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Schon kehrte der fremde Krieger wieder zurück und sagte noch etwas zu dem, der sie festhielt. Dann öffneten die Krieger wieder einmal das blaue Tor, so weit strahlend und wirbelnd.
Lena wimmerte auf, voller Angst was nun wieder passieren würde.

Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann standen sie erneut in der Stadt, mitten auf dem Platz.
Sofort viel ihr das Atmen leichter, was sie total verwirrte. Das hier war doch ein fremder Planet? Also warum konnte sie hier richtig atmen und zu Hause nicht mehr?
„Holt Kyliander Tak-Ninjah!", befahl Nial einem der Tak, die auf seinen Ruf hin herbei gelaufen kamen, zornig.
„Sie sind oben im weißen Haus, Nialkaron.
Der junge Erbe tobt, weil er hinüber auf die Erde will, doch die Ratherren lassen das nicht zu. Es hat irgendwas mit einem Menschenmädchen zu tun.
Hochlord Hebronar hat nicht mehr die Kraft dem jungen Kyl in seinem Anliegen beizustehen.
- Habt ihr sie gefunden? Ist sie das?
Helles hat mit eigenen Ohren gehört, wie sie seinen Namen sagte, als sie aufgefordert wurde einen Krieger oder Tak zu erwählen, aber Tak-Lyrden hat sie durch das Tor gestoßen und dieses versiegelt, bevor Kyl da war und hinterher springen konnte. Er tobt wirklich schrecklich, weil er sie wohl in Gefahr weiß."

„Sie war geradewegs am verbluten, wurde von den Samurai-Gildach gefoltert und geschlagen. Geh nun hoch zu meinem Buder, er soll den Rat stehen lassen und zu seiner Komaßa kommen. Sag ihm sein Bruder ist da und es ist dringend, mehr sagt ihm dort aber noch nicht.", befahl Nialkaron ihm finster und der Tak verbeugte sich und lief davon.
„Bringen wir sie also zu ihm?", fragte Farahn ihn finster.
„Scheinbar hat sie uns die Wahrheit gesagt und Tak-Lyrden ist bereits tot. Er weiß es nur noch nicht.
Kyl wird ihn umbringen, wenn er seine erwählte Gefährtin gleich so sieht.
Schariffah sollte es damals bei mir sein, heute wollte Tak-Lyrden Kallila für meinen Bruder aussuchen.
Wen will er denn noch ins Felde führen von seiner verkommenen Brut? Und warum denkt er, sie würde noch Anklang bei Kyliander finden, nachdem sie unsere Mutter im Badehaus derart erniedrigt hat?"
„Weil sie noch schöner als Schariffah ist und wie man hört auch mindestens doppelt so Ehrgeizig wie deine alte Flamme.", spottete Farahn verächtlich.

„Komm jetzt, wir bringen sie zu Kyl, dann kann er sich gleich um sie kümmern und sie wird sich vielleicht ein bisschen beruhigen.
Eine halbe Minute später spürte Lena wie sie wieder auf das bereits bekannte Bett gelegt wurde. - Das mit den weichen Fellen.

Sie rollte sich schnell zur Seite, weil es auf dem Rücken so weh tat, schluchzte und weinte leise auf. Konnte es einfach nicht unterdrücken, denn wer konnte außerdem schon wissen was diese Krieger nun wieder mit ihr vorhatten?
Doch als sie ganz aus dem Bett rollen wollte, hielten sie sie sachte fest.
„Ganz ruhig, Mädchen, lieg still... schhh, sachte ... Farahn, sie kann nicht liegen glaub ich. Sie leidet Schmerzen."

Wo ist sie?", kam Kyl atemlos in seine Komaßa gestürmt und hielt dann fassungslos inne.
Lena wand sich auf dem Bett in peinvollen Krämpfen und sah furchtbar aus. Blutig und zerschlagen - erneut. Ihr rechter Arm war dick verbunden und hing schlaff und reglos herab, die linke Hand krampfte dagegen in die weichen Felle hinein.

Sie schien nicht einmal mehr richtig bei Bewusstsein zu sein. Er sah Spuren von Schlägen auf ihrem Gesicht. Ihre Unterlippe blutete.
„Wir haben dies Mädchen in den Fängen der Jäger gefunden, sie schrie andauernd deinen Namen, Kyl, wieder und wieder, als wüsste sie du würdest ihr zu Hilfe kommen. Ich griff ein und sie sagte uns sie hätte den jungen, gerade gewordenen Jemay Kyl vor dem Rat zu ihrem Gefährten gewählt, aber der rote Mann hätte sie durch das Portal gestoßen und zu den anderen hin behauptet sie hätte nein gesagt, sie wolle keinen schmutzigen Tak, und das wäre gelogen. Sie wiederholte es, Kyl, gelogen, gelogen, sie wollte wählen, wollte nicht zurück, nicht sterben. Wir... wissen nicht genau was ihr bereits alles zugestoßen ist. Das muss ich dir leider sagen, Bruder.
Sie wurde ganz sicher brutal mit Peitsche und Faust geschlagen, gewürgt und misshandelt, weil sie ja damit immer beginnen. Aber... sie war außerdem schon nackt, und wurde von gleich mehreren Kriegern der Samurai-Gildach am Boden nieder gedrückt festgehalten."
Nial sah seinen Bruder der die Luft anhielt besorgt an. „Einer war auf ihr - ebenfalls entblößt - Ich hab ihn getötet.", erklärte er ihm schließlich ausdruckslos.
Kyl sah ihn kurz wild an, dann einmal schwer keuchend zu dem wimmernden blutigen Mädchen hin, zog plötzlich alle seine Messer und warf sie mit einigen Blitzschnellen und insgesamt höchstens eine Sekunde dauernden Bewegungen an die Astgabeln der Komaßa hiauf, bis diese gespickt aussahen wie Stacheln eines Igels.

„Du bist noch um so vieles schneller geworden als ich es jemals wahr.", meinte Nial schließlich hauchleise zu ihm.
„Und ich bringe Tak-Lyrden heute noch um, Nialkaron, das schwöre ich dir!
Doch erst wenn ich mich mit Lena gültig und unauflöslich verbunden habe. Helles hat es auch gehört und nun muss sie es mir sagen. Ihr seid meine Zeugen!", knurrte er wütend, auch zu Farahn hin, der zustimmend nickte und hockte gleich darauf tief durchatmend und um Ruhe bemüht vor Lena, die sich inzwischen erneut auf die Linke Seite gedreht hatte und mit geschlossenen Augen, leise weinend, aber endlich still auf den Fellen lag.
„Lena.", berührte er sie mit ernster Stimme an der Wange. Verwirrt und heftig zusammenzuckend fuhr sie beinahe auf, doch seine Hand hielt sie wieder einmal sachte unten.
„Bewege dich besser nicht, bis ich das wieder geheilt habe. Mein Bruder und dessen Blutbruder haben dich gefunden und nach Takolia zurückgebracht. Zurück zu mir. Sie haben mir berichtet du hast nach mir gerufen?", fragte er sie beinahe tonlos.

Lena schluchzte nur und zitterte, nickte aber schließlich wild. „Ja... ich... ich wollte doch jemanden wählen, aber... dann war ich doch wieder da und... Ich bin nach Süden gegangen, wie du's gesagt hast, Kyl. Aber dann haben sie mich in dem alten Lager erwischt, wo Papa und Kevin und ich einmal übernachtet haben. Ich dachte dort ist noch was zu essen, weil ich doch so hungrig war und müde. Ich bin da dann eingeschlafen... Ich hab so schlecht Luft bekommen... das war komisch. Hier ist das viel leichter. Und... eigentlich wollte ich gleich weiter. Doch dann haben sie mich erwischt. Ich wollte stumm sein, ich wollte nichts sagen und schnell sterben, aber ich konnte es nicht. Die.. sie haben mir so weh getan und ich hab dann doch geschrieen. Ich konnte nicht still sein, konnte ich einfach nicht, und die anderen auch nicht, die... die vielen Mädchen und Frauen... die.. die haben sie vergewaltigt und getötet und die Kinder auch ... und mich... mich haben sie auch in diesen Laster geschafft, der war innen leer... und... ich hab mich gewehrt aber die haben auf mich eingeschlagen, immer wieder.. Das waren fünf oder so. Ich hab mich gewehrt mit dem Messer und mir dann das Handgelenk aufgeschlitzt, damit ich verblute, aber sie haben es weggenommen und mich verbunden
und dann... und dann..."

Sein Finger legte sich auf ihre bebenden Lippen, er sah sie ruhig und ernsthaft an. Da war kein Mitleid in seinem Blick nur Härte und Kühle. „Du hast am Tor, als du noch hier warst die Möglichkeit erhalten einen Krieger zu wählen, erinnerst du dich noch daran, Lena?
- Helles, einer der hiesigen Krieger, sagte mir du hättest meinen Namen zu dem Ratherrn gesagt, ist das wahr?", fragte er sie ernsthaft.
„J...ja, aber... Du bist ja schon vergeben und ich... ich war nicht schnell genug, hab keinen anderen Namen gewusst... und ich kenne ja auch keinen und die waren ja auch so... so widerlich die Krieger. Die haben sich an den Schritt gefasst und so anzüglich... gegrinst und... und so..."
„Du hast mich ausgewählt, meinen Namen gesagt!", wiederholte er noch einmal ernsthaft und berührte ihr Gesicht, damit sie sich auf ihn konzentrieren sollte. „Lena, bist du dir wirklich sicher das du das willst? Hier in Takolia bleiben... Meine Gefährtin sein... Das heißt dann nämlich meine Frau mit allem was damit verbunden ist?", fragte er sie noch einmal sehr ernsthaft und ruhig.
„Ich... du hast gesagt du suchst meine Familie... wenn sie noch leben. Nicht wahr, das hast du gesagt?", erinnerte sie sich auf einmal an den Traum, obwohl sie nicht wusste ob das nun wirklich oder nicht gesagt worden war und um-klammerte seine Finger mit ihren.

„Dazu stehe ich auch, selbst wenn du mich nicht wählst. Ich bin mir auch sicher mein Bruder findet noch einen kleinen Platz für dich und die Deinen im Nexus, wenn ich ihn darum bitte.", sagte er mit grimmiger Miene zu ihr und sah kurz auf, Nial nicke ohne zu zögern. „Selbstverständlich. Wir haben den Nexus übrigens gar nicht geschlossen. Was der Rat da verkündet hat war blanker Unsinn, Kyl. Nati würde mich vierteilen wenn wir den vielen verzweifelten Flüchtlingen auf solche Weise den Rücken kehrten.", sagte er finster zu seinem jüngeren Bruder.
„Hörst du das, Lena? Und hörst du auch meine Worte und begreifst was ich dich frage?
Wirst du meine Gefährtin, jetzt und hier, trotz der Möglichkeit in den Nexus auf der Erde gehen zu können?"
Sie sah ihn groß an, benommen und überfordert mit allem. Aber das wusste sie noch... Sie hatte es gewollt. Nicht zurück auf die Erde, nicht zu den Masken zurück... nicht sterben. Sie hatte es dem Mann in Rot doch gesagt. Das war ihr lieber als die Samurai-Gildach und wenn sie die Alternativen sah, die gerade vor ihr lagen... und sie wusste ja auch gar nicht ob Vater und Kevin überhaupt noch lebten. Wenn sie tot waren... dann wäre sie nun ganz alleine auf der Welt.
Und Kyl war Trotz seiner Trunkenheit noch immer nett zu ihr gewesen... oder zumindest nicht so aufdringlich wie die anderen, und wenn sie zurückginge würde sie sicher bald irgendwo vergewaltigt und ermordet in der Ecke liegen, also...
„Ja.", flüsterte sie ganz leise und ganz rau zu ihm auf. „Ja, will ich.", wiederholte sie noch einmal leise schluchzend.
„Bitte schick mich nicht wieder zurück, Kyl. Nicht zurück auf die Erde. Ich will noch nicht sterben, bitte..."

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt