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Lena erwachte und spürte sofort dass die Fesseln an ihren Händen und am Kopf fort waren.
Sie befand sich nun auch ganz alleine in dem Raum, der in sanftes Dämmerlicht gehüllt war und setzte sich vorsichtig auf, betastete sachte ihren Kopf - es schien alles wieder in Ordnung damit zu sein.
Langsam atmend stand sie auf und sah sich in der astgeflochtenen Hütte um, denn viel mehr war dieser eine Raum eigentlich nicht.
Geflochtene Gräser und Äste, verputzt mit Erde und lehmartiger, weißer Paste bis auf eine halb hohe Körperhöhe. Etwa Einen Meter und dreißig.
Der Kuppelartige Überbau und Luftabzug schimmerte dagegen durchlässig und der Rauch konnte daraus leicht entweichen, ähnlich wie bei einem Kamin.
Auf dem gegenüberliegenden Lager, das unbenutzt aussah lagen ihre Sachen. Jemand hatte grob die Risse geflickt und das Blut ein wenig heraus gewaschen. Sie hatten noch Flecken, doch ansonsten würde es sicher gehen.
Langsam zog sie sich die so fremden Kleider aus, die ihr Retter ihr gegeben und wohl auch selbst angezogen hatte und faltete sie ordentlich zusammen.
Dann erst schlüpfte sie schnell in ihre gewohnte Unterwäsche.
Der Vorhang bewegte sich plötzlich und Kyl kam hereingeplatzt, sah auf ... sah sie überrascht an, wie auch sie ihn, verdutzt blinzelnd, schnell ihre Blöße mit den Händen bedeckend und heillos erschrocken aufkeuchend.
Da drehte er sich augenblicklich um, schneller noch als dass sie blinzeln konnte.
„Verzeih, Geehrte. Ich hätte mich vergewissern sollen, dass du angekleidet bist.", sagte er zur Wand und blieb wie eingefroren stehen.
„Ähm... kannst du vielleicht wieder raus gehen... bitte?", fragte sie ihn furchtsam und er nickte nur, rührte sich dann aber nicht um einen Millimeter vom Fleck.
Sie sah immer noch wartend, wie seine Hand einen starken Ast in der Vertäfelung umklammerte und seine Knöchel daran weiß hervortraten.
Vielleicht war er ja krank oder so? Oder noch zu betrunken oder verkatert von gestern, dass er sie gerade nicht richtig verstand.

Na ja, immerhin war er ja auch kein Mensch. Möglich, dass sie zu ihm was anderes gesagt hatte, als sie in Wahrheit meinte. Schnell zog sie sich die Jeanshose, die Schneehose, die drei Pullover und die Schneejacke über und schloss diese, bevor sie zuletzt noch in die gefütterten Wanderstiefel schlüpfte.

„Kannst du dich gerade nicht bewegen? Was ist los mit dir?", fragte sie ihn derweil besorgt, erhielt aber keine Antwort.
Er stand einfach nur da mit dem Rücken zu ihr und starrte an die Wand.
„Du kannst dich jetzt umdrehen. Ich bin
fertig.", wagte sie es schließlich im mitzuteilen, doch er stand immer noch nur so da. Lena ver-wirrte sein Verhalten total.
Sie ging zögernd auf ihn zu, nicht sicher, was sie nun machen sollte.
„Kyl?", fragte sie ihn ganz leise.
Er regte sich nicht.
Lenas Atem flog, als sie bei ihm angekommen war und zögernd eine Hand nach ihm ausstreckte.
Er drehte sich zu ihr um, so schnell, dass sie es kaum wahrnahm, sodass ihre Hand irritierenderweise plötzlich auf seiner Brust lag. Sie wollte sie reflexartig zurückziehen, doch da hatte er sie schon mit seiner bedeckt und starrte sie nun total finster an.
„Denke nicht dass ich weich bin.", brach es seltsam wild aus ihm heraus. „Das bin ich nicht und darf ich auch niemals sein.", sagte er fast schon verzweifelt zu ihr.
Sie nickte nur hastig zu ihm auf.
„Schon klar. Du... Du bist nicht weich. Du bist ein Kämpfer, richtig?", fragte sie ihn atemlos und versuchte diesmal gar nicht erst an ihrer Hand zu zerren. Er schien nicht einmal zu bemerken, dass er sie fest an sich gepresst hielt.
„Furcht ist gut, doch Panik lähmt dich.", sagte er eindringlich zu ihr. „Lass also nie die Panik Herr über deine Sinne werden, Lena.", gab ihr noch den leisen Rat und streckte dann anschließend seine Hand zu ihrem Gesicht aus, berührte eine weiche Locke, die sich dort am Haaransatz gebildet hatte. „Rote Haare. Natürliches rot, so strahlend wie die aufgehende Sonne, ohne andersfarbigen Ansatz, so wie andere Frauen von der Erde es manchmal hatten, wenn wir sie retteten oder herüber holten. Das ist deine eigene Farbe. So licht und feurig. So etwas gibt es bei uns nicht. Solch wunderschönes Haar..."

„Ich weiß, ihr... ihr seid ja alle nur blond. U... Und das ich so rot bin ist auch auf der Erde ziemlich selten. Das... ist der Hexenfluch auf unserer Familie.", stotterte sie verlegen. „M... Meine Mutter hatte nur blonde Haare mit einem ganz leichtem Rotstich, als sie ein kleines Kind war und ihr Cousin hatte aber auch so flammend rote Haare. Erik der Rote, hat man ihn genannt. Seine Mutter hatte auch schon sehr rotes Haar. U... Und das hatten sie von meinem Urgroßvater, so wie ich.", begann sie zu plappern und merkte dabei kaum, dass sie sich nun sogar an seinen Kleidern festhielt und schwer atmete.
Ihre Finger bebten. Doch Kyl bemerkte es schon. Sah ihre heillose Furcht vor dem was nun kommen musste. Sachte tat er schließlich einen Schritt von ihr zurück, um ihre Nerven zu schonen.
Sie wusste kaum noch was sie gerade tat und sprach. Fürchtete sich nur noch und atmete viel zu schnell ein und aus.

„Beruhige dich, Lena, ich tu dir nichts zu Leide. Die Zeit ist auch schon gekommen, die Zwillingssonnen haben sich gerade erhoben. Du musst nun mit diesen Kriegern gehen, die draußen vor der Komaßa warten, Lena. Und wenn du wieder auf der Erde bist so halte dich verborgen, hörst du? Kein Feuer in der Nacht, denn dann jagen die Jäger. Laufe ebenfalls nur Nachts, hörst du? Und lausche auf das was um dich herum ist, länger noch als dass du denkst dass es sicher sein sollte. Und geh immerzu nach Süden. Lasse die, die in ihr Verderben rennen, lasse sie gehen und halte sie nicht auf, wenn sie nicht auf dich hören wollen. Geh du nur nach Süden, alleine und nicht einer Gruppe zugehörig und vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, wenn mein Bruder es endlich schafft die Samurai-Gildach von der Erde zu vertreiben.", murmelte er weicher als eben noch.
Lena sah ihn nur voller Furcht an.
„Ich... ich gehe jetzt also wirklich zurück? Zu dem Ort, an dem ihr uns gefunden habt? Aber ... was ist wenn die Jäger noch da sind? Wenn sie nur darauf warten, dass noch mehr Leute zurückkommen und die dann einfach einsammeln?", fragte sie ihn heiser vor Angst.
Er überlegte kurz und griff sich dann an die Brust, reichte ihr schließlich ein winziges kleines Messer und hob einen Finger an seinen Mund, um ihr zu bedeuten darüber ja leise zu sein. Sie nahm das Messerchen, sah es allerdings zweifelnd an und er schob es nach zwei Sekunden in denen sie es nur hielt in ihren Jacken-Ärmel hinein.
„Bitte...", flehte sie ihn an wusste aber auch nicht so recht, worum sie da gerade flehte. Ihr Atem flog schon wieder. Er nickte nur stoisch, schluckte hart und schob sie dann einfach zum Vorhang hinaus.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin