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„Oh ich mag sie mit jeder Quarte mehr.", freute sich Kitoma hell auflachend. „Bring sie kurz hinaus, Kyl und dann ins Steinhaus hinauf. Ich unterrichte Tarrek schon einmal von Lenas Wünschen, die sie auch schon wieder recht enegisch durchzusetzen versteht. - Meine Hochlady!", stand sie auf und verneigte sich tief und lächelnd vor Lena, die aber nur ärgerlich seufzte, weil sie nun schon wieder geladyt wurde.

Derweil zog Kitoma dann plötzlich den Stirnreif aus dem Tuch hervor, dass sie sich umgeschlagen hatte.
Lena nahm ihn resignierend entgegen und drehte ihn brummelnd in der Hand richtig herum, während Kyl nur lässig grinste und seiner Mutter mit einem leichten Kopfnicken dankte.
Wenn Lena nun unbedingt hinaus wollte, dann als Hochlady und nicht als einfache Tak.

Sie setzte den Stirnreif schließlich auf und sah Kyl missmutig an.
„Sitzt er gerade? Wie seh ich überhaupt aus.", fragte sie ihn unsicher.
„Du bist perfekt.", versicherte er ihr überaus andächtig und nahm seinen eigenen schwarzen Umhang, legte ihn ihr über das einfache weiße Hemd und schloss seine Hochlordbrosche vorne an ihrem Hals.
„Damit es dich nicht friert.", meinte er wieder einmal fürsorglich und stand auf, hob sie auf die Arme und trug sie aus dem Raum hinaus, den Kitoma bereits geöffnet hatte.

Tarrek stand schon draußen und erwartete sie bereits.
„Ihr möchtet wieder im Steinhaus behandelt werden, meine Lady?", fragte er Lena ernsthaft und sie nickte hastig.
„Da ist es viel bequemer für mich, finde ich und... erholsamer. Da hab ich vielleicht auch Restra als Gesellschaft und Kyl kann dann auch mal wieder was machen... Ich meine ohne mich.", murmelte Lena feuerrot anlaufend, weil Tarrek sofort überrascht zu Kyl hinsah, doch der sah nur starr gerade aus.
„Nicht meine Idee, Tarrek. Lena denkt ich lasse sie hier demnächst einfach so alleine, weil ich vielleicht noch wichtigere Pflichten zu erfüllen haben könnte, ...so als Hochlord der Tak.", meinte er fast schon trocken spottend.

„Nun... es gibt für einen ehrenwerten Gemmes keine höhere Aufgabe als seiner Herrin und Gefährtin zu dienen und sie zu unterhalten, wenn sie krank ist und nicht aufstehen darf.", meinte Tarrek nur wieder ernsthaft und nickte Lena dann wieder freundlich-streng zu.
„Ich hoffe doch sehr ihr haltet die Ansprache kurz, meine Hochlady. Ihr müsst euch ausruhen und solltet nicht segnend oder Streit schlichtend herumrennen! Euer Körper braucht nun vor allem anderen Ruhe und noch viel mehr Zeit, um sich zu erholen, mindestens eine volle Quarte, wenn nicht sogar zwei.", ordnete er noch hoheitsvoll an und Kyl nickte mit einem leisen Lächeln auf den Lippen. „Sie wird liegen, abgesehen von ihren Besuchen im Badehaus, und dort werde ich immer dabei sein und aufpassen, dass sie sich nicht übernimmt.", versprach er dem Heiler ausgesprochen ernsthaft.
Der gab ihnen seufzend den Weg frei und verneigte sich dann aber noch einmal ganz ernst vor Lena.
„Eure Kraft und euer Mut ist erstaunlich, meine Hochlady. Es ehrt euch und auch das Volk der Tak, dass ihr trotz eurer Unwissenheit durch die Grenzwege zurückgefunden habt.", sprach er noch recht zeremoniell wie es Lena vorkam, doch schon war Kyl mit ihr an dem Heiler vorbei gegangen und trug sie den ganzen langen Korridor hinunter.
Links und rechts öffneten sich aber nun die Türen zu anderen Kisten, wie Lena die Stilleräume insgeheim nannte und die Tak blickten besorgt hinaus, sahen sie und verneigten sich sofort ganz tief, mit überraschten, erfreuten oder auch verblüfften Mienen.
Erst an einer Schiebetür, die nur durch eine dünne weiße Papierschicht das Innere von Außen abtrennte, hielt er wieder an und sah sie an.

„Bereit meine Lady?", fragte er sie ernsthaft.
„Lass mich runter, Kyl. Ich möchte nicht dass sie mich für zerbrechlich halten, das tun sie wahrscheinlich sowieso schon, weil ich andauernd verletzt und krank bin. - Echt, das ist langsam schon wie ein Fluch der auf mir liegt.", brumelte sie ihn finster an und Kyl setzte sie vorsichtig auf die Füße, fasste sie dann aber unter dem Umhang, um die Mitte, und stützte sie.
„Uh... schwindelig.", murmelte Lena und schloss kurz desorientiert die Augen. „Ich bin's nicht mehr gewohnt zu stehen... einen Moment geht gleich wieder!", meinte sie schnaufend und schloss kurz die Augen, konzentrierte sich ganz auf die Hand, die sie an der Hüfte hielt und der Schwindel verging.

„Bereit?", fragte auch Kitoma sie schließlich ernsthaft und Lena sah zu ihr hin, nickte und griente kurz schwach. „Klar doch, mach auf. Dann gehen wir raus und sagen das alles okay ist. Die Leute gehen heim und ich kann hoch ins Steinhaus."
Kyl lächelte nur milde und schüttelte einmal mehr erstaunt den Kopf.
Kitoma öffnete ohne weitere Worte die Tür nach draußen und ...

WOW!!!

Es war wie eine Welle aus Körpern. Wie ein kleines Open- Air konzert.
Da draußen mussten nun fast alle Tak dieser Welt versammelt sein, die bis eben am Boden gesessen hatten und sich nun aber hastig erhoben. Kaum trat Lena, gestützt von Kyl aus dem Haus heraus brandete Jubel auf, der sie beinahe umhaute. „Gott im Himmel!", flüsterte sie leise schnaufend und wäre beinahe zu Boden gesunken, weil ihre Knie sie kaum noch trugen.
„Kyl?", hauchte sie leise und drehte sich hilflos zu ihm um.

„Du bedeutest ihnen etwas, Lena. Und du bist ihnen schon jetzt sehr wichtig. Zieh das nie wieder in Zweifel!", befahl er ihr ernsthaft und Lena nickte sogleich hastig und überrascht schnaufend. Kitoma trat nun an ihre andere Seite und stützte sie mit ihrem Arm, wo sie gerade wie suchend tastete. Sie war froh das Kyl sie immer noch fest hielt.
„Was wollen sie denn alle? Die haben sogar die Babys und Kinder mit dabei... - Kyl?", fragte sie ihn wieder stirnrunzelnd und er las ihre besorgten Gedanken. Hob schließlich resolut eine Hand und schon herrschte Stille.
„Sprich jetzt. Wir müssen bald hinaufgehen, Lena", murmelte Kyl ihr leise zu.
Lena nickte nur und zwang sich zu einem etwas hilflosen Lächeln.

„Das... sieht ja hier aus als würdet ihr auf jemand ganz Besonderen warten.", lachte sie unsicher los und auch die Tak lachten erleichtert oder leise auf. Lena winkte kurz und schon war es wieder still aber die Gesichter sahen nicht mehr besorgt sondern strahlend aus.
„Mir geht es wieder besser, ihr könnt nach Hause gehen und machen was ihr sonst auch immer macht. Denn denkt bitte daran, wenn keiner dem Volk dient, dann bleibt alles stehen. Wir müssen aber Essen und Kleider haben, die Tiere müssen versorgt sein und natürlich dadurch auch die Tak... vor allem bräuchte ich jetzt dringend mal ein frisches Kleid, wenn ihr nichts dagegen habt...", lächelte sie wieder und die Tak lachten erneut wie befreit auf und raunten und stießen sich lächelnd an. Die Hochlady scherzte mit ihnen, war das zu fassen? So bleich, durchscheinend und schwach wie sie immer noch aussah?
Lena hob zum zweiten Mal die Hand und wieder kehrte Ruhe ein.

„Danke... Ich danke euch, dass ihr hier wart. Und danke dass ihr für mich gebetet habt. Ich hab es gebraucht und die Göttin anscheinend auch... Illyra.", sagte sie laut und nickte schwer atmend. „Und ich selbst habe nun den Beweis dafür erhalten, dass ich ebenso wie ihr alle zu einer Tak geworden bin, denn ich werde irgendwann wenn ich sterbe ins Licht der Tak gehen, und nicht in den Himmel der Menschen kommen und von Engeln empfangen werden, oder meinen Vorfahren.
Ich glaube es bedeutet schon etwas, zu wissen dass die Segnung uns zu echten Tak gemacht hat ... uns alle.", wiederholte sie noch einmal und wandte sich dann Hilfe suchend an Kyl, der nun mit ruhiger Stimme übernahm.
„Meine Hochlady braucht noch viel Schonung. Der Karibatha hat doch weit mehr Schaden angerichtet als wir zunächst dachten. Deshalb wird sie dem Volk für eine ganze Quarte nicht zur Verfügung stehen, weder für Segnungen noch für Rechtsprüche oder offizielle Anlässe. Die Heiler verordnen ihr strikte Ruhe, damit sie nun vollständig gesunden kann.
Die Jemay werden in dieser Zeit weiter für Ordnung und Recht unter den Tak sorgen und die Anordnungen meiner Lady befolgen. Wenn  Lena-Sophie genesen ist wird sie gerne wieder unter euch sein und die Kinder Takolias die es wünschen und noch nicht konnten segnen, auf das wir alle irgendwann Iliras Licht auf dem Gesicht spüren können, nach einem langen und glücklichen Leben.
Wir danken euch beide für eure Anteilnahme und die Gebete der letzten Sonnenläufe. Es bedeutet Lena-Sophie alles, zu wissen, dass sie hier als geborener Mensch aus einer anderen, euch vollkommen fremden Welt nicht ganz alleine stehen muss, sondern schon nach dieser kurzen Zeit als Hochlady Takolias geschätzt und geachtet wird."

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt