Die zweite Rückkehr

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How many sorrows
do you try to hide
in a world of illusion
that's covering your mind?

(Eurythmics – The miracle of love)

Die erste Hälfte des fünften Schuljahrs verlief ruhig. Hermine blieb eine Weile lang argwöhnisch und beobachtete Snape aufmerksam; was für ein Anfall war das gewesen, den er gehabt hatte? Misstraute Voldemort ihm immer noch oder hatte er es inzwischen geschafft, ihn von seiner Loyalität zu überzeugen? Und wenn ja, zu welchem Preis? Aber als nichts passierte (zumindest nichts, von dem sie erfahren hätten), verflüchtigte sich ihre Sorge allmählich und sie konzentrierte sich auf den Unterricht und ihre neuen Pflichten als Vertrauensschülerin – ersteres sehr zu Harrys und Rons Leidwesen.

Denn über die ZAG-Prüfungen am Ende des Schuljahres machten die beiden sich offensichtlich keine Gedanken. Wann immer Hermine das Thema zur Sprache brachte, verdrehten sie nur die Augen und wechselten das Thema. Trotzdem hatte sie auch in diesem Jahr Lernpläne für sie erstellt und im Gegensatz zu den Jungs widmete sie sich jeden Abend, nachdem sie ihre Hausaufgaben beendet hatte, dem Lehrstoff der letzten Jahre. Bald fühlte es sich an, als wäre nie etwas passiert. Als hätte sie nie Professor Snape verletzt auf den Ländereien gefunden und ihm nie das Leben gerettet.

Nicht mal Professor Snapes Verhalten hatte sich merklich geändert. Er ignorierte Hermine, quälte Harry und Neville solange, bis letzterer leise wimmernd vor seinem Kessel stand und den Schöpflöffel nicht mehr von der Alraunenwurzel unterscheiden konnte, und gab ihr dann äußerst selbstgefällig die Schuld dafür.

„Manchmal hasse ich es, eine Gryffindor zu sein", murmelte Hermine nach einer besonders nervenaufreibenden Stunde. Harry und Ron sahen sie entsetzt an. „Wäre ich in Slytherin, müsste ich nicht neben Neville sitzen und mich gleichermaßen für sein Scheitern und seinen Erfolg bestrafen lassen", erklärte sie und die beiden grinsten.

„Warum setzt du dich nicht einfach um? Bei uns ist noch ein Platz frei und Neville kann dir kaum vorwerfen, dass du dich aus Snapes Schusslinie ziehen willst." Ron zuckte mit den Schultern und überging die Tatsache, dass sie ihm und Harry genauso würde helfen müssen wie Neville.

„Er wirft es mir vielleicht nicht vor, aber hast du schon mal gesehen, wie er einen anguckt?"

„Da kann ich nur zustimmen!", mischte sich eine alte Hexe im Porträt zu ihrer Rechten ein. Sie war geradezu überladen mit Setzlingen und frisch geernteten Kräutern. „Der Schlawiner schafft es jedes Mal, mich um den Finger zu wickeln! Fragt mir ein Loch in den Bauch! Sehe ich so aus, als hätte ich nichts zu tun?"

„Ähm ... nein ...", entgegnete Hermine vorsichtig, denn sie wurde von der Alten besonders herausfordernd fixiert.

„Das will ich meinen!", erwiderte sie spitz und nickte so enthusiastisch, dass ein paar ihrer Setzlinge zu Boden purzelten.

„Muss ein Frauenproblem sein", grinste Ron und Hermine schlug ihm gegen die Schulter, während sie den Jungs folgte.

„Du könntest ihm das genauso wenig sagen! Außerdem ist er unser Freund, ich lass ihn nicht im Stich."

„Wenn du meinst ...", sagte Ron.

„Hey! In zwei Wochen sind Ferien, denkt lieber daran als an Neville und Frauenprobleme", wandte Harry ein.

Hermine schnaubte leise. Dumbledore hatte ihn zwar gebeten, die Ferien im Schloss und nicht bei Sirius am Grimmauldplatz zu verbringen, aber Sirius hatte ihm letzte Woche eine Eule geschickt und sich mit ihm für ein Gespräch über den Kamin verabredet. Die Aussicht auf ein Wiedersehen mit seinem Paten machte ihn offenbar immun gegen alles, das seine gute Laune zu trüben versuchte.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtOnde histórias criam vida. Descubra agora