Der erste Abend

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You punish me the evil way.
Your voodoo games I cannot take,
insanity, control and hate.
I want you to just let me be.
I'm at your mercy, release me.

(Daughter Darling – Voodoo games)

Beim Abendessen am Montag stocherte Hermine lustlos in ihrem Essen herum. Ihr Blick flog immer wieder zu Professor Snape, der am Lehrertisch saß und regelrecht mechanisch aß. Als wäre es eine reine Notwendigkeit, die nichts mit Genuss zu tun hatte. Wobei es das bei ihr heute auch nicht hatte. Ihre spätere Strafarbeit verdarb ihr den Appetit.

„Willst du gar nichts essen?" Harry sah sie zwischen zwei großen Schüsseln hindurch an, die beinahe überquollen mit Pfefferminznudeln und Petersilienkartoffeln.

Hermine schüttelte den Kopf und schob ihren Teller von sich. „Wenn ich daran denke, was Professor Snape sich für mich aufgehoben hat, wird mir ganz anders."

Harry zuckte nur mit den Augenbrauen und wandte sich wieder seinem Teller zu.

In diesem Moment erhob sich besagter Professor vom Lehrertisch und durchmaß die Halle mit großen Schritten. Als er an ihr vorbeiging, warf er ihr einen hämischen Blick zu, den Hermine stur erwiderte, bis er wegsah und sie die Augen schließen und durchatmen konnte. Sie hatte noch eine halbe Stunde, bevor sie bei ihm sein musste. Sie würde sie auskosten.

- - -

Eine halbe Stunde später hingegen kam es ihr vor, als hätte sie die Zeit eher vergeudet. Erst hatte sie auf Harry und Ron gewartet, bis die mit dem Essen fertig waren, während Luna Lovegood extra zu ihnen an den Gryffindor-Tisch gekommen war, um über den neuesten Artikel des Klitterers zu sinnieren („Vampire planen die Übernahme des Ministeriums mit Hilfe von Wucherschluchzern"). Dann hatte sie Harry und Ron hinauf in den Turm begleitet, sich zehn Minuten zu ihnen an einen der Tische gesetzt und sie beim Schach beobachtet. Und nun stand sie hier und klopfte an die Tür zu Snapes Büro.

Er rief sie herein und Hermine atmete noch einmal tief durch, ehe sie die Tür aufstieß und hineinging. „Guten Abend, Professor Snape", sagte sie höflich. Sie würde sich nicht anmerken lassen, wie sehr es sie allein beim Gedanken an den Klassenraum ekelte. Garantiert hatte er auch die Tränke ihrer Mitschüler nicht beseitigt und sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie diese nach dem Wochenende aussahen.

Sie fragte sich allerdings, wo er heute unterrichtet hatte. Gab es einen zweiten für Zaubertränke ausgestatteten Klassenraum, auf den er ausgewichen war? Oder hatte er theoretischen Unterricht in einem normalen Klassenzimmer abgehalten? Wenn er nicht eh schon so schlecht auf sie zu sprechen gewesen wäre, hätte sie ihn gefragt.

Er hob seinen Blick von einigen Unterlagen, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen, sah sie gelangweilt an. „Sie wissen, was Sie zu tun haben, Miss Granger." Hermine nickte und wollte sich bereits auf den Weg in den Klassenraum machen, als er sie zurückrief: „Ihr Zauberstab." Sie drehte sich auf dem Absatz um und legte ihm das Gewünschte auf den Tisch. Mit einer Geste schickte er sie fort. „Versuchen Sie, nichts Dummes anzustellen, solange ich hier beschäftigt bin. Und seien Sie gründlich! Ich werde das kontrollieren."

Sie schloss kurz die Augen. „Ja, Sir!" Dann wandte sie sich endgültig ab und ging ein Stück den Gang hinunter in den Klassenraum.

Im Gegensatz zu sonst war die Tür heute nicht mit einem Passwort geschützt. Es war auch unnötig; der Gestank zog bis auf den Flur, niemand, der noch bei klarem Verstand war, würde freiwillig hineingehen. Ihr blieb nichts anderes übrig und so holte sie noch einmal tief Luft und gab sich einen Ruck.

Fäulnis hing schwer in der Luft, es war erstaunlich, dass sich noch keine Fliegen hier gesammelt hatten. Hermine fühlte sich davon so erschlagen, dass sie sich für einen Moment von innen gegen die Tür lehnte und ihren Würgereiz unter Kontrolle zu bekommen versuchte, während sie sich zwang, mehrmals tief ein- und auszuatmen. Die Nase blendete Gerüche schnell aus, sie musste nur ... Da, es wurde besser. Sie blinzelte die Tränen weg.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now