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„Kyl hat mich echt nicht angefasst, Papa. Nicht ein Mal! Er war nur die ganze Zeit über sehr nett und anständig zu mir, freundlich und ehrenwehrt und gütig und auch nicht so anzüglich wie andere Tak oder hochmütig und verächtlich.
Und er hat mich nicht gezwungen, war da auch gar nicht mit dabei, bei den Kriegern die mich zurückgebracht haben, echt nicht.
Er ist in der Hütte geblieben. Er hat gemeint er würde dabei nicht zusehen wollen ... wie ich zurück geschickt werde. Er konnte das einfach nicht mit ansehen. Er war so hilflos und zornig deswegen.
Also hab ich seinen Namen gesagt, Papa.
Die hätten mich schließlich dahin zurückgeschickt, wo wir im Wald angegriffen worden sind. Genau da hin zurück, in die Falle.
Und das hat der Rat dann aber trotzdem getan. Der Ratsherr hat mich zornig angeguckt und gemeint Kyl wäre schon vergeben und hat gesagt: „Wähle einen anderen, Menschenmädchen."
Aber das konnte ich da schon gar nicht mehr, weil er mich einfach so total fies durch das blaue Tor durchgeschubst hat. Es gab noch kurz Aufregung, weil ein anderer Krieger gehört hatte was ich gesagt hab, dann war ich durch und es war Tag und ich hab mich erst mal sortiert und bin dann nach Süden gelaufen, weil im Westen ja die Jäger warteten.
Zurück zum Lagerplatz, weil ich dachte da ist noch was zu Essen von uns. Wir mussten ja so schnell weg und weil ich in Takolia so lange geschlafen habe konte ich nicht so viel Essen obwohl Kyl mich noch mit kleinen Kushlakbröckchen gefüttert hat und mir Fruchtsaft zu trinken gegeben hat..."
Herr Werner sah trotz ihrer Beteuerungen so aus als hätte er auf ein Pfund Zitronen gebissen.
Oh Papa, wenn er nicht gewesen wäre, wäre ich jetzt tot. Er hat mir noch geraten alle Wege zu meiden und immer wieder anzuhalten und zu lauschen.
Überall anders sind die Menschen gefangen genommen worden und ich wollte eigentlich auch noch weiter gehen, aber mir ging irgendwie die Puste aus, ich war so müde und mir war kalt. Diesmal hab ich trotzdem kein Feuer gemacht, aber andere Menschen sind dann gekommen während ich geschlafen hab. Und als die Masken  dann kamen, war es diesmal ein dichter Ring aus diesen Kriegern, der sich immer enger zusammen gezogen hat.

Wir hatten keine Chance zu entkommen und die ... die Männer und Kinder, die Jungs, Papa... da war so viel Blut... überall war Blut und Leichen und abgetrennte Köpfe ... und dann haben sie uns Mädchen zusammengetrieben wie eine Viehherde und geschlagen und mit diesen langen harten Peitschenschnüren, die die Haut aufreißen ausgepeitscht. Echt wie wilde Ungeheuer ... und uns dann alle zu den Laster geschafft, wie Schafe zur Schlachtbank.
Kyl hatte mir in der Hütte aber noch sein kleines Messer zugesteckt, das war richtig scharf. Er hat gemeint ich könnte es sicher gebrauchen falls ich wieder gefangen werde, denn die Samurai-Gildach machen keine weiblichen Gefangenen, um sie dann zu töten. Sie foltern und versklaven und brechen die Menschen, die sie in die Finger bekommen. Die zerbrechen ihren Willen und ihren Geist, so wie ihre Knochen.
Aber das wollte ich nicht.
Einer von denen hat mir seine Peitsche um den Hals rumgeschlagen und mich mitgezerrt, dass ich fast erstickt bin. Da hab ich mich losgeschnitten, auf die Maskenmänner eingestochen und mir dann selbst die Pulsader aufgeschnitten.
Es hat noch nicht mal weh getan, ... aber dann haben sie mir das Messer weggenommen und mich wieder an den Haaren mitgeschleift. Einer der Jäger der aussah wie ein Mensch wollte... wollte mich ... bevor ich verblutet wäre. ... So nannte er das. Ich hab mich wieder gewehrt, aber meine Hand hat nicht mehr funktioniert, ich hatte auch die Sehnen durchgeschnitten und Nerven... oder so. Irgendwann, als die mich noch viel viel schlimmer ausgepeitscht und gewürgt und in dem Laster rumgeworfen haben, hab ich dann angefangen nach Kyl zu schreien, weil er der Einzige war, den ich noch hatte. Ich meine ... ich wusste ja dass er zumindest noch lebt und dass er schon mal ohne Erlaubniss auf die Erde gekommen ist und für mich dagewesen war und so. Hatte aber in Wirklichkeit nicht gedacht dass er noch einmal zurückkommen würde. Ich wusste ja auch nicht ob du überhaupt noch lebst, Papa, also hab ich nach ihm gebrüllt. Und dann kam Kyls Bruder – auch so ein Superkrieger –  und hat mich gerettet.
Er hat mich dann auch wieder heimlich hierher nach Takolia gebracht und erst mal soweit wieder zusammengeflickt das ich nicht verblutet bin.
Er hat mir auch sofort angeboten mit ihm in den Nexus zu kommen also nach Hanau, wo die Tak ein Zentrum und eine Schutzzone für Menschen errichtet haben.

Kyl hat mich dann auch noch mal gefragt ob ich ihn denn wirklich gewählt habe, und hat gemeint, das ich das aber gar nicht müsste, nur um zu leben.
Er würde mir sowieso helfen, auch dabei dich zu finden, wenn du noch lebst und auch Kevin. Aber ich... ich war so verwirrt, Papa. Ich dachte, wenn ich zurück auf die Erde gehe bin ich dann ganz alleine in einer fremden Stadt unter tausenden von Menschen die geflohen sind. Du weißt doch noch wie der eine Typ mich angeglotz hat... dem den du die Nase blutig geschlagen hast, damit er mich in Ruhe lässt. Oder der, den ich mit dem Topf gehauen hab, als sie uns das Essen gestohlen haben..."

Er nickte nur und schluckte hart, ebenso wie Lena.

„Ich ... Ich dachte wenn ich in einer fremden Stadt bin, ohne dich, ohne jeden... und du kommst auch nicht mehr, sondern bist tot... dann bin ich da dann Freiwild. Dann bin ich so oder so am Arsch, Papa. Also hab ich gesagt ich wähle ihn. Weil er nett und freundlich zu mir war und mich gerettet hat, mir zu trinken und zu Essen gegeben hat, darauf bestanden hat das ich erst zurückgeschickt werde wenn ich keine gebrochenen Knochen mehr habe und zumindest noch weglaufen kann.
Mehr konnte er aber nur als Erbe nicht tun.

Der Rat hatte da noch die ganze Macht und die waren so fies drauf, Papa. Aber dann hab ich ja zu Kyl gesagt und er hat mir seinen Dolch gegeben.
Das ist bei denen die Hochzeitszeremonie. Er hat geschworen mich zu ...zu ehren und zu beschützen und dass ich seine Herrin und Gebieterin bin, alles was ihm gehört mein Besitz wird und all so was.
Da wusste ich immer noch nicht wer er ist. Das hab ich erst rausgefunden, als er mich auf den Platz geschafft hat..."

Oh, oh, falsche Wortwahl, der Blick von Konrad. Hoffmann wurde eiskalt ... uhhh..

„A...also ...nicht eigentlich geschafft, sondern eher so hingetragen, total freundlich im Braut-Style, auf seinen Armen, weil ich da doch noch gar nicht wieder richtig laufen konnte.", beeilte sie sich also ihm zu versichern.
Zum Glück wich daraufhin das klirrende Eis aus seinem Blick, und Lena erzählte rasch und innerlich aufatmet weiter.
„Da waren dann unglaublich viele Tak die gerade ziemlich zornig diskutierten, über mich und die Art wie man die Menschen zurückgeschickt hatte. Doch Kyl ist einfach mit mir da durch und zu seinem Vater gegangen der auf einem weißen Steinthron saß und hat mich ihm vorgestellt... als seine neue Tochter und seine Gefährtin.

Jemand ... hat daraufhin sogar noch versucht mich mit irgendwas zu erschießen, doch Kyls Bruder hat mich beiseite gedrängelt und dann war auf einmal voll die Hölle los. Kyl ist... richtig  ausgerastet, hat sein Schwert gezogen und hat die Typen die mich killen wollten getötet...
Er... hat mich vorher sogar noch kurz gefragt ob ich Blut sehen kann oder nur... wie jemand getötet wird... Was ich dabei gar nicht ertragen könnte... so was eben."
„Wie rücksichtsvoll von ihm!", murmelte Herr Werner finster vor sich hin und Lena hörte schon wieder seine Zähne knirschen. Sie sah aber nur noch an ihm vorbei zum Fenster hinaus und zerknautschte dabei nun beinahe ihre Finger.

„Er hat die Typen erstochen, Papa... Die, die mich töten wollten. Hier in Takolia läuft das so.
- Sah auch komplett so aus wie im Fernsehen.
Der Herr der Ringe... die Schlachtenszenen.
Echt wie gestellt, war aber wirklich. Und dann hat er den Ratsherrn der mich trotz meiner Wahl illegal und hilflos und wohl auch ohne Notfallausrüstung und Kriegerbegleitung, die man aber anscheinend in diesem blauen Wirbel braucht und normal auch erhält, in den Wirbel geschubst hat zur Rede gestellt und ... dann auch ihn erstochen, weil der mich damit fast auf dem Gewissen gehabt hätte.
Irgendwie bin ich so halbwegs umgefallen, nach all dem, vielleicht hat mich auch doch noch was getroffen von diesen Pfeildingern, ich weiß es nicht. Aber als ich wieder richtig sehen konnte stand auf einmal Kyls Mutter vor mir und ich bekomme ihren Stirnreifen aufgesetzt.
War damit plötzlich die neue Hochlady von Takolia.
Kyls Vater hat dann Kyl gekrönt und er wurde Hochlord... und hat den fiesen Rat sofort entmachtet. ...Papa?", Lena stockte und sammelte all ihren Mut um ihn endlich doch wieder anzublicken.
„Ich bin jetzt eine Tak."

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWhere stories live. Discover now