reichlich fassungslos zitternd an und dann wieder nervös schluckend die Leute unten, die dem zusahen was hier gerade geschah. Inzwischen kniete über die Hälfte der dort unten stehenden und sahen eingeschüchtert oder besorgt zu ihr hinauf.
Kyl stöhnte kurz rau auf bevor er ihre Hände wieder ergriff und zu ihr afblickte nun fast schon verzweifelt aussehend. Und seltsam niedergeschlagen.
„Meine liebe und herzensgute Lady fürchtet sich nun. Fürchtet sich vor dem eigenen Volk, dabei hat sie ihm bisher nichts als Glück und Segen, Gerechtigkeit und ihre ganze, wohlmeinende Gunst geschenkt.", begann er nun wieder viel ruhiger, doch immer noch laut zu sprechen.

„Sie hat nichts für sich verlangt und auch nichts für ihr Volk erbeten. Sie hat nichts an Besitz gefordert, keinerlei Bitten nach menschlichem Essen oder Kleidung an mich gerichtet, sondern sich sofort an die hiesigen Gegebenheiten angepasst.
Sie hat niemandem hier auf gleich welche Weise geschadet und ihre Pflichten an uns erfüllt, rein im Dienste des Volkes stehend, im Dienste dieser Welt.
Sie hat sich mir angeboten und hingegeben, freiwillig, obschon sie tausend Ängste litt, tausend Qualen erdulden musste, gerade erst ihre geliebte Familie verlor in Tod und Leid und das alles binnen dieser einen Quarte. Sie hat dennoch immer wieder nach vorne gesehen, hat nicht aufgegeben und sich uns allen angeboten, helfend, segnend, sogar unterstützend und nur einzig für die Schwachen und Kranken Bewohner unserer Welt einstehend, denen es im Grunde aber viel besser ging als ihr selbst. Und dabei zählt sie gerade mal erst kürzlich gewordene 51 Triaden Lebensalter!", sagte er nur wieder aufbrüllend, stand auf und Lena hörte nun lautes Geraune und erschrockene Rufe in der Menge. Wieder sah sie verstört hinunter und senkte dann beinahe losweinend den Kopf.
Was tat Kyl denn da nur? Warum erzählte er so was irres über sie? Das war sie doch gar nicht, hatte sie doch gar nicht wirklich so getan, also warum stellte er sie nun auf so ein irres Podest und schimpfte mit seinem Volk?
Doch Kyl unterbrach ihre Gedanken nur wieder und ergriff noch einmal ihre bebende Hand um einen weiteren Kuss darauf zu hauchen.
„Ja, sie ist wohl viel zu jung um schon so Klug zu sein, so weise und umsichtig. Sie ist auch zu jung um die Gemaha eines Tak zu sein. Sie steht alleine hier und einsam ohne den Halt und Schutz ihrer Familie, die sie tot glaubt oder verloren. Sie hat mich dennoch erwählt, und sich mir dennoch geschenkt, weil sie in ihrer Klugheit wusste, dass eine Verbindung zwischen Gefährten erst dann zählt, wenn Körper, Geist und Seele gleichsam miteinander verschmolzen sind.
Und das tat sie obschon sie uns Tak und unser Handeln kaum kennt noch versteht. Kaum einer hier hat ihr dabei geholfen zu verstehen. Kaum einer hat ihr etwas erklärt. Sie hat einfach nur gehandelt, so wie sie es als recht empfindet, wie sie es im Herzen spürt, dass es wahrhaft und gut ist. Und sie handelte rein und Gerecht und im Glauben an Unschuld und Güte.
Das sind Attribute wie man sie auf dieser Welt dieser Terzen nur noch sehr selten findet. Es sind Attribute, deretwegen ich ihre Wahl akzeptierte. Denn reineres Blut kann eine Tak nicht haben, als dass sie es besitzt.", verkündete er ernsthaft und küsste diesmal ihre Handinnenfläche, bevor er sich wieder zu der schweigenden Menge umwandte und sie nun eingehend betrachtete... zweifelnd, unglücklich und müde aussehend.

„Seht euch um Volk Takolias, seht wer neben euch steht, hinter euch vor euch. Ihr denkt dies ist ein schlichtes Fest zum Triad doch dem ist nicht so, Es ist außerdem ein Lakala!", sagte er das letzte Wort eiskalt in die Menge herein, was schon wieder für einiges Geraune sorgte und auch erschrockene Blicke.
Kyl gab seinen Jemay nun ein Zeichen. Die drängte sich nun durch die Menge und holten einzelne Tak heraus, Mädchen und junge und alte Männer, sie trennten sie in Gruppen und die dritte Gruppe, die weiter in der Mitte verblieb, waren alles verbundene Gefährten, Männer Frauen und Kinder unter 45 Triaden, auch Krieger die das Schwarz trugen, sie stellten sich nun zu ihren Familien und alle Krieger welche gerade die nur sehr kleine Scharr Mädchen und unverbundene Frauen auf die linke Seite brachten, kehrten dannach um und stellten sich auf die Seite der alleine stehenden Männer, die nun mit großem Abstand die größte Gruppe darstellte. Dreißig mal größer als die der Frauen und Mädchen die ein wenig unsicher auf der anderen Seite standen aber dennoch dort blieben wo man es ihnen aufgetragen hatte.

Ein lauteres Gemurmel und Geraune setzte nun ein als Kyl einen seltsamen Apparat anhob und ihn den getrennten Gruppen entgegenhielt. Lena zuckte erschrocken zusammen als der Apparat nun das Bild wie Kyl es gerade sah von den Tak hinter sich an den Nachthimmel Projezierte und das Gemurmel endete augenblicklich wieder.
Kyl stellte das Gerät nun schweigend zu Boden und drehte sich dann ebenfalls zu der Projektion um, die allen Tak verriet wie es nun tatsächlich um ihre Welt bestellt war.

„Dies hier, sind alle heiratsfähigen Mädchen und Frauen, sogar im schon weit fortgeschrittenen Alter, die aber ohne rechten Grund unverbunden gehen. Sie zählen nicht mehr viel mehr als dreihundert Seelen. Die letzten geehrten zukünftigen Mütter, die es in dieser Welt noch gibt, denn die nun Nachfolgende Generation hat kaum einmal ein Mädchen hervorgebracht! Es sind nur deren fünf im Alter unter 45 Triaden, und das auf sechzig Jungen gesehen die ebenfalls dieser Altersgruppe zugehören.", sagte Kyl ausdruckslos und seltsam rau klingend wieder begann die Menge da unten laut zu Raunen. Kyl bat aber mit erneut gehobener Hand um Ruhe.

„Dies nun ist die Gruppe derer die Verbunden und in Familienverbänden wohl aufgehoben sind, Geehrte Gemahas und ihr Nachwuchs.", ging er zur Mitte des Bildes und drehte sich dann erst mit betrübten Blick auf die Seite wo das große Heer der Krieger und Gen-inaktiven Männer standen. Vielleicht dreitausend.

„Und das ist unsere Zukunft die ein korrupter blinder, tollwütiger Rat, gebildet aus sogenannten Edlen wissend um dies Bild das ihr heute alle vor euch seht hinfort warf, mit der Begründung des reinen Blutes der Tak.
Doch seht ihr es nun selbst... hier stehen sie doch bereits - alle miteinander zusammen auf einem Haufen. Halbweise, Tak, Halbblüter und vereinzelt auch Menschen. Fast alle auf Takolia geborenen und alle auf Takolia bleibenden unbegabten Tak... dieses Lakala ist jetzt und heute vollständig, mein Volk! Selbst die Kranken und Gebrechlichen stehen gerade hier, selbst die Alten und Schwachen, die es kaum mehr auf dieser Welt gibt, denn Hebronar und Kitoma stellen bereits die älteste Generation. Und wir gehen gerade alle miteinander unter!", brüllte er der Menge erneut zornig entgegen.

Lena sah ihn hart schluckend an, dann wieder auf die still schweigende und um Fassung ringend nach oben blickende Menge, nur wenige Tausend, vielleicht fünftausend Tak oder so. Aber immer noch viel weniger als zum Beispiel ein Musikkonzert einer bekannten Band auf der Erde fasste, viel, viel weniger sogar... Und das hier waren wirklich alle? Kyls ganzes Volk?, fragte sie sich zweifelnd.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now