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Kyl runzelte nachdenklich die Stirn und holte dann nach kurzem Suchen den Gürtel mit
seinem Ahndolch zurück, den seine Gefährtin  wohl versehentlich mit in den Korb der Schmutzwäsche gelegt hatte und hielt ihr beides schweigend hin, derweil sie ihn nun erneut betroffen errötend beobachtete.

„Entschuldige... also den hatte gar nicht mehr so auf dem Plan... also... ich meine, ich trag ja normalerweise keine Messergurte.
U...Und ich glaub ich muss mich sowieso für alles entschuldigen oder? Ich meine ... weil ich dich einfach so ausgewählt habe. Ich hatte das alles so gar nicht richtig verstanden, ... also, dass sich hier die Frauen die Männer aussuchen und das es dann... für die ebenfalls bindend ist.
Ich meine der Rat-Mann hat gesagt du wärst schon vergeben und die Tak sind viel schöner als die Menschen. Vielleicht bist du ja jetzt auch enttäuscht, dass ich deinen Namen gesagt und dich damit nun dazu gezwungen habe..."

Er lächelte fein und seine Hand bedeckte ganz kurz ihren Mund mit zwei seiner Finger, damit sie nicht mehr weiter sprach.
Sie verstand sogleich und schwieg verlegen still, doch er wusste das sie ihre Worte tatsächlich ernst meinte und streichelte ihr wieder einmal sachte über die bleiche, zarte Wange.

„Du kannst einen Jemay zu nichts zwingen, was
er nicht selbst will. Hast du es denn nicht mitbekommen, oben auf dem Platz, als ich zu den Ratherren sagte ich würde ihre verschlagenen Töchter niemals gewählt haben?
Es stimmt, du hast in diesem Fall die Wahl getroffen, Lena. Doch ich war damit einverstanden, dass du mich erwähltest.
Ich habe dir den Dolch meiner Ahnen gegeben und ich meinte all meine Worte ernsthaft und aufrichtig.
Ich möchte nun für immer dein Gefährte sein. Denn du bist wahrhaftig, ganz natürlich und auch sehr besorgt, wie es sich eigentlich gehört, über diese enorme Verantwortung, die uns nun beiden aufgebürdet wurde.

Die Tak-Frauen hier sind tatsächlich sehr schön, das ist wahr. Doch sie sind auch sehr eitel und eingebildet. Sie haben von Klein auf die Wahl in einem riesigen Pool aus Kriegern, schlicht hindurchschreitend zu erwählen oder zu verdammen. Sie wissen genau um diese ihre Macht und es hat sie korumpiert.
Seid drei Triaden nun wurde ich der Erbe des Hochlords genannt. Und keines von den Mädchen hier ist ihrem Herzen gefolgt, als sie zu mir kamen, mich zu erwählen.

Ich bin ihnen tatsächlich nicht stattlich genug, musst du wissen. Mein Bruder Nialkaron ist viel größer und breiter gebaut, was hier eher der Wahl-Norm an einen Krieger entspricht. Doch bin ich ebenso stark und schnell wie er. Der Beste in meinem Jahrgang, weil ich alles das benutze was Drodar mir gegeben hat, nicht nur meine Statur und ein aktives Gen.
Keiner hat wohl damit gerechnet dass ich wirklich zum Erben ernannt würde, darum schmähten mich die Tak-Mädchen früher und umgarnten statt meiner meinen jüngeren Bruder Jaakhil der schon jetzt mit acht Triaden weniger Zeit in seinem Leben, deutlich größer und auch viel breiter gebaut ist als ich.

Erst als in dieser Triade verkündet wurde, dass ich Kraft meiner Fähigkeiten der Erben bleiben würde, haben die Mädchen sich mir zugewandt... und zwar alle auf einmal.", erklärte er ihr ohne jede erkennbare Gefühlsregung. Doch Lena war insgeheim erschüttert und das sah er ihr auch an und strich sachte mit dem Daumen über ihre Hand, um sie zu beruhigen.

„Jaakhil war damals schon sehr verliebt in eines dieser Mädchen. Sie ist in seinem Alter, doch ihr Vater verbot ihr schlicht jeden weiteren Kontakt zu meinem Bruder, da er nun doch nicht der Erbe des Throns sein würde und drängte sie dazu, sich statt dessen mir hinzugeben.
Sie hätte sich weigern können, hätte Jaakhil treu ergeben bleiben können und ihrem bis dahin so gütig scheinenden Herzen folgen. Doch sie tat es nicht und wandte sich mir lächelnd und eitel und selbstgefällig zu. Und weil es auch für die anderen Krieger so lief, die keine Möglichkeit sahen, um die Mädchen ihrer Gunst zu werben, beschloss ich für mich allein besser keine Tak zu erwählen, auch wenn sie das schon einmal im Rat so für mich verkündeten. Da ich nur kurzzeitig etwas Interesse an einem der Mädchen zeigte, dass dann aber meine Familie demütigte, meine Ahma Kitoma vor vielen Zeugen öffentlich schmähte und sich aufspielte, sie hätte mich bereits in ihrer Hand und würde mich fürderhin lenken, wie es ihr nun beliebte.
Darum tat ich vor meinem Bruder und Farahn diesen Schwur – als Zusatz zu meinem offiziellen Schwur Takolia nicht den Rücken zu kehren und meine Pflichten gegenüber meiner Familie und dem Volk zu erfüllen.
Sie suchten mir diese verschlagene Gefährtin aus, sahen sie als solche an und sprachen auch schon darüber was sie an mir und meinen Vorstellungen von Recht und Unrecht verändern sollte. Wie sie mich am Besten darin anleiten sollte, dem Rat ein höriger Diener zu sein.
Ich beschloss also zu warten, bis meine wahre, und mir vom Schicksal bestimmte Gefährtin, also ein Mädchen, dass mich nur dem Namen nach kennt, mich vielleicht ein paar Mal gesehen und gesprochen hat, damit einverstanden erklärt mich zu erwählen, aus welchem Grund auch immer. Und das warst nun du, Lena.", meinte er ernsthaft.

Oh...
Lena senkte verlegen den Blick und war sich einmal mehr bewusst, dass sie ihn noch nicht einmal genügend kannte, um ihn überhaupt ehrlich mögen zu können. Das musste er doch furchtbar finden, oder?
„Denkst du jetzt, du hättest einen Fehler gemacht, mich zu wählen und meinen Namen zu sagen, weil ich Hochlord wurde und du damit in diese Vormachtstellung gerutscht bist?", fragte er sie ernsthaft.
Sie riss sich zusammen und beschloss ganz ehrlich zu ihm zu sein. Langsam nickte sie, da lächelte er zum ersten mal wirklich strahlend auf sie herab und nickte ebenfalls.

„Genau deshalb habe ich es dir nicht gesagt.
Und genau deshalb würde ich dich jeden Tag wieder zu meiner Gefährtin erwählen, Lena. Diese Verbindung zwischen uns wird gut sein, du wirst sehen. Du brauchst nur Zeit dich zurecht zu finden und im übrigen wird auch gar nicht so viel von dir erwartet. Ich finde es zum Beispiel sehr ehrenwert von dir, dass du auf deinen Status verzichtest und einfache Gewänder, wie dieses hier trägst. Du erhebst dich nicht über andere und forderst ja noch nicht einmal edlere Kleider für dich ein, vielleicht mit hübschen, schmückenden Steinen und Goldschnüren bestickt oder Juwelen für dein Haar, um nun zu glänzen.", lobte er sie spontan und lächelte so schelmisch, das es Lena wohl tat.
Auch wenn sie seine Worte unmöglich fand.
Aber der Gedanke verschwamm ihr gleich wieder. Denn er sah so unglaublich gut aus wenn er lächelte.
Ja...
Viel zu gut.

„Das... ist nicht so ehrenwert wie du gerade denkst. Ich... bin es nur nicht gewohnt andere Sachen als normale Hosen und Shirts zu tragen ... und das Kleid hier ist doch für mich schon ziemlich außergewöhnlich, finde ich. Es ist nichts was wir zu Hause tragen würden, es sei denn wir gehen in der Zeit zurück und ins Mittelalter. Die haben damals so ähnliche Gewänder getragen.
Aber heute ... eher nicht mehr. ", versuchte sie sein Lob abzuschwächen, doch er strich wieder nur lächelnd über ihr Gesicht und sie hielt darüber atemlos still.

„Siehst du?", flüsterte er leise. „Spürst du nicht dein Herz sogleich schneller schlagen, wenn ich dich nur sachte berühre? Ich höre es heftig und schnell in deiner Brust klopfen und es ist keine Angst vor mir. Du reagierst bereits auf mich und wenn ich nur sanft und freundlich bleibe und dir nicht hart und kalt gegenübertrete, wie es normalerweise meine Natur ist, dann denke ich wirst du mich schon bald ehrlich mögen können.", erklärte er ihr leise und machte Lena aber dadurch schon wieder betroffen.
- Seine Natur... war eine andere???
„W...wie?"

„Ich meine damit... Wir bauen uns alles ganz langsam auf. Unser Band und auch unsere Herrschaft. Wir stellen Stein auf Stein, wie ihr Menschen so schön sagt und legen uns ein Fundament aus dem was hier Brauch ist und was deiner Meinung nach gute Sitte auch in Takolia werden müsste.

Wir lernen jeden Tag, jede Quinte, jede Quarz voneinander. Und ich finde wir sollten einander auch immer mitteilen, was wir neues voneinander gelernt haben, wenn die Monde aufsteigen, also erinnere dich an alles was heute war und wenn du gegessen und getrunken hast, finden wir uns zusammen und reden darüber, was meinst du?", schlug er ihr vor und Lena zuckte bloß noch hilflos mit den Achseln. Was sollte sie denn jetzt schon groß bestimmen? Das war doch sein Part. Und wenn es ihm dabei half dass er sie besser kennen lernen wollte, um sie irgendwann vielleicht zu mögen und ... okay... sich gerade wohl auch verstellte, damit sie ihn mochte, ... warum das nicht akzeptieren?
Wollte sie ihn nett und freundlich oder kalt und brutal?
Eigentlich keine Frage, oder?
Sie wollte dass er nett zu ihr war.
Sonst ... würde sie sich nur wieder halb zu Tode fürchten, wie auf dem Weg zu jenem Platz als die anderen Typen sie so derbe angemacht und bedrängt hatten...

„Lena... Wenn du nun Fragen oder Einwände hast erkläre ich dir gerne alles, und ich bitte dich im Gegenzug auch meine Fragen alle sehr sorgsam und bedacht zu beantworten, ganz ehrlich und frei heraus.", bat er sie weiter.
„I...ich kann mich aber nicht so wie du verstellen, glaub ich.", gab sie leise zu und wischte sich schon wieder nervös werdend über die Augen.
Er fing ihre Hand ein und nahm den Tränentropfen von ihrem Handrücken um ihn zu betrachten.
„Du kannst dich nicht verstellen?", fragte er sie nun sichtlich angespannt.
Sie nickte nur unglücklich.
„I...ich bin eine echt miese Schauspielerin. U... und ich bin dir wirklich dankbar, Kyl, dass du freundlich zu mir bist, obwohl das nicht deine Natur ist. Aber... ich kann nicht spielen, dass ich freundlich bin, wenn ich Angst habe oder zornig bin. Ich kann auch nicht zornig spielen, wenn ich glücklich bin... ich... kann nicht traurig spielen, wenn ich lachen will. Und wenn ich ... mies drauf bin, bin ich eben mies drauf. I...ich kann mich also nicht so wie du ... verstellen, um dir nur das von mir zu zeigen was du vielleicht sehen willst.", flüsterte sie leise und knetete dabei nun fast schon ihre Finger, vor Unbehagen.
Denn sein Blick war nun mehr als nur eindringlich. Sie errötete glattweg darunter... und seine Hand hob nun sachte ihr Gesicht zu sich an. Sein Mund war ihrem plötzlich ganz nahe...
Oh...
Wow...!

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückKde žijí příběhy. Začni objevovat