7/2

73 21 1
                                    


Lena erwachte zu dem Zeitpunkt den Tarrek benannt hatte. Die Sonnen standen im Zenit und sie hatte nun echt wahnsinnigen Hunger.

Restra saß besorgt neben ihr auf dem Bett und sah sie still an.
„Hm... Was ist denn passiert? Hat Tarrek mich umgehauen?", fragte sie sie schläfrig.
„So etwas in der Art, ...obwohl die Heiler keine Gewalt anwenden. Er hat dich nur schnell einschlafen lassen, damit du dich beruhigst und erholst, Lena. Ich hoffe nur du bist nun nicht mehr so zornig auf deinen Gefährten.
Tarrek sagt nämlich das solcher Zorn dir sehr schadet. Er wird verhindern, dass du dich wieder so aufregst, bis du wieder ganz gesund bist, Lena. Er meint das wäre seine Pflicht als dein Heiler."

„Tarrek kann mich mal gern haben. Ich darf doch wohl noch mal wütend werden, wenn ich beleidigt werde.", meinte sie finster und setzte sich erschöpft auf. Restra, die eine breitzinkige Bürste in der Hand hielt rückte unwillkührlich näher heran und begann ihr die Locken auszukämmen.
„Was...? Verdammt, Restra, was machst du da?", fragte Lena sie unwillig und versuchte ihre Hand mit der Bürste abzuwehren. Doch Restra drehte ihr einfach den Kopf wieder nach vorne und machte weiter.
„Halt still, du hast Besuch, aber Tarrek erlaubt ihm nicht hereinzukommen, wenn du noch nicht richtig wach, gesittet gekleidet und ruhig bist, Lena. Eigentlich wollte er ihn überhaupt nicht rein lassen, aber Kyliander hat darauf bestanden. Er meint du würdest dich sicher freuen..."
„Über was? ...Besuch? Ich? Wieso? Von wem? Wer kommt mich denn hier bitteschön besuchen?", murrte sie düster und ließ zu das Restra sie zuende kämmte, ihr dann eine Art loses Überkleid anzog und die Decken um sie herum glättete.
„Restra...", fuhr Lena schließlich wieder ungeduldig auf.
„Ja, doch, Lena, ich gehe ihn ja holen. Oh ich hoffe nur du freust dich so sehr, wie ich mich gerade für dich freue, meine Hochlady!", meinte sie noch grinsend und ging zum Vorhang.
„Kommt jetzt, sie ist wach geworden.", sagte sie zu irgendjemandem.

Lena war es eigentlich total egal, vielleicht war Natalie von der Erde rübergekommen, oder Kyls Riesenbruder...
Sie schloss die Augen und sank ein wenig nach hinten zurück, in die weichen Kissen und atmete tief und von einem Stich im Bauch unangenehm berührt auf, bevor sie die Augen wieder öffnete und ihren Vater sah.
Oder zumindest war das vielleicht ihr Vater. So bärtig und rotäugig und mit verweinten Augen...

„Papa...", sagte sie nur schrill und heiser und leise und atemlos und versuchte sofort hastig aus dem Bett zu klettern, schon war er bei ihr und packte sie fest an den Armen, riss sie an sich und umarmte sie wild aufheulend, während sie wieder nur „PAPA!", brüllte und dann in wildes Schluchzen ausbrach.
Der starke, große Konrad Werner weinte bei ihrem Anblick wie ein kleines Kind und auch Lena weinte nun ganz herzzerreißend.
„Dass ich dich wieder hab... das ich dich gefunden hab... Lenchen... mein Lenchen...", flüsterte er heiser und küsste sie hart auf die Stirn und die Wangen, bevor er sie wieder nur ganz fest drückte und wiegte.

„Papa... Gott.. Papa... Du bist nicht tot... Ich hab gedacht... oh Papa... Papa, ich dachte ich bin jetzt ganz allein... ganz, ganz alleine. Die haben sie alle umgebracht, Papa, alle Jungen und Männer und ich konnte nicht weiter... Papa... ich dachte ich... ich werde euch beide nie wieder sehen, nie!
- Oh, Papa, es tut mir leid.. es tut mir so schrecklich leid.", heulte sie aufgeregt und schluchzte und schniefte und Herr Werner hielt sie noch etwas fester, genau so wie sie ihn, nun fast erwürgend, umklammerte.
„Schh... alles gut... reg dich nicht auf... alles gut, meine Lena... meine Kleine... Gott süße..."

Er rückte ein bisschen von ihr ab um ihr Gesicht anzusehen, wischte sich mit dem Ärmel quer über das Gesicht bevor er mit zitternder Hand ihe Wange berührte, um dann aber nach Spuren von der Folter durch die Jäger zu suchen, wie der junge Tak-Herrscher ihm ihr martyrium geschildert hatte. Ein gebrochener Schädel und eine mit einem Schwert durchbohrte Hand, blutig gepeischt bis fast zum Tode...
Da war wirklich eine dünne, lange, weiße Narbe auf ihrem linken Handrücken...
„Geht es dir denn wieder besser? Der Tak hat gesagt die haben dich gefoltert... die Masken, haben dich geschlagen, ausgepeitscht und dir die Knochen gebrochen und ich war nicht für dich da...", weinte er immer noch ganz heiser und verzweifelt.
Lena nickte nur und schüttelte dann den Kopf.
„Sie haben es geheilt... alles Papa, alles... die Tak, Papa. Kyl hat mir das Leben gerettet ... und sein Bruder dann noch einmal... und zuletzt dann Tarrek.
Ich darf noch nicht aufstehen... ich hab stark geblutet und ... Das war so ein Wurm... die mussten den aus mir rausholen und... und..."
„Schh... Baby, alles gut - ich weiß es schon. Er hat mir alles erzählt, dein König. Und du hast ihn dir also hier freiwillig ausgesucht, ja? War das wirklich so? Hat dich echt keiner hierzu gezwungen, nein?", fragte er sie halb zornig und halb spottend.
Lena schüttelte nur den Kopf und schluchzte wieder.
„Ich dachte doch ich bin jetzt ganz alleine, Papa! Und die ... die Jäger ... Du weißt ja gar nicht was die getan haben. Die... die Jungen... und Männer. Alle die sie erwischen konnten, haben sie getötet, ganz einfach im vorbeilaufen und sie waren so irre schnell... und überall, einfach überall und ich hab nicht geglaubt dass sie euch nicht gekriegt haben, die haben die Jungen ... die ... die Männer... die alle, Papa, alle miteinander ..."

„Sie sind fast alle tot, ich weiß. Ich hab es auch gesehen. Kevin und ich haben uns versteckt, als wir sahen, dass da zu viele um uns rum waren und die Menschen zu schlachten begannen. Du weißt doch das dein Vater immer und überall abtauchen kann, Baby. Ich pass doch auf euch auf. Warum bist du nicht zurück auf die Erde gekommen? Ich hab dich überall gesucht... und Kevin ist noch drüben in einer Schule, die gerade als Auffanglager für Flüchtlinge dient. Ein paar nette Leute passen da auf ihn auf..."
„Papa, ich wusste doch nicht, dass da überhaupt ein Einziger Junge überlebt haben konnte. Die waren überall und es war dunkel und ich hatte Angst. Ich hatte solche Angst. Die haben die Frauen und Mädchen auf Lastwagen gebracht, Papa. Sie ausgezogen und dann... dann..."
Schh... schhh.... alles gut du musst jetzt nicht drüber reden, ich weiß schon.
Oh Gott... mein Lenchen ... es wird alles wieder gut, Baby... Gott!", keuchte er um Fassung ringend als er sich ausmalte was seiner Tochter alles zugestoßen war. Ihre Augen waren so unglaublich klar, ernsthaft und nun viel, viel älter und wissender als noch vor ein paar Tagen. Alles verträumte, Kindliche oder leichtsinnige an ihr, was er so oft bemägelt hatte, was ihn ab und zu auch richtig geärgert hatte, war restlos verschwunden.

„Ich hab diesen Ast vor den Kopf gekriegt... im Busch, ihr seid da durchgerannt und er schnellte zurück, traf mich wie ein Hammer am Kopf.
Deshalb hatte ich dann einen Schädelbruch, hab aber trotzdem noch versucht wegzukommen. Selbst als die Tak da waren. Ich bin gerobbt. So wie du es gesagt hast. Bei feindlichem Feuer, unten bleiben, aber nichts wie weg und aus der Gefahrenzone raus. Aber ... die haben mir ein Schwert mitten durch meine Hand in den Boden gebohrt, Papa. Und dann konnte ich nicht mehr weg. Ich hab's versucht, wirklich versucht, Papa. Hab vesucht es rauszuziehen, aber ich konnte es nicht, es steckte zu tief drinn und im Knochen fest..."
„Ist ja gut Baby..."

„Und dann war Kyl auf einmal da, so wie Supermann im Film, ehrlich wahr... und hat es rausgeholt, hat die Menschen die er und seine paar Jemay-Freunde, die gegen den Willen dieses fiesen Rates da waren, um zu helfen und die Überlebenden den Jägern wieder abnehmen konnten, durch das Tor gebracht. Er hat mich selbst rüber gebracht, mich getragen, Papa und das gegen den Willen ihrer damaligen Regierung, weil sie helfen und uns Menschen einfach nur für lau beschützen wollten.
Sie sind gute Leute und haben mich geheilt, Papa, in nur einer Nacht.
Kyl hat das gemacht. Er hat mich da behalten obwohl diese Ratsmänner das nicht wollten. Die wollten uns alle nur sofort und auf der Stelle wieder zu den Masken zurückschicken damit die uns da töten.
Er war so wütend darüber, Papa, das kannst du dir gar nicht vorstellen und hat sich mit mir zusammen eingesperrt um mir zu helfen.

Die anderen Menschen haben sie unterdessen sofort und gleich zurückgeschickt... die, die waren auch nicht so schwer verletzt, wie ich ... doch bei mir ... da hat er sich gewehrt und mich ernsthaft beschützt, mit seinem Schwert.
Die Tak-Heiler und auch er ...  haben die Knochen in meinem Schädel dann irgendwie aufgeweicht, damit sie wieder richtig und gut zusammenwachsen können und auch die Knochen in der Hand. Er hat dafür gesorgt das ich dabei ganz still lag.
Doch zugleich war er so verbittert über die Entscheidung des Rates, hat getrunken und geflucht und gewütet. Aber nie gegen mich. Er ist ein guter Kerl.
Am nächsten Morgen ging es mir dann besser, da sind sie dann gekommen, ... die anderen Krieger... so um die fünfzig von denen. Gegen die konnte er dann auch nichts mehr tun, weil die ja den Auftrag des Rates hatten.
Und der eine von denen hat mich dann zurück geschickt, mir aber wohl nur pro Forma noch die Frage gestellt, ob ich statt zu gehen lieber einen Tak zum Gefährten haben will und wen ich mir hier wählen würde, falls ja."
„Und weil dieser junge Bursche dich also eine Nacht lang bearbeitet, verführt und bezirzt hat, hast du dich beeindrucken lassen und ihn Gewählt? - Nicht dein erst, Lena!!!", brummelte er sie nun überaus finster an.
Und Lena ging ihr Hintern nun glatt auf Grundeis bei dem Feurigen Ausdruck in seinen Augen ... oh-oh...

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now