Ein Tag - Teil 2

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It may be over but it won't stop there,
I am here for you if you'd only care.
You touched my heart, you touched my soul.
You changed my life and all my goals.

(James Blunt – Goodbye my lover)

Als Hermine aus dem Abgrund des Schlafes aufstieg, ließ sie ihre Augen zu. Genoss es für einige Minuten einfach, dass sie nicht mehr weinen musste. Dass es vorbei war. Selbst die Kopfschmerzen waren jetzt erträglich.

Es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert, bis sie hatte aufhören können zu weinen. Snape hatte die ganze Zeit über seine Hand auf ihrer Schulter liegenlassen und obwohl sie sich vorgenommen hatte, das nicht zu tun, hatte sie ihren Kopf irgendwann komplett dagegen gelehnt. Sie war so erschöpft gewesen ...

Als Snape das bemerkt hatte, hatte er sie dazu gedrängt, sich wieder hinzulegen. „Schlafen Sie, Miss Granger." Seine dunkle Stimme hatte sie erschaudern (und noch ein paar mehr Tränen vergießen) lassen. Kurz danach brachen ihre Erinnerungen ab.

Jetzt blinzelte sie doch und merkte, dass ihre Augen immer noch so geschwollen waren, dass sie kaum etwas sehen konnte. Das Wohnzimmer war dunkel, nur der Lichtschimmer ließ sie etwas erkennen. War es immer noch Nacht oder hatte Snape einen Zauber auf diesen Raum gelegt? Sie hatte komplett das Zeitgefühl verloren.

Aber die Frage nach der Uhrzeit löste sich auch in Nichts auf, als sie ihn entdeckte. Ihr Herz machte einen Satz. Snape saß in einem Sessel neben der Couch und schlief. Sie lächelte, wagte es plötzlich kaum noch zu atmen aus Angst, dass sie ihn wecken könnte. Eigentlich musste sie auf die Toilette und ihre Schulter tat weh und sie hatte schrecklichen Durst (von dem widerlichen Geschmack auf ihrer Zunge ganz zu schweigen), aber sie wollte diesen Moment nicht vergehen lassen.

Er hatte sich in seinen Umhang gewickelt, die Arme vor dem Körper verschränkt und den Kopf gegen eines der Sesselohren gelehnt. Sein Mund stand ein kleines Stück offen und sie konnte ihn atmen hören. Die Beine hatte er von sich gesteckt und an den Knöcheln überkreuzt. Wieder sah er so viel jünger aus als sonst, das Gesicht vollkommen entspannt. Hermine biss sich auf die Unterlippe. Niemals hatte sie geglaubt, ihn nochmal so sehen zu dürfen. Es fühlte sich an wie ein Geschenk, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Etwas schwoll in ihrer Brust an.

Aber nach ein paar Minuten weigerte ihre Blase sich, diesen Zustand noch länger auszuhalten. Sie schälte sich bedächtig aus der Wolldecke, die er ihr gestern gegeben hatte, und stand auf. Der Schwindel hatte nachgelassen und so musste sie nur kurz nach ihrem Gleichgewicht suchen, bevor sie ins Bad gehen konnte und die Tür hinter sich schloss. Es war kühl hier, sie fröstelte und beeilte sich fertigzuwerden.

Erst als sie am Waschbecken vor dem Spiegel stand, verharrte sie. Ohne diese höllischen Kopfschmerzen war das zarte Licht beinahe zu wenig, um etwas erkennen zu können, aber es gab Dinge, die nicht mal das Halbdunkel vor ihr verbergen konnte. Ihre Augen waren rot und wund, sie traute sich kaum, die dünne Haut zu berühren. Eine Ader im Weiß ihres linken Auges war geplatzt, es sah schaurig aus. Vorsichtig tastete sie über ihre Wange. Sie war fleckig und trocken, ihre Nase immer noch ein bisschen verstopft und rot.

„Wenn man dich sieht, kann man sich das Lieben abgewöhnen", sagte ihr Spiegelbild.

„Hab's versucht, hat nicht funktioniert."

„Bedauerlich", war die Antwort und Hermine nickte.

Seufzend schöpfte sie etwas kühles Wasser in ihre Hände und wusch sich das Gesicht. Sie wäre lieber unter die Dusche gestiegen, aber sie wusste nicht, ob Snape damit einverstanden gewesen wäre. Letztendlich war es sein Bad und es gab einige persönliche Gegenstände hier, wie sie feststellte, nachdem sie sich abgetrocknet hatte (das Handtuch roch nach ihm). Auf einem Regal unter dem Spiegel lag eine Zahnbürste, daneben stand ein Tiegel mit einem weißlichen Inhalt; vielleicht seine eigene Zahnpasta? Ein Rasierschaumpinsel und ein gebogenes Rasiermesser. So etwas hatte sie zuletzt im Haus ihrer Großeltern gesehen, ihr Vater bevorzugte seinen Rasierapparat.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtDove le storie prendono vita. Scoprilo ora